#Gastbeitrag

Wie Startups zu besseren Namen kommen

Um mit seiner Idee durchzustarten braucht man auch einen guten Namen. Viel zu oft wählen Gründer leider aber schlechte Namen. Nicht nur, weil so viele URLs schon vergeben, sondern weil beim Thema Naming auch jeder eine eigene Meinung hat.
Wie Startups zu besseren Namen kommen
Mittwoch, 11. November 2020VonTeam

“Kita to go”? Versteh ich. “WeFox?” Keine Ahnung. Und warum ein Unternehmen, das Flaschen herstellt, “Ampulla” heißen muss, geht über meinen Verstand.

Best Job in the World: einer Business-Idee einen Namen geben. Auf den ersten Blick unendlich viele Möglichkeiten. Auf den zweiten, dritten und vierten eine echte Herausforderung.

Nicht nur, weil so viele URLs heute schon vergeben sind und eine gute Idee keine ist, wenn sie nicht auch schon mindestens ein anderer gehabt hat: Beim Thema Naming hat auch jeder eine Meinung, jeder im Gründerteam darf mitsprechen. Blöd nur, dass es meistens noch nicht viel anderes gibt, was die Geschäftsidee zur Marke macht. Sodass häufig vier Menschen versuchen, den Purpose, die Position, das Image, die Produkte, das Design, ihren persönlichen Geschmack und den ihres Partners oder ihrer Partnerin und befreundeter Business Angel in idealerweise drei Buchstaben plus .com/.de zu quetschen.

Das macht die Sache nicht leichter.

Nenn das Kind beim Namen

Weiter geht es mit der richtigen Positionierung und der richtigen Subline. Auch hier lautet die geheime Formel wieder: Normal ist das neue disruptiv. Verkauft nicht das noch nischigere „High Performance Supplement“. Verkauft eine neue Nahrungsquelle. Egal für wie zielgruppenspezifisch ihr euer Produkt haltet: Erst wenn die schweigende Masse es haben will, seid ihr wirklich erfolgreich. Und das funktioniert am besten, wenn ihr einen Namen habt, den auch euer eigener Opa versteht. Ganz einfach: Ihr seid nicht „Europe’s Leading Online-Optician“. Sondern einfach „der modernste Optiker Europas“.

Warum einen merkwürdigen Neologismus mit vier Buchstaben bilden, von dem keiner weiß, wie er ihn aussprechen soll? Weil einer bei den Online Marketing Rockstars gesagt hat „Kürzer ist besser“? Bei Namen kommt es darauf an, dass sie eine Bedeutung haben, die tief in unserem kollektiven Gedächtnis verankert ist. Dass sie gut klingen. Dass man, auch wenn man sie nur einmal gelesen hat, keine Hemmungen hat, sie laut auszusprechen, aus Angst, sich zu blamieren. Gute Beispiele: WirKaufenDeinAuto, Foodspring, Eat.ch, cowboy.com. Kurz: Ein Happy End beginnt schon bei der Namensgebung. Und die muss jeder sogar stumm verstehen.

Zeit, mit den gängigsten Mythen im Naming aufzuräumen:

Mythos 1: Ein Name muss vor allem cool und edgy sein (um dem Gestaltungswillen des Gründers Ausdruck verleihen).
Fakt: Ein guter Name steckt den Kategorie-Claim der Marke ab und verleiht zugleich dem Kundennutzen Ausdruck. Er ist ein Leitstern und ein Versprechen. Vor allem ist er einfach. Merke: Zu prätentiöse Namen überleben sich schnell. Gell, Bellaphina Kulabako?

Mythos 2: Ein Name muss kurz sein, (damit auch „die doofe Lieschen Müller” ihn fehlerlos eintippen kann).
Fakt: Ein guter Name muss vor allem einen guten Klang haben. Man muss ihn seinen Freunden erzählen können, ohne Angst zu haben, sich zu blamieren. Ein guter Name sieht nicht nur auf dem Papier gut aus, er geht auch flüssig über die Lippen. Selbst wenn man nicht Start-Upper-Denglisch als Muttersprache spricht.

Mythos 3: Ein Name ist schon das Happy End.
Fakt: Weil der Naming oft die Stelle ist, an der sich das Gründerteam mit Kreation beschäftigt, ist die Versuchung groß, zu viel auf einmal zu wollen und zu vergessen, dass es ja (hoffentlich) auch noch ein Manifest, einen Claim, eine visuelle Gestaltung und naja, eine mehrere Dekaden umspannende Erfolgsgeschichte geben wird. Das Naming ist der Titel der Geschichte und beschreibt den handelnden Charakter – Rotkäppchen, Oliver Twist, Othello, It – nicht die Geschichte selbst.

Zum Abschluss ein paar HOTs and NOTs:

HOT

* Kita to go – Verstehe ich sofort. Melde ich meine drei Töchter gleich an. Klingt so einfach und gelernt wie „Coffee to go“ und besetzt die gesamte Kategorie.
* Worldwatchers – Alliteration geht immer. Klingt nach Weight Watchers. Was sofort Vertrauen vermittelt. Denn wenn ich was kenne, fühle ich mich sofort weniger dumm und ergo sicherer.
* Taxfix – Schöne Symmetrie. Ist durch die Dopplung des „x“ ein echter Hingucker und bleibt im Kopf. Die Silbe „Fix“ hält inhaltlich das Versprechen, das die Form gibt: schnell, weil einfach.
* Honest Food – Ob Jessica Albas Kids Care Unternehmen The Honest Company oder Nordnets Positionierung als The Honest Bank – wenn man um das Vertrauen der Menschen wirbt, währt ehrlich immer noch am längsten.
* Foodspring – Wenn alle anderen „Nahrungsergänzungsmittel“ verkaufen und du eine „Nahrungsquelle“ hast, hast du einen unfairen Vorteil. Und einen extrem erfolgreichen Exit.

NOT

* Machine26 – Bei N26 gibt es wenigstens die Geschichte, dass das Unternehmen in der Hausnummer 26 gegründet wurde. Was ist eure Entschuldigung, M26?
* Talent Monkey – So you get people into jobs where they pay peanuts?
* FrischesZeug – Was? Wäsche? Gras? Koks? Gutes Zeug ist gut. Frisches Zeug klingt irgendwie abwertend und wischiwaschi.
* Pentracor – Was das nicht der Böse bei He-Man?
* CFgO – OMFG!
* WeFox – Ist das nicht die kleine Schwester von Spee Megaperls und dem Schwäbisch-Hall-Fuchs?
* Sympatient – Wo sich der Patient in Geduld üben darf.

TippDer Fuchs – deutsche Gründer lieben dieses Tier

Über den Autor
Friedrich Tromm ist Gründer und Geschäftsführer der Creative Company TryNoAgency, die selbst ernannten „Einhorn-Macher”. Nach Stationen als Freelancer in über 50 namhaften nationalen und internationalen Agenturen (Jung von Matt, BBDO, McCann Erickson uvm.) sowie diverser internationaler Apple Launch-Kampagnen kümmert er sich heute mit seinem Partner Stefan Nagel und 20 Mitarbeitern um das Besondere von Unternehmen wie HelloFresh, Mister Spex, N26 und STRATO.

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Foto (oben): Shutterstock