“Größere Investitionssummen schrecken uns nicht” – Jens Müffelmann von Springer

Das Medienhaus Springer öffnet sich derzeit auf mehreren Ebenen der digitalen Welt, der Start-up-Szene – unter anderem mit Axel Springer Plug&Play Accelerator, dem internen Inkubator Axel Springer IdeAS und der Beteiligung an Project […]
“Größere Investitionssummen schrecken uns nicht” – Jens Müffelmann von Springer
Donnerstag, 17. Oktober 2013VonAlexander Hüsing

Das Medienhaus Springer öffnet sich derzeit auf mehreren Ebenen der digitalen Welt, der Start-up-Szene – unter anderem mit Axel Springer Plug&Play Accelerator, dem internen Inkubator Axel Springer IdeAS und der Beteiligung an Project A. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Jens Müffelmann, Leiter des Geschäftsführungsbereichs Elektronische Medien bei Springer über Lagerbestände, das Risiko eines Scheiterns und Profifußballer.

Reden wir über Start-ups. Früher investierte Springer nur in reife Online-Unternehmen, mittlerweile aber auch in ganz frisch geschlüpfte Firmen. Warum dieser Strategiewechsel?
Unsere Strategie ist unverändert geblieben: Wir werden auch zukünftig in reifere Digitalunternehmen investieren, bei denen wir als strategischer Investor durch Verbundeffekte einen echten Mehrwert realisieren können. Neu ist, dass wir mit unserer Frühphasenoffensive unser Spektrum erweitert haben und jetzt auch gezielt Geschäftsideen in der Gründungsphase fördern. Davon profitieren beide Seiten. Gründer mit guten Ideen und Know-how können ihre Pläne umsetzen und wir als Medienunternehmen bekommen neue Impulse und können uns noch besser vernetzen.

Wird Axel Springer denn auch künftig weiter zweistellige Millionenbeträge und mehr in Übernahmen stecken?
Ja, davon ist auszugehen. Größere Investitionssummen schrecken uns nicht, wenn wir zu der Überzeugung gelangen, dass wir in ein exzellentes Team mit einem nachhaltig erfolgreiches Geschäftsmodell zu einem wirtschaftlich vertretbaren Kaufpreis investieren.

Gilt dabei weiter die Devise: Alles außer E-Commerce?
Wir bleiben auch hier unserer Strategie treu und werden keine großen Lagerbestände aufbauen oder ein umfangreiches Warenrisiko eingehen.

Womit wir auch schon bei Runtastic wären, das Springer gerade übernommen hat: Warum der Einstieg bei diesem Start-up?
Es gibt viele gute Gründe: Sport ist mit positiven Emotionen verbunden und das Bedürfnis in unserer Gesellschaft, sich sportlich zu betätigen und aktiv zu sein, steigt weiter. In diesem Zusammenhang steigt auch das Interesse der Menschen, ihre Trainingsfortschritte zu messen und zu teilen. Axel Springer besitzt darüber hinaus eine starke inhaltliche, journalistische Sportkompetenz. Runtastic hat sich innerhalb weniger Jahre zu einem profitablen und weltweit führenden Anbieter mobiler Apps entwickelt. Axel Springer sichert sich mit der Beteiligung eine strategisch gute Position im dynamisch wachsenden Markt der Smartphone-Apps. Zusammen sehen wir eine Vielzahl von Verbundeffekten.

Was bei vielen Übernahmen von Springer auffällt: Sie binden die Gründer weiter langfristig an das Unternehmen. Können nur Gründer ihr Unternehmen dauerhaft zum Erfolg führen?
Wir sind davon überzeugt, dass Gründer mit ihrer Leidenschaft, ihrer Risikofreude, ihrem Tempo und ihrem Know-How sehr gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Entwicklung der Geschäftsidee mitbringen, beispielweise Albrecht von Sonntag bei Idealo oder ein Christian Gaiser bei KaufDA. Aber genauso gibt es auch „angestellte“ CEOs in unseren digitalen Beteiligungen, die mit ähnlichen Eigenschaften Unternehmen zu einem dauerhaften Erfolg geführt haben, wie beispielsweise Ralf Baumann mit Stepstone.

