#Interview

“Es gibt definitiv keinen typisch ‘normalen’ Arbeitstag für mich”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Wenn möglich, versuche ich meinen Vormittag für die Dinge zu nutzen, die Konzentration erfordern", sagt Anna Stepanoff, Gründerin der Wild Code School. Einen "typisch 'normalen' Arbeitstag gibt es für die Unternehmerin aber nicht.
“Es gibt definitiv keinen typisch ‘normalen’ Arbeitstag für mich”
Donnerstag, 2. Januar 2020VonAlexander Hüsing

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Anna Stepanoff, Gründerin der Wild Code School.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitstag?
Es gibt definitiv keinen typisch “normalen” Arbeitstag für mich als CEO eines Startups. Aber es gibt ein paar Sachen, die ich meistens morgens mache. Das kann ein Treffen mit einem Teammitglied oder mit einem Kunden sein, ein paar E-Mails checken und neue Anfragen bearbeiten, meine Aufgabenliste durchgehen und aktualisieren. Wenn möglich, versuche ich meinen Vormittag für die Dinge zu nutzen, die Konzentration erfordern. Also zum Beispiel dafür, eine neue Präsentation zu erstellen, einen Prozess zu gestalten oder eine neue Vorlage für ein Dashboard zu basteln.

Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Es ist relativ einfach für mich, nach der Arbeit abzuschalten, da ich am Abend normalerweise meine Kinder abhole und mich um sie kümmere. Wir essen zusammen Abendbrot oder die Kinder nehmen ein Bad. Danach komme ich dann selbst zum Essen und bringe die Kinder ins Bett. Sobald das geschafft ist, kann ich manchmal noch ein paar Dinge wegarbeiten oder auch ein Buch lesen bzw. einen Film gucken.

Was über das Gründer-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Ich bin mir bewusst, dass man nicht alles vorhersehen und wissen kann, wenn man ein Startup aufbaut. Ich bin ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert und muss dabei immer andere Fähigkeiten erlernen und neues Wissen aufbauen. Also würde ich sagen: das Wichtigste, das man wissen sollte, ist, dass man nie genug weiß. Das bedeutet auch, dass du einfach anfangen musst, Dinge zu tun ohne dieses angenehme Gefühl zu haben, ausreichend vorbereitet zu sein. Und das ist auch das, was mir an Startups besonders gefällt. Es ist auch irgendwie toll, wie unvorhersehbar der Prozess beim Aufbau eines Startups ist.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Es gibt zwei große Hindernisse für mich auf dem Weg zu einem erfolgreichen Unternehmen. Erstens muss die Finanzierung stehen, um sicherzustellen, dass man über die notwendigen Mittel verfügt. Außerdem muss man herausfinden, wie man die besten Teammitglieder findet. Allein kann man nicht so weit gehen wie als Team.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Ich denke, ich habe einige Fehler bei den Einstellungen gemacht und dann Leute verloren. Zu lernen wie man große Talente anzieht, wie man einen robusten Einstellungsprozess einrichtet und wie man großartige Mitarbeiter an Bord bringt und hält, ist wirklich wichtig. Ich denke, ich werde langsam gut darin.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Genau das ist die Frage! Wir haben das Glück, jetzt einen guten Ruf zu haben, so dass einige großartige Leute spontan zu uns kommen und auf unsere Stellenausschreibungen reagieren. Außerdem habe ich, insbesondere für Tech-Jobs, ein Netzwerk auf LinkedIn, wo ich potenzielle Kandidaten sehr gut erreichen kann.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Ich würde sagen, die Gründung eines Unternehmens ist die intensivste und leidenschaftlichste Erfahrung. Es muss einem klar sein, dass man sich über einen langen Zeitraum wirklich intensiv mit diesem einen Thema beschäftigen wird. Und man muss damit leben können, Dinge wie Lieblings-Hobbys zu opfern. Du solltest bereit sein, die ganze Zeit zu lernen und keine Angst davor haben, die schwierigsten Themen täglich anzugehen. Und sieh zu, dass du großartige Menschen an Bord holst und sie für das Projekt begeisterst.

Ohne welches externe Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Derzeit verlassen wir uns sehr stark auf die Tools der Google Suite (Kalender, Dokumente, Meetings, etc.) Es ist erstaunlich, wie viel Zeit man durch die Verwendung dieser einfachen Tools gewinnen kann, die ja jedem zur Verfügung stehen.

Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Kultur ist für ein Unternehmen langfristig unerlässlich. Eine gute Atmosphäre entsteht durch eine starke Unternehmenskultur, die von den Teammitgliedern geteilt wird. Und es ist dann die Aufgabe des Gründers/CEO, diese Kultur zu definieren und dafür zu sorgen, dass sich alle daran halten.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Das Verrückteste war wahrscheinlich der Abschluss einer wichtigen Finanzierungsrunde mit einem Investmentfonds inklusive Erledigung aller Formalitäten – nur eine Woche vor der Geburt meines Kindes.

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.