Thomas Preuss im VC-Interview

“Man muss kontinuierlich nachjustieren und reagieren”

"Venture Capital ist leider kein Ausbildungsberuf oder etwas, das sich im Studium erlernen lässt. Venture Capital hat sehr viel mit unternehmerischer Erfahrung und Wissen über Technologien und Märkte zu tun", sagt Thomas Preuss von Deutsche Telekom Capital Partners.
“Man muss kontinuierlich nachjustieren und reagieren”
Montag, 8. Mai 2017VonAlexander Hüsing

Über Deutsche Telekom Capital Partners (DTCP) investiert Deutsche Telekom neuerdings in Start-ups. Dabei ist DTCP als Finanzinvestor zu sehen und nicht als Corporate Venture Capital-Fund. “Unsere Erstinvestments bewegen sich in der Höhe zwischen 5 und 15 Millionen Euro. Kernbereiche unserer Investmentstrategie umfassen zum Beispiel Enterprise Software, Middleware, Applications, Big Data, Cyber Security, IoT, SaaS, Cloud, AI aber auch Themen wie MarTech, TravelTech, FinTech/InsurTech sind spannende Themen, die wir uns ansehen”, sagt Partner Thomas Preuss.

Gerade investierte DTCP etwa – gemeinsam mit Waypoint Capital und JAL Ventures 17 Millionen Dollar in die Business Intelligence-Plattform Fornova. Das britische Unternehmen sammelt Daten zu Hotelpreisen aus Buchungssystemen und Online-Portalen zusammen und bereitet sie auf. Im VC-Interview mit deutsche-startups.de spricht Preuss über Bausteine, Brückenfinanzierungen und Busines Angel-Investments.

Reden wir über Geld. Was genau reizt Dich daran, Geld in Unternehmen zu investieren?
Was mich antreibt, ist, dass es in unserer Zeit so viele neue, spannende Technologien gibt, mit denen man viele Ideen zu erfolgreichen Unternehmen ausbauen kann. An der Arbeit mit Gründern reizt mich besonders, dass man gemeinsam Neues schaffen kann und somit über bestehende Grenzen und Ineffizienzen des Marktes hinaus denkt und agiert. Man hat die Chance, den Status quo zu verändern und das ist immer wieder aufregend. Kapital, das wir investieren, ist einer von vielen Bausteinen, die notwendig sind, um aus einer Idee ein Unternehmen zu machen und im nächsten Schritt aus einem noch kleinen Startup ein großes, erfolgreiches Unternehmen. Da wir uns mitten in einer grundlegenden, globalen digitalen Transformation, im Grunde aller Industrie- und Geschäftsbereiche befinden, gibt es so viel zu tun und die Mitgestaltung dieser Themen ist nach wie vor sehr spannend.

Wie wird man eigentlich Venture-Capital-Geber – wie bist Du Venture-Capital-Geber geworden?
Venture Capital ist leider kein Ausbildungsberuf oder etwas, das sich im Studium erlernen lässt. Venture Capital hat sehr viel mit unternehmerischer Erfahrung und Wissen über Technologien und Märkte zu tun. Der klassische Einstieg in den VC-Bereich hat somit meist seinen Ursprung in einer eigenen unternehmerischen Laufbahn, eigenen Busines Angel-Investments oder einem Zugang zu entsprechenden Netzwerken. So war es auch bei mir. Ich habe nach 10 Jahren als Unternehmer irgendwann schließlich die Möglichkeit bekommen, bei Neuhaus Partners in Hamburg einzusteigen und bin seitdem als Venture Capital-Investor aktiv.

Was sollte jeder Gründer über euch – als VC – wissen – wie etwa grenzt ihr euch von anderen Investoren ab?
Wir arbeiten als globale Plattform mit lokalen, erfahrenen Investment-Teams in Europa, Silicon Valley und in Isreal. Weiterhin hilft uns unser Sektorfokus, eine klare Expertise in unseren Investmentbereichen aufzubauen und somit unseren Gründern auch inhaltich ein wertvoller Partner zu sein. Vor dem Hintergrund, dass wir in führende Technolgieunternehmen mit hohem Wachstum investieren, versuchen wir immer wenn es inhaltlich sinnvoll ist, unseren Portfolio-Unternehmen auch Zugang zu unserem Netzwerk in der Deutschen Telekom zu bieten. Darüber hinaus definieren wir uns über unser professionelles und erfahrenes Team, sowie über einen schnellen und flexiblen Investmentprozess.

