#Interview

“Gute Startups mit soliden Geschäftsmodellen funktionieren nach wie vor”

Bei Senken aus Berlin geht es um Emissionsgutschriften. Das Team, das teils in Südafrika sitzt, lernte seinen Hauptinvestor über einen Twitter Space kennen. "Danach waren wir im Austausch, bis wir dann unsere Finanzierungsrunde gestartet haben", erzählt Gründer Adrian Wons.
“Gute Startups mit soliden Geschäftsmodellen funktionieren nach wie vor”
Dienstag, 5. März 2024VonAlexander Hüsing

Das Berliner FinTech Senken, 2022 von René Schäfer, Adrian Wons und Djamel Mekibes gegründet, bringt sich als “Handelsplattform für tokenisierte Emissionszertifikate” in Stellung. Auf dem Senken-Marktplatz können dabei “die den Zertifikaten zugrunde liegenden Projekte unkompliziert eingesehen und transparent verglichen werden”. Gründer Wons arbeitet mit der Hälfte des Team von Kapstadt aus an Senken. Das restliche Team sitzt in Berlin.

Derzeit wirken 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Unternehmen. Obvious Ventures, Offline Ventures, Inflection, Kraken Ventures und Climate Capital investierten zuletzt 7,5 Millionen US-Dollar in Senken. Im Interview mit deutsche-startups.de stellt Senken-Gründer Wons das Konzept hinter seinem Unternehmen einmal ganz ausführlich vor.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Senken erklären?
Wir unterstützen Unternehmen auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und dem Erreichen ihres “Netto-Null”-Zieles. Das bedeutet, dass ein Unternehmen so viel CO2 einspart wie möglich und danach den unvermeidbaren Rest mit Investitionen in Klimaprojekte ausgleicht.

Wie genau funktioniert Euer Geschäftsmodell?
Wir sind ein digitaler Marktplatz für den Handel mit hochqualitativen CO2-Zertifikaten. Unser Service besteht in der datengetriebenen Risikoanalyse der Klimaprojekte. Wir verdienen an den Transaktionen auf unserer Plattform und nehmen einen geringen Prozentteil des Gesamtvolumens der bei einer Transaktion gekauften oder gehandelten Credits. “Traditionelle” Broker nehmen um die 40%.

Wie ist die Idee zu Senken entstanden?
Ich habe mich schon länger mit Nachhaltigkeit, besonders in Unternehmen beschäftigt. 2021 hatte ich dann einen Forschungsreise nach Südafrika, bei dem ich Farmer interviewt habe, was sie zu nachhaltiger Landwirtschaft bewegen würde. Diese meinten, dass einer der größten Incentivierungen der freiwillige Emissionshandel sein würde. Sie erzählten mir aber auch von den Schwierigkeiten, die sie im freiwilligen Emissionshandel hatten. Speziell das Problem der Vorfinanzierung ihrer Projekte, aber auch allgemeine Hürden im Markt wie Intransparenz und daraus folgende Unglaubwürdigkeit. 

Du lebst und arbeitest von Kapstadt aus an Senken. Wie funktioniert das im Alltag genau und wie sieht das Zusammenspiel mit dem Team in Berlin aus?
Da die Hälfte unseres Teams auch wirklich Südafrikaner sind und aus Kapstadt arbeiten, funktioniert das ziemlich einfach und gut. Mit quasi keiner Zeitverschiebung umso mehr. Vor kurzem hat uns auch mal unser ganzes Berliner Team in Kapstadt besucht und wir haben ein paar der Klimaprojekte besucht, die wir über unsere Plattform unterstützen.

Was waren die größten Herausforderungen, die Ihr bisher überwinden musstet?
Es gibt zwei große Herausforderungen. Erstens: Einerseits die Klimaprojekte zu verifizieren und zu auditieren. Da die meisten unserer Projekte im globalen Süden stattfinden, müssen wir viele Dinge sicherstellen, wie zum Beispiel soziale Gerechtigkeit, Verteilung der Gelder an die Communities und mehr. Das ist zum Teil sehr aufwändig und ist auch mit interkulturellen Hürden versehen. Zweitens: Unternehmen von Nachhaltigkeit zu überzeugen. Leider ist das Thema immer noch nicht so hoch angesiedelt wie es sein sollte. Schönerweise haben wir es letztes Jahr mit sehr viel Aufklärung geschafft, aufzuzeigen, dass Nachhaltigkeit eine riesige unternehmerische Chance ist.

Es herrscht weiter Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Mit welchen Erwartungen blickst Du auf die kommenden Monate?
Krise fühle ich bei uns nicht. Ich glaube, dass gute Startups mit soliden Geschäftsmodellen nach wie vor gut funktionieren werden. Vor allem im Klimabereich. Deswegen bin ich super optimistisch für die kommenden Monate und hoffe, dass wir unsere bestehenden Partner noch mehr unterstützen können und weitere dazukommen werden.

Ihr konntet bereits Investorengelder einsammeln. Wie seid ihr mit euren Geldgebern in Kontakt gekommen?
Unser Hauptinvestor Obvious Ventures ist lustigerweise über einen Twitter Space, in dem ich gesprochen habe, auf uns aufmerksam geworden. Danach waren wir ein paar Monate lang im Austausch, bis wir dann unsere Finanzierungsrunde gestartet haben.

Wo steht Senken in einem Jahr?
Da habe ich zwei Hoffnungen: Die Erste ist natürlich, dass wir zu einem etablierten Player im DACH-Raum werden. Die Zweite dreht sich um unsere Rolle als “Erklärer” für die Chancen, die der freiwillige Emissionshandel Unternehmen bietet. Der steht immer wieder in der Kritik, und das nicht zu unrecht. Wir arbeiten an einer Lösung, die effektiv ist und der Unternehmen vertrauen können. Die Klimakrise bewältigen wir nur mit mehr Ehrlichkeit. 

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Foto (oben): Senken

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.