15 Fragen an Hendrik Braun von ShopLove

“Die wilden Spät-90er würde ich gerne live erleben”

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Hendrik Braun von ShopLove.
“Die wilden Spät-90er würde ich gerne live erleben”
Freitag, 18. Juli 2014VonChristina Cassala

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Eigenverantwortung. Freiheit. Selbstwirksamkeit. Ich schätze es sehr für alle Entscheidungen und das daraus entstehende Handeln die Verantwortung gegen über mir und dem Unternehmen zu tragen. Erfolge und Fehler muss ich nur vor meinen Mitgründern und mir verantworten. Dabei sind sowohl die Gestaltungsfreiheit weder im organisationsbedingter noch in gedanklicher Hinsicht durch einen Vorgesetzten beschränkt.

Letztendlich ist aber auch gerade als relativ junger Unternehmer der Aspekt der Selbstwirksamkeit für mich von besonderer Bedeutung. Idealerweise zeigt sich der Wirkungsgrad der täglichen Arbeit direkt in dem Fortschritt des Unternehmens und den Kennzahlen, was einmalig in dieser Rolle ist.

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Das war bei ShopLove ein iterativer Prozess. Zusammen mit meinen Mitgründern, Timo Trumpp und Maximilian Beller, haben wir zu Beginn ein ganz anderes Thema für unsere Gründung diskutiert als wir letztendlich dann gesetzt haben.

Als leidenschaftliche Hobbyköche wollten wir ursprünglich etwas im Bereich Kochen & Genießen machen. Uns reizte es aber schon dabei eine Möglichkeit zu finden insbesondere auf Tablets Inspiration für Kochrezepte mit einem Online-Einkaufserlebnis zu verbinden. Das Ergebnis war die Idee für ein digitales Kochmagazin, in dem Zutaten und Kochzubehör aus den Rezepten direkt online bestellt werden könnte. Durch Feedback von Freunden und ersten Investoren sind wir dann erst zu Mode & Lifestyle Produkten gekommen.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Die ersten Monate nach der Gründung haben wir uns selbst finanziert und eine erste Finanzierung durch Business Angels vorbereitet. Die abgeschlossene Angel-Runde hat uns ermöglicht mit der iPad App in den Markt einzutreten. Daraufhin konnten wir Bauer Media als Investor für die weitere Expansion gewinnen.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Am Anfang war es vor allem das Recruiting von guten Entwicklern. Da wir uns für die Entwicklung einer nativen App entschieden hatten, standen wir vor der Herausforderung einen guten iOS Entwickler zu finden, der sich einerseits für das Thema Shopping/eCommerce begeistert und andererseits fest bei uns einsteigen wollte. Drüber hinaus war es in den ersten Monaten auch nicht einfach ein bezahlbares Büro zu finden, das einigermaßen zentral in München liegt. Das LMU Entrepreneurship Center half uns bis zum Abschluss unserer ersten Finanzierung mit einem Raum in Uni Nähe.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Wir hätten uns direkt in den ersten Monaten stärker an die Lean Startup Methode halten können und sowohl schneller als auch kontinuierlicher Nutzern über unterschiedliche Prototypen in die Produktentwicklung einbeziehen können. Im Rahmen dessen hätten wir uns sicherlich auch lange Diskussionen über Features und Use Cases sparen bzw. effektiver gestalten können. Zudem würde ich heute vom ersten Tag der Idee an intensiver mit Branchenexperten und potentiellen Partnern Gespräche führen und Beziehungen aufbauen. Aus meiner Sicht gelangt man nur so klare Einsicht in die Funktionsweisen des Zielmarktes und kann seine Annahmen zu Umsatzkanäle validieren.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Unser Marketing ist sehr analytisch getrieben. An erster Stelle steht bei uns Performance Marketing für App Downloads. Gerade als Startup müssen wir kosteneffizient unser Produkt bekannt machen. Zum Launch haben wir damals verstärkt PR und auch einzelne Offline Aktionen getestet und mussten feststellen, dass der Effekt schwer messbar und nachweisbar war.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Wir haben uns im Gründungsteam gegenseitig besonders unterstützt und schon schnell und in Verantwortungsbereiche aufgeteilt und so den Weg in eine vertrauensvolle Arbeitsteilung gefunden. Dem kommt sicherlich zu Gute, dass wir drei als Personen sehr komplementär sind. So konnten wir uns viel Zeit und anstrengende Diskussionen sparen. Darüber hinaus hat insbesondere meine Freundin Tessa mich emotional unterstützt und mit ihrem Verständnis für lange Arbeitszeiten die Zeit einfacher gemacht.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Sie sollten sich die Wichtigkeit des Faktors „Mensch“ hinsichtlich des Gründerteams, der ersten Mitarbeiter, Partner, Nutzer und Investoren bewusst machen. Oft wird in den ersten Gründungsmonaten mehr Zeit auf das theoretische ausfeilen des Konzepts verwendet als darauf Ideen zu diskutieren und zu validieren. In solche Diskussionen kann man von Anfang an alle Stakeholder integrieren und nachhaltige Beziehungen aufbauen, die in der weiteren Unternehmensentwicklung noch sehr wertvoll werden können.

