Interview

Wenn Behörden nicht so schnell sind wie gewünscht

"Wir haben eine goldene Regel: beim Produkt wird nicht gespart, weder an Denkarbeit, Tests oder Zeit. Aber bei allem anderen wollen wir dafür umso schneller vorwärts kommen", sagt Tobias Gunzenhauser, Mitgründer des Babybrei-Startups yamo.
Wenn Behörden nicht so schnell sind wie gewünscht
Donnerstag, 1. März 2018VonAlexander Hüsing

Das Schweizer Startup yamo, das von Luca Michas, Tobias Gunzenhauser und José Amado-Blanco gegründet wurde, produziert Babybrei. “yamo besteht aus 100 % natürlichen Zutaten ohne Zusatzstoffe, zusätzlichen Zucker oder Salz. Genau so, wie es eben meine Großmutter auch kochen würde”, sagt Mitgründer Gunzenhauser. Zum Start haben die Schweizer yamo klassisch gebootstrapped.

“Als das Geld dann nicht mehr für die erste große Produktion reichte, haben wir eine der erfolgreichsten Crowdfunding-Kampagnen der Schweiz umgesetzt”, blickt Gunzenhauser zurück. 52.136 Franken sammelte das Trio dabei ein. Danach investierten die ehemalige Fernsehmoderatorin Andrea Jansen, Dario Fazlic, Gründer von DeinDeal und wefox, Doodle-Gründer Myke Näf und Adrian Bührer, Gründer von students.ch, einen ungenannten Betrag – wohl eine hohe sechsstelligen Summe – in yamo.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht yamo-Macher Gunzenhauser über Zusatzstoffe, Quetschbeutel und Kindertagesstätten.

Wie würdest Du Deiner Großmutter yamo erklären?
Normaler Babybrei in Gläsern oder diesen Quetschbeuteln, den man im Supermarkt findet, ist hitzesterilisiert. Bei den hohen Temperaturen von 120 Grad gehen die Vitamine, die Farbe, der Geschmack und der Geruch kaputt und das Produkt wird wie eine Konserve, die mehrere Jahre haltbar ist. Wir mögen frisches und leckeres essen und verstehen nicht, warum Babys etwas essen sollten was älter ist als sie selber. Darum produzieren wir frischen und leckeren Bio-Babybrei. Yamo besteht aus 100 % natürlichen Zutaten ohne Zusatzstoffe, zusätzlichen Zucker oder Salz. Genau so, wie es eben meine Großmutter auch kochen würde.

Bei welcher Gelegenheit entstand die Idee zu yamo?
Alles begann mit einer veganen Challenge. Während eines Monates habe ich mich mit Luca, der damals schon mein Arbeitskollege war, in einem Selbstversuch vegan ernährt. In dieser Zeit mussten wir beim Einkaufen sehr genau auf die Inhaltsstoffe von Produkten schauen. Dabei fiel uns auf, dass in vielen Nahrungsmitteln aus dem Supermarkt zu viele ungewollte Zusatzstoffe und Chemie stecken. Aus Spaß prüften wir dann ein Babybrei-Gläschen, weil wir davon ausgingen, dass Produkte für Babys von höchster Qualität sein müssten. Doch leider sah es bei der Kindernahrung nicht besser aus: synthetische Zutaten und eine Haltbarkeit von mehreren Jahren erschienen uns mehr als unpassend für Babys. Dieser Moment war die Geburtsstunde von yamo. Mein Freund und Lebenswissenschaftler José wurde ins Boot geholt und zu Dritt setzten wir von nun an alles daran, frischen, natürlichen und leckeren Babybrei ohne Zusatzstoffe herzustellen. Und dies ist uns dank harter Arbeit gelungen.

Wie hat sich das Unternehmen seit der Gründung entwickelt?
Wir sind als Pioniere und Wegbereiter für eine komplett neue Kategorie Lebensmittel angetreten. Bis anhin war Babybrei immer eine sterilisierte Konserve. Als erstes Unternehmen in Europa bieten wir nun frischen Babybrei an. Nachdem wir im Juli 2017 offiziell in der Schweiz live gegangen sind, sind wir bereits im Januar 2018 nach Deutschland und Österreich expandiert.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist yamo inzwischen?
Gestartet sind wir im 2017 nur zu dritt und jetzt sind wir bereits zu elft bei yamo. Unser Umsatz entwickelt sich ebenfalls sehr gut und wir wachsen jeden Monat mit über 30 %. Unser wichtigster Absatzkanal ist das B2C-Geschäft. Daneben haben wir jedoch auch ganz tolle Partnerschaften mit großen Kindertagesstätten, die bei uns für ihre Kleinsten bestellen. Im 2018 wird es sicherlich noch die eine oder andere große News im Punkto Retail geben.

Was hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Uns haben die Leute stets gesagt, dass alles immer länger geht als man denkt. Geglaubt haben wir es quasi nie. Effektiv gemerkt hingegen leider schon.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Wir nutzen eine ganz neue Technologie um unsere Breie schonend haltbar zu machen. Und als Pionier in einer neuen Kategorie ist es immer schwierig, weil man seinen Weg selber machen muss. Da für uns keine der herkömmlichen Verpackungen gut genug war, mussten wir viel Entwicklungsarbeit in unsere eigene Verpackung stecken. Jetzt sind wir enorm stolz auf unsere Becher, die so weltweit einzigartig sind. Recyclebar, handlich, genügend stabil und da es Becher sind aus denen gelöffelt wird und keine Beutel aus denen man saugt, erlernt das Baby auch die so dringend wichtigen motorischen Fähigkeiten.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Wir haben eine goldene Regel: beim Produkt wird nicht gespart, weder an Denkarbeit, Tests oder Zeit. Aber bei allem anderen wollen wir dafür umso schneller vorwärts kommen. Leider kann es dann aber passieren, dass etwa Behörden nicht ganz so schnell sind wie man sich das als Startup wünscht. Und da mussten wir schon das eine oder andere Mal Lehrgeld bezahlen. Wir haben einfach zu wenig Zeit dafür eingerechnet, wie lange gewisse Abklärungen dauern.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Monaten so richtig schief gegangen?
Ich erinnere mich an eine lustige Anekdote. José, unser Lebensmittelwissenschaftler und Produktverantwortliche, hat mit einem italienischen Maschinenhersteller einen Termin abgemacht um eine neue Maschine zu testen. Per Mail war soweit alles geregelt und José musste nur noch nach Italien reisen. Vor Ort angekommen wusste dann plötzlich niemand von Josés Besuch Bescheid und selbstverständlich konnte die Maschine auch nicht mehr kurzfristig getestet werden. Fazit: Einen schönen Tagesausflug nach Mailand gemacht und gelernt, dass selbst Abmachungen manchmal nur bedingt viel zählen.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir legen sehr viel Wert darauf, wer bei uns arbeitet. Es geht uns nicht um irgendwelche Case Studies die man bei einem Interview lösen muss, sondern um den Menschen den wir einstellen. Und hier haben wir bis jetzt alles richtig gemacht. Wir sind ein super gutes Team, haben eine Menge Spass und leben Unternehmertum. Deshalb erhalten unsere Mitarbeiter neben unseren APEs – Awesome Perks for Employees – auch Aktienoptionen.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Gründe nicht alleine, sondern such dir am besten noch zwei andere Verrückte, die sich mit dir auf dieses Abenteuer einlassen.

Wo steht yamo in einem Jahr?
In einem Jahr werden wir um die 20 Leute sein, weitere Märkte eröffnet haben und der unangefochtene Leader in der neuen Kategorie der frischen Babynahrung.

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.