Interview

Trustami – Ein “sparsames Startup” mit 10.000 Kunden

"Wir sind ein sehr sparsames Startup und kontinuierlich darauf bedacht, die Effizienz zu steigern, anstatt Geld zu verschwenden. Von einer Verschwendungskultur, die vor allem fremdes Geld verbrennt, halte ich nichts", sagt Mitgründer Jonas Repschläger von Trustami.
Trustami – Ein “sparsames Startup” mit 10.000 Kunden
Dienstag, 13. März 2018VonAlexander Hüsing

Seit unserem ersten und einzigen Bericht über das Startup Trustami im April 2015 ist einige Zeit vergangenen. Inzwischen wird Trustami von über 10.000 Unternehmen und Privatpersonen genutzt. “Seit dem letzten Jahr reicht der eigene Umsatz aus, um uns aus eigenen Mitteln zu tragen. Wir sind allerdings ein sehr sparsames Startup und kontinuierlich darauf bedacht, die Effizienz zu steigern, anstatt Geld zu verschwenden und ständig neues ‘suchen’ zu müssen. Von einer Verschwendungskultur, die vor allem fremdes Geld verbrennt, halte ich nichts”, sagt Mitgründer Jonas Repschläger.

Das 2014 gestartete Unternehmen bietet einen Bewertungsdienst an, der alle verstreuten Bewertungen im Internet automatisch an einem Ort sammelt und kontinuierlich aktualisiert. Das Startup refinanziert sich über eine klassisches SaaS-Geschäftsmodell. “Unternehmen zahlen für die Nutzung der Bewertungsaggregation und unserer Vertrauenssiegel. Neben einer kostenlosen Variante bieten wir je nach gewünschter Funktionalität eine Mitgliedschaft beginnend ab 19,99 Euro bis zu 299,99 Euro pro Monat an”, sagt Repschläger, der das Unternehmen gemeinsam mit dem Physiker Thorsten Pröhl und Christoph Röder gegründet hat.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Trustami erklären?
Omi, du hast vielleicht schon mal vom Internet gehört. Dort gibt es tausende Menschen die Produkte wie Möbel, Lampen oder Fernseher verkaufen. Jeder kann ganz bequem heute von zu Hause aus im Internet einkaufen. Wir helfen diesen Leuten noch einfacher und schneller zu verkaufen. Das schaffen wir, indem wir zeigen, dass der jeweilige Verkäufer vertrauenswürdig ist. Das ist notwendig, da sich im Internet die Leute nicht mehr persönlich kennen und somit vorerst nicht vertrauen. Zum Glück gibt es viele Stellen im Internet an denen Erfahrungen über Verkäufer existieren, etwa in Form von Bewertungen und Rezensionen.

Was macht ihr mit diesen Infos?
Wir suchen für unsere Kunden, die Verkäufer, sämtliche existierende Kundenerfahrung im Internet, fassen diese zusammen und zeigen sie als Vertrauenssiegel auf dem jeweiligen Online-Shop an. So kann ein Internetnutzer vor dem Einkauf einen Eindruck vom Online-Händler gewinnen, in dem er die Erfahrungsberichte und Meinungen diesen liest.

Bei welcher Gelegenheit entstand die Idee zu Trustami?
Ich erhielt eine Absage für eine Airbnb-Unterkunft, die mit dem Vorhandensein von zu wenigen Bewertungen begründet wurde. Allerdings hatte ich auf ähnlichen Portalen, Wimdu und 9Flats, bereits Bewertungen gesammelt. Von diesen konnte ich aber leider nicht profitieren, um die heißbegehrte Wohnung anzumieten. Wenn ich auf mehreren Portalen aktiv bin, dann entsteht schnell das Problem, dass mein Ruf in Form von Bewertungen leider verteilt ist. Da immer mehr Entscheidungen anhand von Bewertungen getroffen werden, spielt die Zusammenführung dieser verstreuten Bewertungen eine zunehmend wichtigere Rolle. Die Idee war geboren, die verteilten Bewertungen an einem Ort zusammenzufassen. Unsere Vision ist die Schaffung von Vertrauen im Internet, indem wir einzelne Häppchen des guten Rufs vereinen und transportabel machen. Entsprechend unserer Vision wählten wir den Namen Trustami, der eine Kombination aus Trust – Vertrauen – und Ami – Freund – ist.

