#Interview

“Ich investiere nicht nur nebenbei oder weil es in Mode ist”

Der ehemalige Formel 1-Star Nico Rosberg investiert inzwischen seit einigen Jahren in junge und aufstrebende Startups. "Ich hatte schon immer ein Faible für Innovationen und Technologie", sagt Rosberg zu seiner Motivation Geld in junge Unternehmen zu stecken.
“Ich investiere nicht nur nebenbei oder weil es in Mode ist”
Mittwoch, 7. Februar 2024VonAlexander Hüsing

Formal-1-Weltmeister Nico Rosberg, der seine Rennkarriere 2016 beendete, machte sich in den vergangenen Jahren einen Namen als Investor. Inzwischen ist Rosberg an mehr als 35 Startups beteiligt – darunter Fuse, Insify, Ivy, Lilium, Nucao, Vay, Volocopter und What3Words. Anfangs investierte der ehemalige Rennfahrer dabei ausschließlich in Themen wie E-Mobilität und GreenTech. Inzwischen ist er deutlich breiter aufgestellt.

“Mich reizt es, Geld in talentierte Gründer zu investieren, deren Ziel es ist, aus einer Idee ein Business zu bauen, das dann potenziell einen positiven Beitrag für uns als Gesellschaft bringt. Das finde ich total spannend. Und ich hatte schon immer ein Faible für Innovationen und Technologie. Schon als Nachwuchs-Rennfahrer habe ich es geliebt, mit den Ingenieuren an technischen Tweaks zu tüfteln, um jedes Hundertstel rauszuholen”, sagt Rosberg zu seiner Motivation in Startups zu investieren.

Dabei möchte er nicht auf sein Vorleben reduziert werden: “Ich investiere nicht nur nebenbei oder weil es in Mode ist, sondern betreibe das als ernsthaftes Business. Meine Vergangenheit ist dabei eher ein Asset. Viele Gründer leben fast wie Hochleistungssportler und wollen wissen, wie sie das Maximum aus sich herausholen können. Als ehemaliger Profi-Sportler weiß ich genau, wie man die beste Performance abruft und entsprechend lebt. An dieser Expertise sind sehr viele Menschen in der Startup-Szene interessiert”, führt Rosberg aus.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Rosberg außerdem über Referenzen, Bauchgefühle und Bereinigungen im Markt.

Reden wir über Geld. Was genau reizt Dich daran, Geld in junge, aufstrebende Startups zu investieren?
Mich reizt es, Geld in talentierte Gründer zu investieren, deren Ziel es ist, aus einer Idee ein Business zu bauen, das dann potenziell einen positiven Beitrag für uns als Gesellschaft bringt. Das finde ich total spannend. Und ich hatte schon immer ein Faible für Innovationen und Technologie. Schon als Nachwuchs-Rennfahrer habe ich es geliebt, mit den Ingenieuren an technischen Tweaks zu tüfteln, um jedes Hundertstel rauszuholen. Wenn ich nicht in die Formel 1 gegangen wäre, hätte ich Luftfahrttechnik studiert, ich hatte sogar schon einen Studienplatz. Und klar: Mich reizen auch die Returns, die man als Investor erzielen kann. Da reden wir in den allerbesten Fällen über Multiples von 100.

Zahlreiche aktive und ehemalige Sportler:innen investieren inzwischen in Startups. Einige Szenemenschen blicken sehr kritisch auf solche Geldgeber:innen. Was ist deine Gegenrede auf diese kritische Sichtweise auf Promi-Investoren?
Mir sind solche Vorbehalte noch nicht begegnet. Ich investiere aber auch nicht nur nebenbei oder weil es in Mode ist, sondern betreibe das als ernsthaftes Business – und das ist den Leuten, mit denen ich dabei an einem Tisch sitze, auch bewusst. Meine Vergangenheit ist dabei eher ein Asset. Viele Gründer leben fast wie Hochleistungssportler und wollen wissen, wie sie das Maximum aus sich herausholen können. Als ehemaliger Profi-Sportler weiß ich genau, wie man die beste Performance abruft und entsprechend lebt. An dieser Expertise sind sehr viele Menschen in der Startup-Szene interessiert. Es ist kein Zufall, dass viele Gründer selbst früher ambitionierte Sportler waren. 

