#Interview

“Verschiedene Dinge sind so richtig in die Hose gegangen”

"Wir mussten bisher keinen Pivot hinlegen und erhalten berauschend gute Kritiken für unser Training. Unsere Kernleistung, das persönlich zugeschnittene Training, kommt sehr gut an und ist konzeptionell seit 2016 nahezu unverändert", sagt Florian Petri von Kernwerk.
“Verschiedene Dinge sind so richtig in die Hose gegangen”
Montag, 3. Juni 2019VonAlexander Hüsing

Das junge Kölner Startup Kernwerk positioniert sich als “Personal Trainer für die Hosentasche”. “Unser individuelles Training nennt sich Kernwerk Coach. Wir haben ein Abo-Modell, jedoch ohne Laufzeiten. Wir denken, dass die üblichen 3, 6 oder 12 Monatsverträge von Gestern sind und machen es daher wie Spotify und Netflix – keine Bindung und jederzeit kündbar”, erklärt Gründer Florian Petri.

Am Anfang lief bei Kernwerk, das derzeit auch beim Hype Spin Accelerator des 1. FC Köln an Bord ist, eine Sache so richtig schief: Die Rheinländer setzten mit Raw Workout auf den falschen Namen! Es folgte ein Markenrechtsstreit mit einem großen Mode-Konzern. “Wir mussten über 300 Videos neu drehen und uns einen neuen Namen suchen. Dennoch bin ich rückblickend froh, dass das passiert ist. Dann nur durch diese Schieflage waren wie gezwungen, einen neuen Namen zu wählen und nun sind wir mit Kernwerk deutlich zufriedener und es kommt bei den Kunden deutlich besser an”, berichtet Petri. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Kernwerk-Macher außerdem über Cupertino, Kritiken und Fitnessziele.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Kernwerk erklären?
Omma, dat is so: Wir sind der Fitnesstrainer in deiner Hosentasche. An jedem Tag sagen wir dir über dein Telefon, was heute das beste Training für dein Ziel ist. Wir suchen dir jede einzelne Übung speziell für deine Stärken und Schwächen heraus. Und du kannst selbst entscheiden, ob und mit welchen Geräten du trainieren willst. So wirst du so fit, als wärst du wieder 20.

Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Das Konzept ist erstaunlich gleich geblieben, jedoch verändern sich natürlich die Technologie immer wieder. Gerade für Technologieunternehmen sind drei Jahre eine halbe Ewigkeit und hier haben wir große Schritte gemacht. Der Benutzer bekommt davon in der Regel nichts mit, außer dass das Training immer ein bisschen besser passt.

Wie funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Unser individuelles Training nennt sich Kernwerk Coach. Wir haben ein Abo-Modell, jedoch ohne Laufzeiten. Wir denken, dass die üblichen 3, 6 oder 12 Monatsverträge von Gestern sind und machen es daher wie Spotify und Netflix – keine Bindung und jederzeit kündbar. Das Abo verlängert sich von Monat zu Monat. Der Preis liegt bei 9,99 Euro pro Monat.

Wie genau hat sich Kernwerk seit der Gründung entwickelt?
Wo soll ich da Anfangen? Das Team hat sich seit dem Start 2015 massiv verändert, da wir neue Gesichter dazu gewonnen haben und alte Hasen uns leider verlassen mussten. Wir haben aber vor allem eine sehr schöne Evolution bezüglich der Arbeitslocation durchgemacht: Von Wohnzimmer in den Co-Working-Space, über ein geteiltes Büro bis hin zu unserem eigenen Team-Büro mitten im Media Park in Köln. Das ist schon stark und ein tolles Gefühl, nun mit den Kollegen im eigenen Büro zu sitzen.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Kernwerk inzwischen?
Nicht so groß, wie wir geplant hatten zu sein. Das liegt daran, dass wir neun Monate lang viel umbauen mussten – beispielsweise durch Anforderungen von den Kollegen aus Cupertino. Dennoch konnten wir unseren Umsatz von 2017 auf 2018 auf einen sechsstelligen Betrag ausweiten. Das wahre Wachstum hat dieses Jahr erst begonnen, sodass wir damit rechnen, 2020 einen siebenstelligen Umsatz zu erwirtschaften. Unser Team ist erfreulicher Weise langsam aber stetig gewachsen, sodass wir nun insgesamt 13 Leute sind, davon vier Vollzeit in unserem Kölner Büro sowie zwei Vollzeit in den “Kernwerk Studios” in Siegen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Da gibt es verschiedene Dinge, die so richtig in die Hose gegangen sind. Beispielsweise hatten wir 2017 einen Markenrechtsstreit mit einem großen Mode-Konzern. Unser alter Name ist dort sauer aufgestoßen und die darauffolgende Abmahnung hat uns schwer getroffen. Wir mussten über 300 Videos neu drehen und uns einen neuen Namen suchen. Dennoch bin ich rückblickend froh, dass das passiert ist. Dann nur durch diese Schieflage waren wie gezwungen, einen neuen Namen zu wählen und nun sind wir mit Kernwerk deutlich zufriedener und es kommt bei den Kunden deutlich besser an. Mein “Learning” ist daher: Krisensituationen objektiv analysieren – und die investierte Energie gezielt lenken um gestärkt aus der Krise hervor zu gehen. Fokus ist in einer solchen Situation alles.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Glücklicher Weise haben wir scheinbar bei unserer Grundidee vieles Richtig gemacht. Wir mussten bisher keinen Pivot hinlegen und erhalten berauschend gute Kritiken für unser Training. Unsere Kernleistung, das persönlich zugeschnittene Training, kommt sehr gut an und ist konzeptionell seit 2016 nahezu unverändert. Das ist aber vor allem auch dem Team und unserem sympathischen Headcoach Björn zu verdanken, der bei den Trainierenden sehr gut ankommt.

Wo steht Kernwerk in einem Jahr?
In einem Jahr werden wir täglich eine mittlere, fünfstellige Anzahl an Menschen mit individuellen Workouts und der Erreichung ihrer Fitnessziele glücklich machen.

Kölle is e jeföhl – #Köln


In unserem Themenschwerpunkt Köln berichten wir gezielt über die Digitalaktivitäten in der Rheinmetropole. Mit über 650 Start-ups, 25 Gründerzentren, attraktiven Investoren und zahlreichen Veranstaltungen und Netzwerken bieten Köln und das Umland ein spannendes Ökosystem für Gründerinnen und Gründer. Diese Rubrik wird unterstützt vom Digital Hub Cologne und der Stadt Köln.

Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.