#Interview

“Als Gründer neigt man dazu, zu viele Themen gleichzeitig anzupacken”

Limehome mietet Wohnungen an und richtet diese als Apartments zur Miete ein. "Innerhalb der nächsten sechs Monate erwarten wir die Grenze von 1 Millionen Euro Monatsumsatz zu knacken - und das bei einer deutlich zweistelligen Profitabilität", sagt Mitgründer Josef Vollmayr.
“Als Gründer neigt man dazu, zu viele Themen gleichzeitig anzupacken”
Freitag, 24. Juli 2020VonAlexander Hüsing

Das Münchner Startup Limehome, das 2018 von von Lars Stäbe und Josef Vollmayr gegründet wurde, mietet Wohnungen an und richtet diese als Apartments zur kurz- und langfristigen Miete ein. Lakestar, Holtzbrinck Venture und Picus Capital statteten die Jungfirma zuletzt mit 21 Millionen Euro aus. “Bis Ende des Jahres werden wir etwa 5.000 Gäste monatlich begrüßen. Innerhalb der nächsten sechs Monate erwarten wir die Grenze von 1 Millionen Euro Monatsumsatz zu knacken”, sagt Mitgründer Vollmayr.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Limehome-Macher außerdem über Logistikketten, modernes Design und ein gemeinsames Mindset.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Limehome erklären?
Limehome bietet vollausgestattete Apartments an, die man entweder kurz- oder langfristig mieten kann. In den Apartments legen wir großen Wert auf Design und setzen auf hohe Qualitätsmaßstäbe, sodass Reisende in jeder Unterkunft denselben 4*-Hotelstandard vorfinden. Das Besondere ist, dass wir eine Technologie verwenden, mit Hilfe derer wir die meisten Prozesse digitalisieren können, wodurch die Unterkünfte günstiger sind als Hotelzimmer mit ähnlicher Ausstattung. Die Technologie hilft uns außerdem, die richtigen Immobilien für neue Apartments zu finden und vereinfacht Prozesse rund um Buchung sowie Services direkt im Apartment, wie zum Beispiel die Steuerung des Zimmerservices. Das heißt, du musst bei deiner nächsten Reise nicht mehr ewig an der Rezeption anstehen, Oma. Du bekommst jetzt einen Code, mit dem du ganz entspannt die Tür öffnest.

Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Der Grundgedanke von Limehome hat sich seit Beginn nicht verändert – die Umsetzung in fast allen Bereichen des Unternehmens hingegen sehr stark. So ging es uns zu Beginn vor allem darum das Modell zu testen, seit 1,5 Jahren liegt der Fokus nun auf vollständig skalierbaren Lösungen. Dies betrifft dann selbstverständlich die Tech-Infrastruktur und unsere Operations, die zentral aus München gesteuert werden. Aber zum Beispiel auch im Sourcing haben wir eine komplette Logistikkette aufgebaut, die Finanz- und Zahlungsprozesse automatisiert. Auch in der Zusammenarbeit mit Immobilieneigentümern und- entwicklern fokussieren wir uns viel stärker auf Entwicklungen von mittelgroßen Gewerbeflächen, für die wir auch ein komplettes Architektenteam aufgebaut haben.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Die Corona-Krise war für uns und unser Businessmodell tatsächlich eher eine gute Bewährungsprobe als eine richtige Krise.

Inwiefern?
Natürlich haben wir zu Beginn gemerkt, dass der Reisemarkt kurzzeitig zum Erliegen kam. Es musste zunächst evaluiert werden, ob und wie überhaupt verreist werden darf. Als das geklärt war, haben wir kaum Umsatzeinbußen gehabt. Das liegt daran, dass wir den entscheidenden Vorteil haben, jegliche Prozesse, bei denen in herkömmlichen Hotels menschlicher Kontakt nötig ist, digitalisiert haben. Sowohl klassische Hotels als auch privat vermietete Apartments konnten die strengen Auflagen vielerorts nicht erfüllen und daher auch nicht wiedereröffnen, bevor strukturelle Anpassungen vollzogen wurden. Wir mussten hingegen kaum etwas verändern, da die Apartments per se schon “Kontaktlos by Design” sind und vor Ort aufgrund der vollautomatisierten Customer Journey nur geringe Fixkosten anfallen. So waren alle Limehome-Unterkünfte auch während der Kontaktbeschränkungen weiterhin stark ausgelastet und konnten bedenkenlos weiter genutzt werden.

Wie ist überhaupt die Idee zu Limehome entstanden?
Mein Co-Gründer Lars und ich waren in der Vergangenheit beide als Unternehmensberater tätig. Dadurch waren wir natürlich sehr viel unterwegs. Nachdem wir jeweils mehr als 500 Nächte in verschiedenen Hotels weltweit verbracht hatten, ließ uns der Gedanke nicht los, ein Konzept zu entwickeln, das Wartezeiten eliminiert, modernes Design mit einem Gefühl von zu Hause verbindet und gleichzeitig die Standards einer etablierten Hotelmarke verspricht. Die Idee für Limehome war geboren.