Axel Springer und diverse andere Unternehmen unterstützen über ihre Acclerator-Programme momentan sehr viele junge Start-ups. Was fehlt ist die zweite Stufe der Start-up-Entwicklung: Von wem sollen diese ganzen Start-ups Folgefinanzierungen bekommen?
Bei Axel Springer Plug and Play haben rund 40 % der Start-ups bereits vor dem Demo Day eine Anschlussfinanzierung durch externe Investoren erhalten. Von daher sind wir mit der Entwicklung des ersten Programmdurchlaufs äußerst zufrieden. Generell ist aber richtig, dass in der Frühphase in Deutschland trotz der sehr positiven Entwicklung der letzten Jahre noch Nachholbedarf besteht. Gerade hier hilft uns aber auch die Partnerschaft mit Plug and Play Techcenter, durch die wir unsere Startups gezielt mit Business Angels und VCs aus dem Silicon Valley vernetzen können.

Gibt es in Deutschland oder in Europa niemanden, der diese Rolle übernehmen und Folgefinanzierungen gewährleisten könnte?
Wir haben gerade erst eine strategische Partnerschaft mit Project A Ventures geschlossen. Mit der Beteiligung schließen wir die Lücke zwischen unseren strategischen Spätphasen-Investitionen und unseren Frühphasen-Aktivitäten, unter anderem im Bereich Performance Marketing. Die Gründer von Project A sind seit Jahren erfolgreich mit dem unternehmerischen Aufbau von Online-Unternehmen. Die Otto Group zeigt, wie erfolgreich Corporate Venture Capital im handelsnahen Umfeld sein kann. Dieses Team wollen wir nun mit unserer Medienexpertise, unserem internationalen Netzwerk sowie unserer Erfahrung in Portfolioaufbau, -vernetzung und -entwicklung verstärken.

Könnte es Axel Springer nicht auch erheblich schaden, wenn von den ersten acht Plug&Play-Start-ups, in zwei Jahren der Großteil pleite oder eingeschlafen ist bzw. mangels Erfolg abgeschaltet werden musste?
Gerade beim Programm von Axel Springer Plug and Play nehmen wir das Risiko eines Scheiterns doch bewusst in Kauf. Wir wollen hier ja gerade etwas ausprobieren. Sie können es mit einer Nachwuchsakademie im Fußball vergleichen. Sie fördern sehr viele junge Talente – aber nicht alle werden später Profifußballer. Trotzdem machen Sie es. Übersetzt für uns heißt das: Wir investieren in hoffnungsvolle neue Geschäftsideen und Technologien, wissen aber auch, dass nicht jede davon langfristig kommerziell erfolgreich sein kann.

Zu guter Letzt noch diese Frage: Was kann Axel Springer von jungen Start-ups lernen – und was Start-ups von Axel Springer?
Wer bei unserem Accelerator ist, der spürt eine Energie und einen ausgeprägten Unternehmergeist, von dem wir profitieren können. Und auch wir bekommen das Feedback, dass wir als Mentoren und Partner sehr hilfreich sind.

Zur Person
Jens Müffelmann ist seit 1997 bei Axel Springer, 1999 Head of Corporate Strategy and Development, seit 2004 Leiter des Geschäftsführungsbereichs Elektronische Medien. Im Oktober spricht Müffelmann auf der David and Goliath-Konferenz, die am 30. Oktober erstmals stattfindet.

Über David and Goliath
David and GoliathDavid and Goliath ist eine internationale Investorenkonferenz, die sich mit den Themenbereichen Innovation und Unternehmertum beschäftigt. Das Ziel der Konferenz ist es, die Entstehung von neuen Technologien und neuen Geschäftsideen in etablierten Unternehmen und in Start-ups zu diskutieren und aus Gemeinsamkeiten, Unterschieden und gedanklichen Verbindungen zwischen Innovationstreibern zu lernen.

Hausbesuch im Springer Accelerator

Der Axel Springer Plug and Play Accelerator ist auf jeden Fall einen Besucht wert. Allein die Wände erzählen stundenlang Geschichten. Die Start-ups sind aber auch interessant. Einige Eindrücke in unserer Fotogalerie.

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.