Gastbeitrag von Stephan Mey

Tippen statt reden! Chat als Servicekanal

Egal ob der Service via WhatsApp oder dem Facebook Messenger for Business angeboten wird – die Logik der Konversation selbst ist die gleiche wie bei einem integrierten Unternehmenschat. Allerdings gibt es ein paar kleine Unterschiede.
Tippen statt reden! Chat als Servicekanal
Montag, 19. September 2016VonTeam

Die meisten Menschen in Deutschland nutzen sie bereits seit langem: Messenger, um zu chatten und Bilder oder Videos auszutauschen. Was im Privaten begonnen hat, weitet sich nun auch als Kundenservice-Kanal auf Unternehmen aus. Besonders Startups in der Gründungsphase und auch über diesen Punkt hinaus, sollten sich daher mit dem Chat als Servicekanal auseinandersetzen.

Neben den Messengern, wie WhatsApp oder Facebooks Messenger for Business, können Startups auch Chat-Fenster auf ihrer Unternehmenswebsite oder im Onlineshop integrieren. Unabhängig davon, gilt es vorab einige strategische Fragen zu klären. Welche Funktion soll der Chat als Servicekanal erfüllen? Folgende Ziele können Startups dabei für sich definieren, die sich natürlich auch überschneiden können:

• Kundenzufriedenheit verbessern: Über den Chat lässt sich ein Kundenproblem meist am schnellsten und auch am lockersten lösen. Die persönliche Note im Chat ist besonders bei jungen Unternehmen ein großer Pluspunkt: Statt umständlicher Abfragen von Kundennummer und Geburtsdatum gibt es einen „Daumen hoch“-Emoji oder einfach ein entspanntes „Hallo, wie geht’s?“.

• Umsatz steigern: Durch den Chat lassen sich beispielsweise im E-Commerce Kauf-Abbruchraten verringern. Kunden können bei Unsicherheiten zum Produkt problemlos den Kundenservice befragen. Unternehmen wiederum können Kunden proaktiv kontaktieren, um Hilfe anzubieten, wenn ein Kunde bereits einige Minuten im Checkout-Fenster verharrt oder sich mehrere ähnliche Produkte ansieht und offenbar vergleicht. So können Onlinehändler den Kaufabbruch oft auf den letzten Metern noch verhindern.

• Interne Kosten senken: Service-Mitarbeiter können mehrere Kundenkonversationen parallel führen. Das mündet in einer höheren Produktivität und geringeren Personalkosten, da dieselbe Anzahl an Mitarbeitern sich um eine größere Menge an Anfragen kümmern kann.

Praktische Umsetzung des Chats

Nach der Strategie-Entwicklung beziehungsweise Zielsetzung der Kundenservice-Kanäle, geht es an die praktische Umsetzung. Wo sollte der Chat platziert werden? Zu welchen Uhrzeiten sollte der Chat verfügbar sein? Und wann macht Upselling Sinn?

Umsatzsteigerung ja, aber kein Upselling: Hat sich ein Unternehmen zum Ziel gesetzt, den Umsatz per Chat anzukurbeln, ist das sinnvoll, aber zugleich auch ein wenig riskant. Denn Vorsicht: Nur, weil der Kanal auch für eine Umsatzsteigerung herhalten soll, dürfen die Kunden nicht mit Cross- und Upselling-Angeboten überhäuft werden. Das verärgert sie eher. Wenn ein Kunde jedoch ein vergriffenes Produkt anfragt, kann ein Service-Mitarbeiter natürlich durchaus eine Alternative vorschlagen.

Platzierung eines Chats auf der eigenen Website: Wo sich der Chat befinden muss, um seine volle Wirkung zu entfalten, ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Möchten Onlinehändler beispielsweise die Abbruchrate im Shop vermindern, ist es sinnvoll, den Chat im Warenkorb oder auch auf der Checkout-Seite zu platzieren. Software-Unternehmen hingegen können den Chat gut innerhalb der Trial-Version ihrer Lösung unterbringen, um etwaige Fragen direkt in der Probephase beantworten und den Kunden so vom Kauf der Pro-Version überzeugen zu können.