Am Anfang der Gründung würde ich zunächst den Fokus auf das Team legen. Ein komplementäres Team, das sich in seinen Stärken ergänzt und die gleichen Ambitionen zum Erfolg mitbringt, ist aus meiner heutigen Sicht die wichtigste Voraussetzung gut voran zu kommen. Es hilft, früh mit möglichen Mitarbeitern, Partnern und Investoren die Idee offen zu besprechen und mit potentiellen Kunden Annahmen zu hinterfragen. Dabei ist die Herausforderung negatives Feedback zu reflektieren ohne sich davon von der Gründung abhalten zu lassen.

Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Eine umfassendere und bundesweit harmonisierte Förderung von Innovation im IT-Bereich. Es werden zwar in den meisten Bundesländern gute Förderprogramme angeboten, allerdings sind diese für angehende Gründer kaum zu überblicken und meist nur mit einem Berater erfolgreich erschließbar. Das sollte einfacher und transparenter gehen.

Zudem bin ich auch für eine Förderung von Wagniskapitalgebern wie Business Angels und Venture Capital Fonds. Diese Förderung muss nicht nur auf finanzielle Weise (z.B. durch Steuervorteile) erfolgen, sondern kann auch in staatlich unterstützten, regionalen Netzwerken geschehen, die den Know-How & Deal-Flow Transfer unter den Investoren verbessern. Solche Netzwerke können auf der anderen Seite ein zentraler Anlaufpunkt für Gründer sein, die nach Finanzierung suchen. Professionalität ist hierfür aus meiner Sicht das A&O.

Ein funktionierendes „Role Model“ gibt es dafür aus meiner Sicht auch: das Finanznetzwerk EVOBIS in München. Es ist aus dem Münchner Business Plan Wettbewerb entstanden und bietet hervorragenden Service für beide Seiten, ohne den Gründer oder (potentielle) Investoren zur Kasse zu bitten.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Vermutlich wäre ich Berater in einer Unternehmensberatung (auch wenn ich mir das heute nicht mehr vorstellen kann).

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Soundcloud.

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Die wilden Spät-90er der New Economy würde ich gerne live erleben. Einige unsere Investoren erzählen immer mal Ihre Geschichten aus dieser Zeit. Die Luft muss vor digitaler Gründungseuphorie vibriert haben.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Nichts anderes machen als heute. Vielleicht würde ich auch Startups finanziell unterstützen und mir etwas intensivere Fernreisen als Erholungsurlaube gönnen.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Mit meiner Freundin in den Bergen, in einem Segelboot auf dem Wörthsee bei München oder beim entspannten Brunch mit Freunden.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Richard Branson – er ist für mich einer der vielseitigsten und spannendsten Unternehmerpersönlichkeiten.

Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an

Zur Person:
Hendrik Braun gründete bereits als Student der WHU das Start-up Tierfc.de, sein erstes Internet-Unternehmen. Danach agierte er als Leiter des Internetwahlkampfes für die FDP zur Bundestagswahl 2009. ShopLove gründete er gemeinsam mit Timo Trumpp und Maximilian Beller Angang 2013. ShopLove bringt Produkte aus Onlineshops in ein für das iPad optimiertes Magazinformat.

15 Fragen als eBook und in gedruckter Form

“Hinter den Kulissen deutscher Start-ups: 45 Gründer über den Aufbau ihres Unternehmens”, heißt der erste Titel der neuen Buchreihe von deutsche-startups.de. Unser erstes Buch, ein Best-of der Rubrik 15 Fragen an, steht unter dem Motto: Von Gründern lernen, sich von deutschen Unternehmern inspirieren lassen. 45 Gründer berichten von Ihren eigenen Erfahrungen, geben wertvolle Tipps und teilen ihre Inspirationen mit den Lesern. Weitere Infos über “Hinter den Kulissen”

Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.