Welche Unterstützung bietet ihr – neben Geld?
Generell bieten wir neben der Expertise unseres internationalen Investment-Teams, welches den Gründern immer gern Rede und Antwort steht, Unterstützung bei der internationalen Expansion, weiteren Finanzierungsrunden mit internationalen Investoren, sowie potenziellen Exit- und IPO-Prozessen. Darüber hinaus stellen wir auch gern den Kontakt mit der Deutschen Telekom her wenn sich Möglichkeiten abzeichnen, entweder Telekom-intern Produkte unserer Portfolio-Unternehmen einzusetzen oder die Kanäle zur Vermarktung dieser zu nutzen.

Wie entscheidet ihr, ob ihr in ein Startup investiert: Bauchgefühl, Daten, beides oder was ganz anderes?
Durch unseren Fokus auf die späteren Investmentphasen, gehen wir sehr datengetrieben vor und sprechen sehr viel mit Kunden, Experten und anderen Marktteilnehmern. Wir gucken insbesondere auf KPIs wie Sales/Marketing Efficiency, Wachstum, Gross Margin, Rule of 40 %, Anzahl und Qualität der Kunden, Land-&-Expand-Mechaniken und Churn-rate, etc., um Transparenz auf das Produkt- und Technologierisiko und den Grad des Product/Market-Fit zu bekommen. Bauchgefühl versuchen wir bei unseren Entscheidungen weitestgehend außen vor zu lassen.

Wie spricht man als Gründer am besten einen Investor an?
Am sinnvollsten über eine Empfehlung oder auf Konferenzen. Auf keinen Fall sollte man versuchen, einfach seinen Businessplan ohne vorherigen Kontakt an eine Info@VC-Mailadresse oder gar per Post zu schicken.

Was sollten Gründer vor einem Investor niemals sagen oder machen?
Es ist wahrscheinlich keine gute Idee, einem potenziellen Investor vor einem Investment zu sagen, dass er keine Lust mehr hat, so viel zu arbeiten, er nicht mehr an das Unternehmen glaubt, er im Grunde nur sein Vestingende abwartet und dann etwas neues machen will. Aber das oder ähnliche Szenarien passieren zum Glück sehr selten.

Nicht jedes Startup läuft rund, nicht jedes wird ein Erfolg. Was macht Ihr, wenn eine Eurer Beteiligungen in Schieflage gerät?
Grundsätzlich läuft nie alles rund. Man muss kontinuierlich nachjustieren und auf unverhergesehene Situationen reagieren. Das ist für uns völlig normal. Wichtig ist, dass man ein starkes Team aus Gründern, Investoren und übrigen Gesellschaftern bildet, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen – oder zu hinterfragen und neu auszurichten. Tranzparenz und Vertrauen ist dafür die Basis. Sollte ein Unternehmen drohen, in eine kritische Situation zu kommen, versuchen wir diese frühzeitig zu erkennen und das Management dabei zu unterstützen, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Diese können unterschiedlichster Art sein und gehen oft weit über das zur Verfügung stellen weiteren Kapitals in Form von Brückenfinanzierung hinaus.

Und woran merkt ihr, dass ihr bei einem Startup die endgültige Reißleine ziehen müsst?
Problematisch wird es wenn wir merken, dass die Gründer selbst nicht mehr vom Erfolg ihres Unternehmens überzeugt sind. Quantitative KPIs wie die Sales-Entwicklung zeigen natürlich auch auf, wenn ein Startup sich aufgrund einer zu schwachen IP, Intellectual Proterty, oder dominierenden Wettbewerbs nicht durchsetzt. Auch unerwartete Patentklagen oder andere Gerichtsprozesse können einen Grund darstellen, ein Unternhemen nicht weiter aufzubauen.

Gebt Ihr uns einen Einblick in Euer Anti-Portfolio – bei welchen, jetzt erfolgreichen, Firmen seid ihr leider nicht eingestiegen?
DTCP ist ein sehr junger Investment-Fonds. Im Grunde investieren wir erst seit Mitte 2015 aktiv. Da gibt es zum Glück noch kein sichtbares Anti-Portfolio. Ich habe zwar schon ein paar Vermutungen über mögliche Kandidaten, aber zum Glück kann man das noch nicht sehen. Aus der Tätigkeit meiner früheren Fonds ist aber im Grunde alles dabei, was Rang und Namen hat, egal ob Xing, Groupon, Bigpoint, Soundcloud, Lieferando, Plista, Auto1 und viele viele andere. Da man im Grunde in weniger als ein Prozent der Start-ups, die man im Rahmen des Dealflows sieht, investiert, ist alles dabei.

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.