#Interview

“Wir machen Bahnfahren zuverlässiger und pünktlicher”

Das Münchner Startup Konux sammelte kürzlich 80 Millionen Dollar ein. "Wir schaffen mit dem Geld über 100 neue, super spannende Arbeitsplätze, vor allem in den Bereichen Data Science und Software Engineering", sagt Mitgründer Andreas Kunze.
“Wir machen Bahnfahren zuverlässiger und pünktlicher”
Donnerstag, 4. Februar 2021VonAlexander Hüsing

In den vergangenen Jahren wanderten über 130 Millionen US-Dollar in Konux. Zuletzt investierten Sanno Capital, Athos und Co, 80 Millionen Dollar in das Münchner Unternehmen. Das 2014 gegründete Grownup baut intelligente Sensorsysteme für Industrie 4.0-Anwendungen, insbesondere SaaS-Lösungen, die Kapazität, Zuverlässigkeit und Kosteneffizienz von Bahnnetzen verbessern. “Wir machen Bahnfahren zuverlässiger und pünktlicher und nutzen dazu neueste Technologien”, fasst Gründer Andreas Kunze das Konzept von Konux zusammen.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Konux-Macher außerdem über Schienennetze, das Silicon Valley und Perspektiven.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Konux erklären?
Wir machen Bahnfahren zuverlässiger und pünktlicher und nutzen dazu neueste Technologien, wie etwa Künstliche Intelligenz.

Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Ganz am Anfang, vor fast sieben Jahren, war Industrie 4.0 das Thema schlechthin. Damals hatten wir die Idee, eine Kombination aus Sensortechnologie und ausgeklügelter Software zu entwickeln, um den Zustand von Anlagen zu bestimmen. Allerdings waren wir uns nicht sicher, wo wir sie einsetzen sollten – mögliche Bereiche waren zum Beispiel Energieerzeugung, Fabriken oder das Transportwesen im Allgemeinen. Auf die Eisenbahn kamen wir etwas später, nachdem wir erkannt hatten, dass die Bedingungen in der Bahnindustrie ideal für unsere IIoT-Lösung sind: Schienennetze sind physisch sehr ähnlich, egal in welchem Land sie liegen. Das macht es einfacher, generische KI-Modelle zu bauen, was jetzt unser Produkte qualitativ hochwertiger und skalierbarer macht. Inzwischen sind wir ganz klar mehr eine Daten- als eine Sensor Firma.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Zum Glück deutlich weniger intensiv als viele andere junge Unternehmen. Es gab wegen Corona Verzögerungen bei einigen Kunden, aber das hielt sich schon in Grenzen. Natürlich ist die Pandemie noch lange nicht vorbei, aber wir sind wirklich sehr solide aufgestellt und sehen auf Kundenseite eine weiter steigende Nachfrage.

Wie ist überhaupt die Idee zu Konux entstanden?
Im vierten Semester habe ich am Manage&More-Programm der UnternehmerTUM teilgenommen, dem Zentrum für Innovation und Gründung an der TUM. An der TUM habe ich auch meine Mitgründer Max, Dennis und Vlad kennengelernt. Nach dem Bachelor schloss ich den Master an der TUM an, und kurz darauf hatten wir schon gemeinsam die Idee für das Unternehmen. Nachdem ich ein Stipendium für ein Research Scholarship an der Stanford University erhalten hatte, gingen Vlad und ich ins Silicon Valley, wo wir bereits viel Zeit mit Investorensuche verbrachten, statt zu studieren. Dabei sehr geholfen hat uns einer unserer späteren Investoren, Sun-Mitgründer Andy von Bechtolsheim, den ich in Deutschland kennengelernt hatte. Bei Andy sind wir in ein Zimmer über der Garage eingezogen. Das war ein Jackpot aus zwei Gründen: Erstens mussten wir keine Miete zahlen, und zweitens wohnten wir bei jemandem, von dem wir unendlich viel lernen konnten.

Wie genau funktioniert eigentlich euer Geschäftsmodell?
Wir bieten ein SaaS-Geschäftsmodell an. Unsere Kunden wählen ihre gewünschte Predictive-Maintenance-Lösung und bezahlen dafür eine monatliche Abonnementgebühr pro installierter IIoT-Einheit. Wir berechnen den Geschäftswert auf der Grundlage der jeweiligen CAPEX- und OPEX-Einsparungen sowie der Verfügbarkeitsverbesserung, die wir unseren Kunden bringen.

Kürzlich investierten Sanno Capital, Athos und Co. 80 Millionen Dollar in Konux. Wofür braucht ihr dieses Geld?
Wir schaffen mit dem Geld über 100 neue, super spannende Arbeitsplätze, vor allem in den Bereichen Data Science und Software Engineering. Denn wir wollen unser Produktportfolio rasch erweitern und so unsere KI-Technologieführerschaft deutlich ausbauen. Außerdem beschleunigen wir unsere internationale Expansion.

Wie genau hat sich Konux denn seit der Gründung entwickelt?
Dazu gäbe es natürlich viel zu sagen. Lass‘ es mich kurz und bündig so zusammenfassen: Innerhalb von sieben Jahren haben wir mit einem großartigen Team eines der größten KI-Scale-ups in Europa im Bereich nachhaltige Mobilität aufgebaut.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Konux inzwischen?
Wir steuern aktuell auf 100 Mitarbeiter zu und arbeiten für Kunden in zehn Ländern – in Europa und in den drei wichtigsten asiatischen Eisenbahnmärkten China, Japan und Indien. Seit unserer Gründung haben wir über 130 Millionen US-Dollar von international führenden Investoren eingesammelt.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Ich glaube, da gab es so einiges. Wir haben zu Beginn sicherlich den Fehler gemacht, dass wir vorwiegend Leute eingestellt haben, die uns sehr ähnlich waren – ähnlich alt, ähnliche fachliche Hintergründen. Das fühlte sich zwar gut an, denn man ist sich sehr schnell einig in allem und versteht sich wunderbar. Aber das Problem ist, dass die eigene Perspektive, die am Beginn der Unternehmensgründung bei uns als jungen Gründern noch nicht besonders groß war, sich dadurch nicht erweitern konnte. Mittlerweile haben wir über 20 Nationalitäten in unserem Team. Unsere Leute kommen mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen und einem unterschiedlichen Alter zu uns. Wir diskutieren mehr, und das bringt eine positive Dynamik und ein holistisches Bild auf Entscheidungen.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben mit der Fokussierung auf das Thema Digitalisierung von Eisenbahninfrastrukturen eine absolut richtige Grundsatzentscheidung getroffen! Die Bahn ist der nachhaltigste Verkehrsträger, alle wichtigen Industriestaaten investieren massiv in den Ausbau der Infrastrukturen, die EU-Kommission hat 2021 zum Jahr der Eisenbahn ausgerufen. Der Klimawandel lässt sich nicht wirklich bewältigen, wenn es uns nicht gelingt, viel mehr Leute und Güter von der Straße und der Luft auf die Schiene zu bringen.

Wo steht Konux in einem Jahr?
Mehr als 100 neue großartige Teammitglieder sind dann bei Konux mit dabei, und wir werden unsere Technologieführerschaft noch weiter ausgebaut haben. Im kommenden Jahr werden wir in 13 Ländern tätig sein und damit noch mehr Leute für die Schiene begeistern.

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Foto (oben): Konux

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.