Benjamin Günther im Interview

“München fehlt es noch an medialer Aufmerksamkeit”

"Wir Münchner leiden deutlich weniger unter dem "Blick nach Berlin" als es viele denken. Ich finde, die Diskussion München vs. Berlin ist inzwischen genauso durch wie der Ruf nach einem 'Deutschen Silicon Valley'", sagt Benjamin Günther, Mitgründer von Stylight.
“München fehlt es noch an medialer Aufmerksamkeit”
Dienstag, 29. September 2015VonAlexander Hüsing

Die bayerische Hauptstadt ist immer eine Reise wert – auch für alle, die sich für Start-ups interessieren – hier entlang zu unserem Themenschwerpunkt München. In München gibt es nicht nur eine lebendige Gründerszene, die sich gerne untereinander austauscht, sondern auch viele bekannte und große Start-ups – siehe auch unseren Start-up-Lotsen für München. “München ist das Eldorado für Start-ups“, schrieb Garan Goodman, Managing Director Wayra Deutschland, kürzlich sogar. Wir reden heute mit Benjamin Günther, Mitgründer von Stylight.

Reden wir über München. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für München als Start-up-Standort?
Wir Münchner leiden deutlich weniger unter dem “Blick nach Berlin” als es viele denken. Ich finde, die Diskussion München vs. Berlin ist inzwischen genauso durch wie der Ruf nach einem “Deutschen Silicon Valley”. Für München spricht aus meiner Sicht, dass die beiden wichtigsten Faktoren für Startups vorhanden sind: Talent und Kapital. Viele VCs haben nach wie vor ihr Büro in München – Holtzbrinck, Target, Earlybird, etc – und internationale VCs investieren eh in jeder Stadt. Die Kapitalstruktur ist also vorhanden und von Bootstrapping, Freeletics, Seed, Foodora, bis hin zu großen Runden – Westwing, (Millarden-) Exits (Metaio, Hybris) und IPOs (Windeln.de) gibt es in jeder Stage Firmen, die zeigen, das man es auch in München schaffen kann. Abgesehen davon ist München für mich ganz persönlich einfach lebenswert. Das zieht auch Talente aus aller Welt an. Aus unserer Sicht spricht sehr viel für München und daher war es genau die richtige Entscheidung hier zu gründen.

Was macht den besonderen Reiz der Startup-Szene in München aus?
München ist eine Ingenieursstadt und hat einen sehr hohen Standard in Sachen Technologie. Dank renommierter Universitäten – CDTM, TUM, LMU – und starken Industriekonzernen wie Audi, BMW und Siemens ist in München eine extrem hohe Tech- und Business-Kompetenz vorhanden. Viele Startups setzen gerade deshalb auf die Verknüpfung von Tech und Web – etwa eGym, Tado, Navvis, Metaio. Wenn wir so weitermachen und die Münchner Ingenieurskunst noch stärker mit der Berliner Web- und E-Commerce-Kompetenz zu verknüpfen wird alles gut und “Made in Germany” weltweit wieder an Bedeutung gewinnen.

Was ist in München einfacher als in Berlin – und umgekehrt?
In München hat man kurze Wege und die Startupszene konzentriert sich immer mehr um die Nymphenburger Strasse herum. In Berlin hingegen findet der Austausch zwischen den Gründern deutlich öfter statt.

Was fehlt in München noch?
München fehlt es noch an medialer Aufmerksamkeit. Gerade bei der Startup-Berichterstattung wird deutlich, dass die Redakteure aller Portale in Berlin leben und arbeiten. Ich bin gespannt welches Gründermedium diese Lücke als erstes schließen wird und einen lokalen Redakteur in München haben wird.

Passend zum Thema: “Start-ups und bayerische Lebensart – In München ‘entstehen unter Druck Diamanten’” und Start-up-Lotse für München

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.