#Interview

“Das Umdenken in der Startup-Szene kommt uns sehr entgegen”

Remedium kümmert sich um die Erbauseinandersetzung von Immobilien. "Mit der Remedium-Lösung haben wir eine Dienstleistung entwickelt, die vorher noch nicht angeboten wurde", sagt Gründer Robert Lindenstreich zum Konzept des FinTechs
“Das Umdenken in der Startup-Szene kommt uns sehr entgegen”
Dienstag, 21. Mai 2024VonAlexander Hüsing

Das Frankfurter FinTech Remedium, von Florian Kania und Robert Lindenstreich ins Leben gerufen, hat sich die Erbauseinandersetzung von Immobilien zum Thema gemacht. Und so funktioniert das System: “Remedium erwirbt den Anteil verkaufswilliger Miterben zeitnah und zu einer angemessenen Bewertung. Hierfür erfolgt eine sog. Teilerbauseinandersetzung.” Im Interview mit deutsche-startups.de stellt Gründer Lindenstreich das Konzept von Remedium einmal ausführlich vor.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Remedium erklären?
Allein in Deutschland werden jedes Jahr Immobilien im Wert von rund 200 Milliarden Euro vererbt. Ein signifikanter Teil hiervon landet in Erbengemeinschaften, innerhalb derer es zu Uneinigkeit über die Verwendung der Immobilie kommt. Wenn z.B. der Bruder das Haus verkaufen will, während die Schwester es lieber behalten will, bringt dies große Probleme mit sich: die Miterben sehen kein Geld, es kann zu langwierigen Gerichtsverfahren kommen und, infolge der Uneinigkeit über die Verwaltung des Objekts, oftmals auch zu einem Leerstand und Verfall des Hauses. Letztlich bedeutet dies eine erhebliche finanzielle und nervliche Belastung für Betroffene. Remedium bietet Erbengemeinschaften in solchen Situationen die erste gütliche und wirtschaftliche Lösung: wir erwerben den Anteil der ausstiegswilligen Miterben. Anschließend stellen wir als neuer Miteigentümer eine wertorientierte Bewirtschaftung des Objekts für den haltewilligen Miterben sicher. Auf diesem Wege erhält der verkaufende Miterbe sein ersehntes Geld, während der haltewillige Miterbe, entsprechend seiner Zielsetzung, am Haus beteiligt bleibt. Obendrein bekommt dieser mit uns einen professionellen Partner ins Boot, der sich um das Objekt kümmert. Als positiver Nebeneffekt bleibt der Familienfrieden gewahrt. 

Wie wollt Ihr Geld verdienen, also wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Remedium skaliert ein preiswertes Anteilsportfolio und steigert Rendite, Wert und Nachhaltigkeit der erworbenen Objekte: Zum einen erwerben wir die Anteile zu einem moderaten Preisabschlag. Zum anderen werden die Objekte durch eine professionelle Bewirtschaftung in einen guten Zustand versetzt und einer marktgerechten Vermietung zugeführt. Auf diesem Wege steigern wir die Mietrenditen und profitieren zusätzlich von einer attraktiven Wertsteigerung des Hauses, sowohl unmittelbar nach Umsetzung der Maßnahmen als auch im Zeitverlauf. Durch die Ankaufsfinanzierung über Partner wahren wir hierbei eine hohe Eigenkapitaleffizienz. Die Folge besteht in VC-Returns ohne VC-Risiko.

Wie ist die Idee zu Remedium entstanden?
Rund 30 % der Deutschen haben einer Erhebung nach bereits Erbkonflikte miterlebt. Auch mein Co-Founder und ich kennen Uneinigkeit über geerbtes Immobilieneigentum aus unserem privaten Umfeld. Das brachte uns dazu, uns mit der Frage zu beschäftigen, welche Lösungen Miterben in solchen Situationen nutzen können: Das Rechtssystem bietet den Klageweg bzw. die sog. Teilungsversteigerung. Hierbei wird das gesamte Haus zwangsversteigert und der Erlös unter den Miterben aufgeteilt. Meist erfolgt der Zuschlag jedoch deutlich unter dem Marktwert. Zudem dauert das Verfahren Jahre, kostet viel Geld und lässt die Ziele des haltewilligen Miterben außer Acht. Schließlich will dieser das Haus ja behalten, statt es zu versteigern. Alternativ können Miterben ihren Anteil am Nachlass an so genannte Erbteilskäufer veräußern. Dies allerdings nur zu sehr hohen Abschlägen, während die verbleibenden Miteigentümer hierbei zudem nicht vor einer Teilungsversteigerung geschützt sind. Wir haben darin eine eklatante Lücke erkannt und bieten mit Remedium die kundenfreundliche Lösung, die beiden Seiten hilft und ein echtes „Volksproblem“ adressiert. Das war längst überfällig.

Wie oder wo hast Du Deinen Mitgründer Florian Kania kennengelernt?
Mein Co-Founder Florian Kania und ich haben gemeinsam im gleichen Jahrgang an der WHU in Vallendar studiert und sind dort zu guten Freunden geworden. Anschließend haben wir beide mehrere Jahre im Investmentbanking gearbeitet, Florian unter anderem bei Goldman Sachs und ich unter anderem bei Rothschild.

Was waren die größten Herausforderungen, die Ihr bisher überwinden musstet?
Mit der Remedium-Lösung haben wir eine Dienstleistung entwickelt, die vorher noch nicht angeboten wurde. Miterben, die von Uneinigkeit in ihrer Erbengemeinschaft betroffen sind, wenden sich mit ihrem Problem daher – oftmals vergeblich und zudem mit hohem Kostenaufwand – zunächst an andere Berufsgruppen, wie etwa Juristen, in der Hoffnung, dort Hilfe zu erhalten. Die große Aufgabe für uns ist es letztlich, Immobilienerben zu zeigen, dass dies nicht mehr notwendig ist, das heißt, sie in Kenntnis darüber zu setzen, dass es Remedium überhaupt gibt. Dies erfordert einen klugen Mix aus autarker Kundengewinnung – wozu bereits das große Interesse an uns von Seiten der Leit- und Wirtschaftsmedien beigeträgt – sowie eine Auswahl geeigneter Unternehmenspartner. Glücklicherweise spricht unsere Lösung für sich: sobald Immobilienerben von unserem Ansatz erfahren, sind sie sehr von ihm angetan und hätten sich erhofft, ihn schon früher nutzen zu können. 

Es herrscht weiter Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Mit welchen Erwartungen blickst Du auf die kommenden Monate?
Wir denken, dass das momentane Umdenken in der Startup-Szene hin zu Profitabilität uns sehr entgegenkommt. Gleiches gilt im Übrigen für das Marktumfeld im Immobilienbereich: wir generieren ein starkes Kundeninteresse und profitieren von günstigen Objektbewertungen. Dies entgeht auch Investoren nicht. Wir blicken daher sehr positiv auf die kommenden Monate. 

Wo steht Remedium in einem Jahr?
Alle Immobilienerben in Deutschland müssen darüber informiert sein, dass Remedium ihnen Abhilfe verschafft.

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Foto (oben): Remedium

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.