Verpasste Chancen

“Uber ist der Anführer unseres Anti-Portfolios”

Wieder einmal gewähren uns mehrere Kapitalgeber einen Einblick in ihr Anti-Portfolio. "Uns gibt es ja erst seit zwei Jahren, da ist die Liste alleine zeitbedingt noch nicht lang. HometoGo kann ich aber definitiv nennen", sagt Iskender Dirik von Bauer Venture Partners.
“Uber ist der Anführer unseres Anti-Portfolios”
Mittwoch, 12. April 2017VonAlexander Hüsing

Nicht immer haben Investoren den richtigen Riecher. Nicht umsonst heißt das investierte Geld Risikokapital. Heute geht es aber mal nicht um schlechte Investments, bei denen die Start-ups den Bach runtergegangen sind. Es geht um Start-ups, die Geldgeber quasi auf dem Tisch hatten, sie aber nicht investiert haben. Wir haben wieder einmal mehrere Investoren nach ihrem Anti-Portfolio gefragt: Bei welchen, jetzt erfolgreichen, Firmen seid Ihr leider nicht eingestiegen? Hier die äußerst spannenden Antworten.

Gebt Ihr uns einen Einblick in Euer Anti-Portfolio – bei welchen, jetzt erfolgreichen, Firmen seid Ihr leider nicht eingestiegen?

In 2010 hat Travis Kalanick b-to-v während eines Besuchs im Silicon Valley sein damals noch recht frisch gegründetes Unternehmern Uber vorgestellt; der Rest ist Geschichte. Uber ist der eindeutige Anführer unseres Anti-Portfolios, in einer schmerzhaften Liste, die auch von Zeit zu Zeit zu Demut aufruft. Auch Delivery Hero, ResearchGate und SoundCloud stehen darauf. Im Umkehrschluss ist es jedoch auch super, dass wir diese Torchancen überhaupt hatten. Auch der beste Schütze verwandelt nicht jeden Schuss. Im Ernst: Spätere Stars zu verpassen gehört zum Geschäft – insbesondere wenn man auf frühphasige Unternehmen fokussiert ist. Solange man lernt, systematische Fehler zu reduzieren und sich insgesamt konstant verbessert, ist alles im grünen Bereich und wir sind unfassbar stolz auf die Unternehmer, in die wir investieren durften.
Luca Martinelli, b-to-v Partners

Wir haben bei einigen Unternehmen, die dann stark gewachsen sind, nicht investiert – darunter solche Namen wie Uber. In manchen Fällen wäre es vielleicht sogar attraktiv gewesen, sich zu engagieren. In anderen Fällen sind wir froh, so entschieden zu haben. Eine erfolgreiche Entwicklung der Umsätze reicht nicht. Geld verdient ein Investor nur, wenn auch die Einstiegsbewertung stimmt.
Sascha van Holt, SevenVentures

bmp selber gehört zu den am längsten aktiven VCs in Deutschland und so haben wir in der Vergangenheit auch die ganz großen auf dem Tisch gehabt. Der Open Business Club – alias Xing – in der frühen Phase und Facebook – als Secondary – und Zynga in einer für uns schon zu späten Phase, gehörten sicherlich zu den bekanntesten. In der jüngsten Vergangenheit hat sicherlich der Nichteinstieg bei brillen.de zu den größten Schmerzen geführt. Damals konnten wir leider nur mit dem Frühphasenfonds investieren und brillen.de war schon etwas zu weit dafür. Ein weiteres interessantes Startup, das gut zu uns gepasst hätte, war babbel. Die Schnittmenge aus E-Learning und mobile passte wie die Faust aufs Auge zu uns. Auch hier lag es an den Konditionen. Aus meiner vorherigen Inkubator-Zeit habe ich intensiv mit Signavio zusammengearbeitet und bin mit den Gründern nach wie vor gut befreundet. Ein VC-Investment hätte auch hier durchaus Spaß gemacht. Als VC sollte man sich aber nie über verpasste Opportunitäten sondern ausschließlich über die intensive Zusammenarbeit mit den Beteiligungen und die neuen Opportunitäten Gedanken machen. Aktuell sehen wir viele spannende Startups, die wir teilweise mit unseren aktuell aktiven Fonds nicht bedienen können. Hierfür suchen wir Lösungswege, um unser zukünftiges Anti-Portfolio klein zu halten.
Jan Alberti, bmp

Uns gibt es jetzt seit grob vier Jahren, in denen wir nach und nach gewachsen sind, konnten also am Anfang größere Tickets schlichtweg mangels eigener Größe nicht machen. Da waren schon ein paar gute Sachen dabei, aber ob wir bei den Themen, bei denen wir uns frei entscheiden konnten jetzt daneben lagen oder richtig, ist oftmals noch nicht abschließend zu sagen. Zum Beispiel waren wir bei N26 anfangs skeptisch. Kann gut sein, dass wir uns deswegen später noch in den Allerwertesten beißen, aber Stand heute würde ich mich mit dieser abschließenden Wertung noch schwertun. Es geht bei Investoren ja auch nicht nur um das binäre dabei sein, sondern immer auch um die Bewertung bzw. Rendite, auch nach allen verwässernden Effekten von Folgerunden und Co. Bei einem “heißen” Thema passen, weil die Bewertung zu hoch war, kann also durchaus auch schlau und richtig sein, auch wenn das von außen betrachtet ohne alle Daten nicht offensichtlich sein mag. Wir haben auf jeden Fall seit Beginn unserer Investmenttätigkeit ziemlich konstant über 25 % p.a. auf das eingesetzte Kapital verdient, das ist für einen Venture Investor in Deutschland mit eher breit gefächertem Ansatz, ich nenn’ das gerne auch „schwäbisches Venture Capital“ und gerade auch im Vergleich mit Niedrig- und Negativzinsen überall doch ein – wie ich finde – sehr ordentliches Ergebnis.
Nikolas Samios, German Startups Group

Uns gibt es ja erst seit zwei Jahren, da ist die Liste alleine zeitbedingt noch nicht lang. HometoGo kann ich aber definitiv nennen, da haben sich DN Capital und Acton leider schneller durchsetzen können. Ansonsten investieren wir bei uns auch in andere VC-Funds und hätten gerne unter anderem bei Northzone und Cherry investiert, haben das aber leider nicht rechtzeitig geschafft.
Iskender Dirik, Bauer Venture Partners

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.