Verfügbarkeit von Messenger und integriertem Chat: Ein Echtzeitkanal ist hinfällig, wenn am anderen Ende niemand sitzt, um die Anfrage zu beantworten. Service-Mitarbeiter sollten als Daumenregel mindestens zu den Zeiten erreichbar sein, die den Öffnungszeiten stationärer Geschäfte entsprechen, also Montag bis Samstag von 9 Uhr bis 20 Uhr. Bei international agierenden Unternehmen muss natürlich noch die Zeitverschiebung berücksichtigt werden und in die Planung einfließen. Auch saisonale oder anlassbezogene Peaks sollten Startups berücksichtigen und während dieser Zeiten mehr Personal zur Verfügung stellen.

Besonderheiten bei Messengern
Egal ob der Service via WhatsApp oder dem Facebook Messenger for Business angeboten wird – die Logik der Konversation selbst ist die gleiche wie bei einem integrierten Unternehmenschat. Allerdings gibt es ein paar kleine Unterschiede. Der Kundenservice via WhatsApp hat den Vorteil, dass allein in Deutschland über 35 Millionen Menschen den Dienst nutzen, weswegen der Aufwand auf Kundenseite sehr gering ist: Sie müssen nichts neu installieren und können direkt mit der Technologie umgehen.

Der Facebook Messenger for Business hat durch das integrierte Zopim Live Chat Tool ebenfalls seine Vorteile. Über kurze Facebook Unternehmens-URLs (m.me/Unternehmensname) können Kunden direkt eine Konversation mit einem Unternehmen öffnen und starten. Das gleiche gilt für die Messenger Unique Codes, die Kunden ähnlich den QR-Codes, einfach per Smartphone einscannen können und dadurch ebenfalls eine direkte Unterhaltung starten. Facebook berichtet, dass inzwischen über eine Milliarde Nachrichten zwischen Privatnutzern und Unternehmen jeden Monat versendet werden. Die Konversation bleibt dabei für Unternehmen und auch Kunden ständig bestehen und kann jederzeit beiderseitig eingesehen werden. Dies verringert für Verbraucher die Hürde, das Unternehmen erneut ganz entspannt zu kontaktieren, was wiederum die Kundenbindung stärkt.

Maschine statt Mensch
Es gibt bereits einige Chat-Tools auf dem Markt, die auf Basis von vorab definierten Trigger-Worten sofort Antworten generieren, die auf die Frage des Kunden passen könnten. Besonders bei oft wiederkehrenden Anfragen in Bezug auf Produktverfügbarkeiten oder Lieferzeiten ermöglichen solche Chat Bots umgehende und konkrete Antworten, unabhängig von Öffnungszeiten. Es zahlt sich aus, mit solchen Automatisierungen zu arbeiten, denn die Bots verringern das Anfragevolumen und sorgen dafür, dass sich die Service-Mitarbeiter intensiver mit komplexeren Problemen auseinandersetzen können. Wie der Microsoft Bot Tay jedoch jüngst verdeutlichte, ist eine regelmäßige Qualitätskontrolle durch den Menschen nach wie vor unabdinglich.

Guter Rat zum Schluss
Bei allen Tipps gilt vor allem: Die reine Kanalmenge macht noch keinen guten Kundenservice. Auch mithilfe von Bots müssen echte Menschen in der Lage sein, alle eingehenden Anfragen abzudecken. Daher sollten Startups frühzeitig alle Interaktionen in einem zentralen Tool bündeln, um problemlos alle Kanäle im Blick zu behalten und ihren Kundenservice bei Bedarf schnell an ihr Wachstum anpassen zu können.

Zum Autor
Stephan Mey ist Strategic Account Executive bei Zendesk

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