Zu Beginn hast Du ausschließlich in Themen wie E-Mobilität und GreenTech investiert. Inzwischen investierst Du auch in andere Segmente. Woher kommt dieser Sinneswandel?
Als ich nach dem WM-Sieg 2016 meine Formel-1-Karriere für beendet erklärt habe, kam noch am selben Tag ein millionenschweres  Angebot, in der Formel E zu fahren. Ich wollte aber lieber in sie investieren. Denn für mich lag damals schon der globale Trend zur E-Mobilität auf der Hand und ich wollte diesen technologischen Wandel unterstützen, auch wegen des gigantischen wirtschaftlichen Potenzials. Dank Partner wie Mercedes und Deutsche Bahn habe ich dann schnell hochspannende Gründerteams und Startups kennengelernt, zum Beispiel von Volocopter und Tier, in die ich heute beide investiert bin. GreenTech wurde dann grundsätzlich enorm interessant und wichtig, immerhin geht es um die größte Herausforderung unserer Zeit – was gleichzeitig die Chance auf einen sehr großen Markt bedeutet. Das waren also zwei ideale Segmente für meinen Start als Investor. Ich bin aber schrittweise auch in anderen Bereichen aktiv geworden und habe in meinen inzwischen mehr als 35 Startup-Beteiligungen eine gewisse Diversifizierung. Mobilität und grüne Technologien spielen für mich aber weiter eine wichtige Rolle.

In den vergangenen Jahren warst Du auch im TV als Investor aktiv. Was hast Du aus Deiner Zeit bei “Die Höhle der Löwen” mitgenommen?
Ich mag grundsätzlich gerne Herausforderungen, denn diese anzunehmen und zu bewältigen, bringt persönliches Wachstum und Zufriedenheit. Mut zu haben ist gut. Ich fand es reizvoll, Gründer und Startups unter den High-Speed-Bedingungen einer TV-Produktion kennenzulernen und ohne jegliche Vorbereitung auf das Richtige setzen zu müssen. Mir als Wettkämpfer hat es Spaß gemacht, mich so direkt mit anderen Investoren zu duellieren. Das schärft nochmal zusätzlich die Sinne als Investor. 

Wie spricht man Dich als Gründerin oder Gründer am besten an?
Am besten über ein warmes, hoch-qualitatives Intro durch Menschen, die ich gut kenne. Viele Investoren haben einen Intro-Filter, der die Intros nach der Qualität der Intro-Geber priorisiert, weil es sonst zu viel wird. Auch ich kriege so viele Themen angeboten, dass ich mir nur die anschaue, die mir von jemandem empfohlen werden, dessen Urteil ich absolut vertraue. Es ist wichtig, auch Nein zu sagen. Die besten Intros bekomme ich oft von anderen Gründern. Wenn ein Gründer es schafft, einen Zugang zu bekommen, ist das schon ein Qualitätsbeweis. Die Besten finden immer einen Weg zum Ziel.

Wie entscheidest Du, ob Du in ein Startup investiert: Bauchgefühl, Daten, Beides oder was ganz anderes?
Ich frage mich, ob ich bei den wichtigsten Kriterien einen Haken machen kann: Da ist zum Beispiel die Qualität der Co-Investoren wichtig, Referenzen sind enorm wichtig und auch grundlegende Wettbewerbsvorteile. Ich schaue auf den USP, das Alleinstellungsmerkmal, darauf, was ein Startup besser macht als der Wettbewerb – falls es überhaupt Konkurrenz hat. Aber am Ende ist es das Gefühl im Bauch, das den Ausschlag gibt. 

Wie wichtig und bindend ist ein Businessplan?
Am Anfang nicht so wichtig, denn er wird sich sowieso noch sehr verändern. Trotzdem muss ein Gründer zeigen, dass er ein großes Verständnis aufgebaut hat, alles im Detail durchdacht hat und die Dinge mit dem verfügbaren Wissen richtig angeht. Aber das Wichtigste sind für mich wie gesagt die Persönlichkeiten der Gründer. Wenn du keine Top-Gründer hast, hilft dir auch kein perfekter Businessplan.