Wie genau funktioniert eigentlich euer Geschäftsmodell?
Limehome bewirtschaftet in Deutschland und Österreich Gewerbeflächen in zentralen Stadtlagen und Business Hotspots – auch in B- und C-Städten. Dort bieten wir Design Apartments zur Kurz- und Langzeitmiete an. Die Flächen werden von renommierten Innenarchitekten in Rekordzeit umgestaltet und auf den gängigen Plattformen zur Anmietung angeboten. Die Nutzer*innen von Limehome erfahren entsprechend vom dynamischen Pricing der Apartments, über die Buchung, Zimmerzuteilung, den Check-In, der Steuerung des Zimmerservices und die rund um die Uhr erreichbare Kundenbetreuung einen komplett digitalen Service, der kontaktlos funktioniert. Gleichzeitig profitieren Geschäftsreisende beispielweise auch von der automatisierten elektronischen Rechnungsstellung, was den gesamten Buchungsprozess für den Reisenden sowie die Buchhaltung vereinfacht.

Wie hat sich Limehome denn seit der Gründung entwickelt?
Wir haben Limehome Ende 2017 gegründet. Los ging es dann Mitte 2018. Zunächst mit einer Pre-Seed Finanzierung von Picus Capital. Die ersten Limehome Apartments gingen live. Im Januar 2019 konnten wir uns im Rahmen einer Seed-Finanzierungsrunde fünf Millionen Wagniskapital sichern. Zu den Investoren zählen HV Holtzbrinck Ventures, Lakestar, Global Growth Capital sowie weiterhin Picus Capital. Eine zweite Finanzierungsrunde, diesmal in Höhe von 21 Millionen Euro, konnten wir unter der Führung von Lakestar im Januar 2020 abschließen. Seit dem Start im März 2018 haben wir bereits mehr als 40 Standorte in Deutschland und Österreich erschlossen und verfügen mittlerweile über etwa 400 buchbare Apartments. Darüber hinaus befinden sich weitere 20 Standorte aktuell in der Entwicklung und werden in den nächsten 12 Monaten live gehen. Seit April dieses Jahres haben wir zudem einen Standort mit einem starken Team in Spanien, mit der wir die Erfolgsgeschichte aus Deutschland und Österreich fortschreiben möchten.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Limehome inzwischen?
Limehome hat heute circa 80 Mitarbeiter und ist in an 40 deutschen und österreichischen Städten aktiv. Zudem bauen wir gerade einen Standort in Spanien auf. Bis Ende des Jahres werden wir etwa 5.000 Gäste monatlich begrüßen, aktuell liegt die Zahl bei etwa 2.000 Gästen pro Monat. Innerhalb der nächsten sechs Monate erwarten wir die Grenze von 1 Millionen Euro Monatsumsatz zu knacken – und das bei einer deutlich zweistelligen Profitabilität an allen Standorten.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist bei euch ist so richtig schief gegangen?
Ich musste tatsächlich ein wenig nachdenken – richtig schiefgegangen ist bisher eigentlich nichts, aber wir haben natürlich auf dem bisherigen Weg sehr viel gelernt und sicher auch einige falsche Entscheidungen getroffen. Wenn ich diese zusammenfasse, sehe ich vor allem zwei Learnings. Erstens: Fokus: Vor allem bei komplexen Geschäftsmodellen wie unserem, das tech-seitig, in den Operations, im Marketing durch die Positionierung im Massenmarkt, im Real Estate, Design, aber auch in den Finance-Prozessen zahlreiche Innovationen kombinieren muss, ist ein klarer Fokus essenziell. Als Gründer neigt man oft dazu, zu viele Themen gleichzeitig anzupacken und damit die Organisation zu überfordern. Zweitens: Potential schlägt Erfahrung: Wenn man innovativ sein will und ein neues Produkt entwickelt, ist es viel wichtiger Mitarbeiter zu haben, die Probleme lösen können und kreative Ideen haben, als langjährige Erfahrung in einem Bereich. Das gilt auch für externe Partner – auch hier ist es wichtig ein gemeinsames Mindset zu haben.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Alles richtig macht man leider nie. Wenn dem so wäre agiert man im dynamischen Startup Umfeld wahrscheinlich zu langsam. Wir sind aber definitiv stolz darauf in so kurzer Zeit ein skalierbares Produkt auf die Beine gestellt zu haben, das vom Markt auch extrem gut angenommen wird. Zudem haben wir es geschafft, den nicht immer ganz einfachen Wandel von einem kleinen Projekt zu einem richtigen Unternehmen in einer sehr kurzen Zeit bewältigt zu haben, ohne an Enthusiasmus und Gründerspirit in der Organisation zu verlieren.

Wo steht Limehome in einem Jahr?
Neben einem weiterhin starken Wachstum wollen wir uns verstärkt auf drei Themen fokussieren. Wir möchten unser Produkt mit einem Fokus auf Zusatzleistungen und digitalen Service weiterentwickeln. Damit dies in unserem bisherigen Setup funktioniert, ist natürlich sehr viel Entwicklungsaufwand erforderlich. Zudem möchten wir Limehome als Consumer Brand etablieren. Mit unserer Präsenz an vielen Standorten, dem Produkt und zufriedenen Gästen sehen wir hier eine gute Basis. Und zu guter Letzt möchten wir auch in andere europäische Märkte expandieren. Unser Team in Spanien leistet hier beispielsweise bereits exzellente Arbeit.

Tipp: Investoren halten knapp 54 % der Limehome-Anteile

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Foto (oben): Limehome

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.