15 Fragen an Jörg Wiemer

“Ich würde gerne mal undercover bei uns arbeiten”

"Ich würde gerne mal undercover bei uns im Vertrieb arbeiten. Ich schätze den Kundenkontakt, wenn man da aufmerksam zuhört lernt man viel vom Kunden", sagt Jörg Wiemer, Mitgründer von TIS. Das 2010 gegründete Unternehmen aus Walldorf positioniert sich als SaaS-B2B-Zahlungsplattform.
“Ich würde gerne mal undercover bei uns arbeiten”
Freitag, 1. Dezember 2017VonAlexander Hüsing

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Jörg Wiemer, Mitgründer von TIS. Das 2010 gegründete Unternehmen aus Walldorf positioniert sich als SaaS-B2B-Zahlungsplattform. 83North, Target Partners und Zobito investierten kürzlich 12 Millionen Dollar in TIS.

Was bedeutet es Dir, Dein eigener Chef zu sein?
In Bewerbungsgesprächen vergleiche ich die TIS oft mit einem agilen, modernen Schnellboot. Als CEO kann ich mir die Mitfahrer aussuchen, mittlerweile haben wir ein weltklasse Team im Boot und sind sehr schnell in die richtige Richtung unterwegs. Das macht riesigen Spaß. Mit circa 70 % Umsatzwachstum pro Jahr seit 2013 gehört die TIS zu den TOP 100 Schnellbooten in Deutschland und ist damit auch international konkurrenzfähig. Wir definieren Geschwindigkeit und Richtung gemeinsam, somit liefert jeder einzelne Kollege einen sichtbaren Beitrag zum Erfolg der TIS. Luxus-Kreuzfahrtschiffe sind nichts für mich, da spürt man weder die Wellen noch die Geschwindigkeit und hat vergleichbar einen sehr geringen Einfluss. Emotional ist das wie eine sichere, aber langweilige Bundesanleihe.

Bei welcher Gelegenheit kam Dir die Idee zu Deinem Start-up?
Die Wurzeln der TIS sind die Schmerzen und schlaflosen Nächte, die als Leiter Treasury hatte. Gemeinsam mit meinem internationalen Team war ich für 3,5 Milliarden Euro Cash und 4 Milliarden Euro Verbindlichkeiten verantwortlich. Durch die internen Zahlungsprozesse liefen 3 Milliarden Euro Cashflows. Ich hatte das Bedürfnis nach Echtzeitinformationen über Cash Flow und Liquidität und war mir sicher, daß Kosten und operationale Risiken im Finanzbereich mit Hilfe von Cloud-Technologie reduziert werden können.

Woher stammte das Kapital für Dein Unternehmen?
SAP hat die Anschubfinanzierung über ein nachrangiges Darlehen übernommen. Um keine Zeit zu verlieren haben wir aber dann sehr schnell Venture Capital reingeholt. Aktuell haben wir gerade eine VC-Runde über 12 Mio USD abgeschlossen. Damit expandieren wir international und investieren in weitere SaaS-Lösungen.

Was waren bei der Gründung Deines Start-ups die größten Stolpersteine?
Im Gründungsjahr 2010 hatten wir das Henne-Ei-Problem. Für eine B2B-Cloud-Zahlungsplattform Kunden zu gewinnen, ohne daß Banken angeschlossen sind ist sehr schwer, umgekehrt schließen sich keine Banken an wenn keine Kunden da sind. Heute ist das genau umgekehrt und wir profitieren vom Netzwerkeffekt. Dank der wachsenden Zahl von Unternehmen, Banken und Dienstleistern, die bereits unsere Cloud-Plattform nutzen, profitiert TIS von zunehmenden Netzwerkeffekten. Diese Aufwärtsspirale dreht sich jetzt immer schneller, damit können wir unsere Marktführerschaft stärken.

Was würdest Du rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Ich würde meine Anteile in einer GmbH und nicht im Privatvermögen halten.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Euch besonders wichtig?
Leads generieren wir über die üblichen Marketingkanäle und -methoden, allerdings mit Schwerpunkt online, denn das skaliert besser. Das beste Marketing machen für uns aber unsere zufriedenen Kunden, indem sie uns in der Finanz-Community weiter empfehlen und gute Referenzen geben.

Welche Person hat Dich bei der Gründung besonders unterstützt?
Neben der Familie die beiden Mitgründer Erol Bozak und Wolfgang Kalthoff

Welchen Tipp gibst Du anderen Gründern mit auf den Weg?
Wer eine gute Idee hat sollte sich ausreichend Zeit damit lassen ein hervorragendes Günderteam mit komplementärem Profil zusammen zu stellen. Keine Kompromisse machen.

Du triffst die Bundeswirtschaftsministerin – was würdest Du Dir für den Gründungsstandort Deutschland von ihr wünschen?
Deutschland ist ein attraktiver Standort auch für Gründer, da gibt es nicht viel zu meckern.

Was würdest Du beruflich machen, wenn Du kein Start-up gegründet hättest?
Ich wäre vermutlich zunächst CFO und dann CEO geworden.

Bei welchem deutschen Start-up würdest Du gerne mal Mäuschen spielen?
Ich würde gerne mal undercover bei uns im Vertrieb arbeiten. Ich schätze den Kundenkontakt, wenn man da aufmerksam zuhört lernt man viel vom Kunden.

Du darfst eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reist Du?
In das Jahr 2050. Mich interessiert dann natürlich wie der Zahlungsverkehr bzw. Wertaustausch B2B, B2C und C2C läuft.

Du hat eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machst Du mit dem ganzen Geld?
Das Geld für die Familie solide anlegen sowie in gute Teams mit guten Ideen investieren.

Wie verbringst Du einen schönen Sonntag?
Eine ausgedehnte Tour mit dem Mountainbike und danach ein spätes Frühstück mit der Familie

Mit wem würdest Du Dich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Hasso Plattner

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Foto (oben): TIS

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.