15 Fragen Maximilian Block von advocado

“Zu Beginn wurden wir nicht ernst genommen.”

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Maximilian Block von advocado.
“Zu Beginn wurden wir nicht ernst genommen.”
Freitag, 7. Juli 2017VonChristina Cassala

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Hier sind zwei Aspekte für mich wichtig. Zum einen geht es darum, selbst eine Idee zu entwickeln, mit einem Team umzusetzen und dabei auch richtige oder falsche Entscheidungen zu treffen, um so wesentliche Erfahrungen zu sammeln – die das Unternehmen und dessen Erfolg sowie Begeisterung und Engagement fördern und fordern. Zum anderen ist damit aber natürlich auch die Übernahme von jeder Menge Verantwortung verbunden, die man als Chef eben zu tragen hat.

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Vom Grundsätzlichen her kam mir die Idee bereits vor 20 Jahren. Als Schüler habe ich oft in der Kanzlei meines Vaters geholfen und mich mit der sehr intransparenten und oft komplizierten Kommunikation zwischen Anwälten und Mandanten beschäftigt. So kam es, dass ich zur Jahrtausendwende eine erste einfache Plattform-Software für die Zusammenführung von Anwälten und Mandanten entwickelte. Der Zeitpunkt der Realisierung war jedoch viel zu früh. Nur eine Handvoll Anwälte nutzte damals bereits das Internet und hatte gerade mal eine E-Mailadresse. Diese dann noch zu motivieren, online mit Mandaten den Kontakt aufzunehmen, war schlichtweg unmöglich. Zudem waren viele damit verbundenen Fragen damals noch nicht einmal ansatzweise berufsrechtlich geklärt. Zum Ende meines Jurastudiums 2012 wurde mir mit der Gesetzesinitiative des Bundes zur Einführung und Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs zwischen Anwälten und Gerichten/Behörden bewusst, dass jetzt der Zeitpunkt für die Entwicklung meiner unabhängigen Lösung für die digitale Kommunikation zwischen Anwälten und Mandanten gekommen war. Unsere Universität in Greifswald veranstaltete einen Ideen- und Businessplanwettbewerb, an dem ich auch mit dem Konzept von advocado teilnahm. Dort lernte ich auch meinen Mitgründer Jacob Saß kennen. Ganz klassisch trafen wir uns im Anschluss der Veranstaltung in einer Bar in Greifswald und haben nach gefühlten zwei bis drei Bier die Gründung des Start-ups advocado beschlossen.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Für den Start und die Unternehmensgründung 2013/2014 haben wir sowohl private Mittel als auch Gewinne aus Ideen- und Businessplanwettbewerben eingesetzt. Im Laufe der Unternehmensentwicklung kam ein sehr guter Kontakt zur Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft des Landes M-V zustande, die uns seitdem in allen wichtigen Phasen mit Kapital und Know-how wesentlich unterstützt hat. Seit 2016 werden wir zudem von Business-Angels unterstützt, die uns in vielen Bereichen mit wertvollen Kontakten, Hinweisen und Erfahrungen unterstützen.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Zu Beginn wurden wir mit unserem Konzept vom Markt überhaupt nicht ernst genommen. Unsere erste Lösung war ein SaaS-Tool für die Anwaltschaft. Innerhalb von Minuten konnte man sich von advocado eine eigene Online-Beratungsplattform erschaffen – quasi ein Jimdo für Anwälte. Tolle Sache, die jedoch einen großen Haken hatte: Der Anwalt musste sich selbstständig vermarkten, um entsprechende Mandate online zu erhalten, was jedoch die wenigsten vor zwei Jahren gemacht haben. Diese und die weitere Erkenntnis, dass der Vertrieb einer solchen modernen cloudbasierten Lösung gegenüber Anwälten nicht einfach ist, kostete uns wertvolle Entwicklungszeit. Ein Stolperstein war auch eine schon fast zustande gekommene Finanzierungsrunde, die dann einen Tag vor dem Notartermin abgesagt wurde. Hier fragen wir uns heute immer noch, warum ein Konzern nach über einem Jahr sehr guter und offener Verhandlungen so intransparent mit uns umgegangen ist.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Ich würde definitiv viel mehr auf MVP und Testing setzen als auf Rocket Science. Ich hätte gern mehr Zeit und Geld gespart. Wir waren am Anfang zu starr und verliebt in unsere erste Lösung – dieser Perfektionierungsgedanke kann dein Business killen.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Als Online-Plattform für Rechtsdienstleistungen setzen wir natürlich auf Onlinemarketing. Hier verfolgen wir mehrere Strategien, an deren Umsetzung und Verbesserung wir gegenwärtig arbeiten.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Das war definitiv mein Vater. Er hat mich und uns mit seiner mehr als 30-jährigen Berufserfahrungen als Anwalt von Anfang mit wertvollen Hinweisen und Ratschlägen unterstützt und tut dies auch heute noch. Wir haben auch viel mit ihm und an ihm getestet und ausprobiert – manches lief gut und manches auch manchmal nicht so gut. Ebenso darf mein Mitgründer Jacob hier nicht ungenannt bleiben. Wir sind beide zwar gleichberechtigte Geschäftsführer, aber er ist eher mein Gegenpol. Er hat BWL studiert, ich Jura – da treffen Welten aufeinander. Die besten Entscheidungen sind jedoch oft gerade erst aufgrund dieser Gegensätze getroffen worden – wir ergänzen uns so sehr gut.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Sei du selbst und bleibe du selbst! Suche dir in deinem Freundes- und/oder Bekanntenkreis passende Gründungspartner. Ich hatte auch echt Glück, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Personen zu treffen und so ein tolles Gründungsteam aufzubauen. Gehe offen mit deiner Idee um, hole dir Feedback und bleibe konsequent am Ball. Lass dich nicht entmutigen von Niederlagen.

Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Grundsätzlich wären ein Bürokratieabbau bei der Gründung von Start-ups und die Förderung des Einsatzes digitaler Lösungen in Behörden wünschenswert.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich wäre Anwalt und würde heute vermutlich in einer Kanzlei arbeiten.

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Ich würde bei unseren Mitbewerbern aus den Staaten gern einmal Mäuschen spielen – einfach, um zu schauen, wie sie manche Herausforderungen in diesem Markt meisterten und meistern und wie ihre Ansätze für die Zukunft aussehen.

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Das Jahr 2030 klingt ganz spannend. Ich würde gern wissen, ob wir es geschafft haben, Menschen zum Mars zu senden, welche neuen Techniken und Möglichkeiten nicht nur im Rechtsberatungsmarkt entwickelt wurden und ob wir dann heute unheilbare Krankheiten heilen können.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ich würde einen Teil meinen Eltern zukommen lassen, da sie mein Studium mitfinanziert haben und mich in guten als auch in schlechten Zeiten immer unterstützt haben. Daneben würde ich in 1-2 interessante Start-ups investieren, die ich kenne und denen ich bei der Umsetzung ihrer spannenden Idee helfen will.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Am liebsten zusammen mit Freunden und Familie in geselliger Atmosphäre. Im Sommer kann das auch mal gern der Strand in Lubmin oder auf der Insel Usedom sein.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Ganz ehrlich? – Es gibt so viele interessanten und beeindruckenden Persönlichkeiten, dass ich mich gar nicht für eine entscheiden kann.

Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an

Zur Person:
Maximilian Block begann schon früh, eigene Webseiten zu programmieren und eigene Domains mit Webseiten zu hosten und arbeitete als Freelancer für verschiedene Webprojekte. Er studierte Rechtswissenschaften und gründete Anfang 2000 advocado, seit 2014 startet das Unternehmen durch.

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Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.