Hat sich euer Konzept seit dem ersten Gedankenblitz verändert?
Unsere ursprüngliche Idee hat sich nicht wirklich verändert. Was sich allerdings sehr wohl verändert hat, ist unsere Zielgruppe. Gestartet sind wir in der Share-Economy mit dem Ziel, jeden Privatnutzer für uns zu begeistern. Mitfahrer auf BlaBlaCar, Reisende auf Couchsurfing oder Nachbarn auf Nextdoor sollten von unserem Dienst profitieren können. Nach der Erkenntnis, dass die Zahlungsbereitschaft von Privatpersonen sehr gering ist und große Partnerschaften Zeit brauchen, konzentrieren wir uns heute hauptsächlich auf Unternehmen im E-Commerce. Für Privatpersonen steht unser Dienst aber weiterhin kostenlos zur Verfügung. Aktuell bieten wir ein maßgeschneidertes Siegel für Unternehmensbewertungen an. Aufgrund der unerwartet hohen Nachfrage planen wir in Kürze auch Produktbewertungen anzubieten. Bei den Produktbewertungen verfolgen wir den gleichen Ansatz, wie bei den Bewertungen für Händler. Es wird für Online-Händler nicht mehr notwendig sein, eigene Bewertungen für Produkte erheben zu müssen, sondern stattdessen kann er von bereits existierenden partizipieren.

Wie hat sich Trustami seit der Gründung entwickelt?
Wir hatten das Glück am Anfang ein EXIST-Stipendium zu erhalten und bekamen so viel Zeit, an unserer Idee zu feilen und diese auf die Straße zu bringen. Im Anschluss haben wir dann unseren ersten Business Angel gewinnen können und gemeinsam mit ihm die Trustami GmbH gegründet. Von diesem Zeitpunkt haben wir Schritt für Schritt einen B2B-Vertrieb aufgebaut, der unseren SaaS-Dienst Online Händlern vorstellt. Obwohl es stetig voranging, reichte das Geld noch nicht ganz aus.

Was habt ihr in dieser Zeit gemacht?
Es folgte eine Zeit, in der wir unzählige Pitches machten und dutzende Investorengespräche führten, statt uns auf unser Produkt zu konzentrieren. Durch diesen Marathon hatten wir viele Absagen und einige Angebote gesammelt. Letztendlich haben wir uns klar gegen ein großes Investment entschieden und stattdessen lieber einen zweiten Business Angel dazu geholt, um selbstbestimmt weiter wachsen zu können.

Hat sich der Weg gelohnt?
Heute, drei Jahre nach Gründung, haben wir es geschafft, nicht mehr auf Fremdkapital angewiesen zu sein. Mittlerweile sitzen wir in sehr coolen Räumen – einer ehemaligen Kirche – in Mitte und konzentrieren uns voll auf das Produkt, um unserer Vision weiter zu folgen. Wir freuen uns jeden Tag darüber, selbst die Entscheidungen in der Firma treffen zu können und nicht vor einem großen Investor Rechenschaft schuldig zu sein. Jetzt können wir ohne Zwang Fremdkapital aufnehmen, wenn wir es wirklich wollen und nicht, weil wir es müssen.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Trustami inzwischen?
Wir haben uns bewusst für einen Bootstrap-Ansatz entschieden und wachsen lieber etwas langsamer, aber dafür nachhaltig. Aktuell haben wir über 10 Mitarbeiter und seit diesem Jahr mehr als 10.000 registrierte Privat- und Unternehmenskunden. Mit unserer Technologie, die mit dem IKT-Innovativ Preis ausgezeichnet wurde, haben wir bereits über 900 Millionen Bewertungen gesammelt. Unser Vertrauenssiegel wird monatlich mehr als 80 Millionen auf Webseiten und Online Shops angezeigt. Der Umsatz lag im letzten Jahr im mittleren sechsstelligen Bereich.

Wo steht Trustami in einem Jahr?
Auf jeden Fall werden wir auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Es wird sich einiges getan haben, da für uns Stillstand gleichbedeutend mit Rückschritt ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr weitere großen Partnerschaften, die sich gerade anbahnen, schließen können. Persönlich ist mir wichtig, dass sich weiterhin jeder bei uns im Team wohlfühlt und der großartige Zusammenhalt bestehen bleibt. Ich hoffe auch, dass wir Fortschritte bei der KI-gestützten Erkennung von Fake-Bewertungen machen und zukünftig Bewertungen als Währung noch vertrauenswürdiger werden.

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Foto (oben): Trustami

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.