15 Fragen an Michael Glattmann von curart

Wir haben eine Kombination aus Kunst und Internet geschaffen

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Michael Glattmann von curart.
Wir haben eine Kombination aus Kunst und Internet geschaffen
Freitag, 5. Dezember 2014VonChristina Cassala

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Zweierlei: Mehr Selbstbestimmungsfreiheit, die einen viel bewusster und dadurch glücklicher durch das Leben gehen lässt. Natürlich führt dies jedoch auch zu mehr Verantwortung, denn als Chef reicht es nicht einfach, ein vorgegebenes Ziel zu realisieren. Vielmehr geht es darum, das Ziel selbst zu definieren und zudem dafür Sorge zu tragen, dass dieses richtig umgesetzt wird.

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Tatsächlich beim Brainstorming nach einer Idee zur Unternehmensgründung mit einem Freund, der nun auch zu unserem dreiköpfigen Gründerteam gehört. Es ging darum, zwei Komponenten, das Etablierte (das Internet) und das Noch-zu-Etablierende (wie sich gezeigt hat: die Kunst) zusammenzuführen. Ich denke, mit unserem Konzept haben wir eine sehr vielversprechende Kombination geschaffen.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Bisher finanzieren wir uns zu 100 Prozent selbst, sind aktuell aber in Gesprächen mit diversen Business Angels, um weiter in Produkt und schnelleres Wachstum investieren zu können.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Unser Team war über drei Länder – und zeitweise sogar über zwei Kontinente – zerstreut und fast jeder beruflich bzw. akademisch anderweitig eingebunden. Das hat uns eine schnellere Entwicklung und Reaktionsfähigkeit erschwert. Mit der Zeit haben wir diese Laster Schritt für Schritt eliminiert, so dass wir uns mittlerweile alle von Berlin aus der erfolgreichen Entwicklung von curart widmen können.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Ich würde die Unternehmsgründung nicht parallel zu einem Vollzeit-Job durchführen. Denn so hätte ich von Anfang an meine volle Energie dem neu geschaffenen Unternehmen und dessen Zielen widmen können.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Es kommt auf den richtigen Mix an. Primär geht es für uns darum, langfristig das Vertrauen von Kunstinteressierten in unsere Qualität und unsere Künstler zu gewinnen. Besonders wichtig sind hierbei die Medien. Naturgemäß sind aber auch SEM/SEO für uns als Internet-Startup von großer Bedeutung.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Meine Frau – und nicht nur während der Gründung. Mit ihr habe ich stets einen – unternehmenstechnisch gesehen – außenstehenden Gesprächspartner, mit dem ich neue Ideen testen und Problemlösungen diskutieren kann.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Fast alles dauert länger als geplant. Daher gilt es, nicht zu schnell zu frustrieren und stets den Glauben an die Sache bewahren. Vor allem: Lasst euch nicht von den Pessimisten entmutigen!

Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
1. Ich würde mir wünschen, dass die Anhebung der Mehrwertsteuer für alle Kunstwerke auf den regulären Satz von 19 Prozent überdacht wird. Hier wäre es sinnvoll, eine Mindestpreisgrenze von bspw. 5 000 Euro festzulegen, da, wie fast alle Marktanalysen belegen, der Großteil der verkauften Werke genau in dieses Preissegment fällt. Unter den Begriff „Luxus“ fallen Werke unterhalb dieser Grenze meines Erachtens nicht. Durch eine hohe Mehrwertsteuer wird die Kaufwahrscheinlichkeit gesenkt, was zu einer Verschärfung der ohnehin oft prekären Lebenssituation junger Künstler führt.

2. Steuerliche Entbürokratisierung für Unternehmen – insbesondere für junge – damit sich diese auf Geschäftsaufbau und -entwicklung konzentrieren können und weniger mit Steuererklärungen befassen müssen. Denn hierdurch entstehen Kosten, die anfangs im Unternehmen selbst besser angelegt sind.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich würde vermutlich in einem Start-up arbeiten. Die Zeit in der Unternehmensberatung war eine sehr lehrreiche Phase, die ich jedoch stets als Vorbereitung auf meinen eigentlichen Wunschberuf – das Unternehmertum – gesehen habe.

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Spontan fällt mir keins ein. Interessanter wäre wohl ein Inkubator oder ein VC, da man sich dort Einblicke in gleich mehrere Start-ups verschaffen kann.

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Die Entstehung der Welt und der Menschheit (wenn auch nicht direkt eine Epoche), um ein für alle Mal Klarheit zu schaffen.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Einen Teil als Puffer zur Seite legen, den Rest vermehren.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Mit meiner Frau und unserer Tochter an der ‚frischen’ Berliner Großstadtluft – gerne auch mit Freunden.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Die Liste würde den Rahmen sprengen, da es sehr viele Menschen gibt, mit den mich ein Gespräch sehr bereichern würde. Eine konkrete Person zu nennen würde somit den anderen Unrecht tun.

Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an

Zur Person:
Michael Glattmann studierte General Management mit Wirtschaftsrecht an der EBS Oestrich-Winkel und Xi’an Jiao Tong University. Danach arbeitete er mehrere Jahre als Berater im regulatorischen Bankensektor, bis er 2012 parallel dazu curart gründete.

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Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.