Welche Unterstützung kannst Du jungen Gründerinnen und Gründern bieten – neben Geld?
In erster Linie mein Netzwerk. Gerade bei der Kundenakquise bin ich sehr aktiv mit meinem Team. Ich habe Zugang zu großen europäischen Unternehmen, in Deutschland von DAX bis Mittelstand, genauso wie zu den größten VCs im Silicon Valley. Zuletzt habe ich zum Beispiel die Gründer von Watershed, einer Carbon-Accounting-Plattform aus San Francisco, mit einer der größten Banken Europas zusammengebracht. 

Wie organisierst Du den Austausch mit Deinen Portfolio-Firmen, welche Tools nutzt Du?
Wir nutzen zum Beispiel das CRM-Tool Attio, auch ein Startup, und das Projektmanagement-Tool Asana. Und ich arbeite daran, meinen Mailverkehr mit Hilfe von Templates und KI-Tools zu beschleunigen. Hier könnte ich meine Effizienz noch weiter steigern, aber ich mache das behutsam, weil ich überzeugt bin: Das Persönliche hat noch immer eine große Kraft.

Nicht jedes Startup läuft rund, nicht jedes wird ein Erfolg. Was machst Du, wenn eine Deine Beteiligungen in Schieflage gerät?
Es ist oft sehr schwer zu helfen, wenn ein Startup in eine echte Schieflage gerät. Hier geht es dann eher um Restrukturierungen und darum, neue Investitions- oder Fusionsmöglichkeiten zu finden, oft zu sehr niedrigen Bewertungen. Bei frühphasigen Investments gibt es eine gewisse Attrition Rate, die oft bei etwa 40 % liegt. Heißt: 40 % werden Insolvenz anmelden. Ab bestimmten Schieflagen sind dann eher Anwälte gefragt. Deshalb versuche ich möglichst, Support zu geben, bevor es soweit kommt.

Es herrscht weiter Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Mit welchen Erwartungen blickst Du generell auf die kommenden Monate?
Mit Optimismus. Die besten Gründer verfügen nach wie vor über sehr gute Chancen und viel Interesse von Kapitalgebern – wie zum Beispiel Jonas Andrulis, den Gründer von Aleph Alpha, den ich kenne und schätze. Die vergangenen Monate, die viele als Krise wahrgenommen haben, waren aus meiner Sicht gesund, weil sie zu realistischeren Bewertungen und einer Bereinigung im Markt geführt haben. Dass es nach einem Hype auch mal Rücksetzer gibt, ist normal. Deutschland bleibt ein guter Standort, zum Beispiel wegen der teils sehr hohen Qualität in Ausbildung und Forschung und unseren starken Industrieunternehmen. Gleichzeitig ist der Bedarf für Innovationen in der deutschen Industrie ungebrochen hoch. Hier können Startups eine echte Schubwirkung für den Wirtschaftsstandort Deutschland haben. Dafür brauchen wir politische Unterstützung. Ich bin sicher, hier kann Verena Pausder als neue Chefin des Startupverbands einiges bewirken.

Gibst Du uns zum Abschluss noch einen Einblick in Dein Anti-Portfolio – bei welchen, jetzt erfolgreichen Firmen bist Du leider nicht eingestiegen?
Rimac wäre ganz cool gewesen. Sie bauen elektrische Supersportwagen und haben mittlerweile Bugatti als gemeinsames Joint Venture mit Porsche. Ich hatte die Chance, früh reinzugehen, habe es aber nicht getan. Was sich auch gelohnt hätte: Wenn ich mehrere meiner Rennwagen aus der Formel 1 gekauft hätte. Ein Mercedes aus der Saison 2013, als ich für das Team gefahren bin, wurde vor kurzem für 18 Millionen US-Dollar verkauft. Das wäre ein Top-Investment gewesen.

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Foto (oben): Nico Rosberg, Tom Ziora

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.