#Gastbeitrag

Investment-Einbruch zum Trotz – HR-Tech ist gekommen, um zu bleiben

Trotz Investment-Einbruch ist die mittel- bis langfristige Perspektive für HR-Tech sehr positiv. Die fortschreitende Digitalisierung wird auch weiterhin dafür sorgen, dass auf neuer Technologie aufsetzende Geschäftsmodelle entstehen. Ein Gastbeitrag von Gero Hesse.
Investment-Einbruch zum Trotz – HR-Tech ist gekommen, um zu bleiben
Donnerstag, 2. November 2023VonTeam

HR-Tech-Lösungen haben sich inzwischen zu einem integralen und unentbehrlichen Bestandteil der täglichen Arbeit in Personalabteilungen entwickelt und sind für die meisten Unternehmen und Organisationen nicht mehr wegzudenken. Für viele unternehmerische Fragestellungen gibt es heute passende HR-Tech-Lösungen – von Recruiting, über Administration bis Retention samt dazugehöriger Themen wie Health, Benefits, Feedback und Education. Und jeden Tag kommen neue Lösungen auf den Markt, allein in der DACH-Region sprechen wir laut aktuellem “Saatkorn HR TECH Overview” von 489.

Doch während die Nachfrage und der Bedarf weiterhin hoch sind – schließlich hat der smarte Einsatz von HR-Tech-Lösungen mittelbar auch einen entscheidenden Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens –, ist die Investitionsbereitschaft in Deutschland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um ganze 90 % eingebrochen.

Im Detail sieht es basierend auf dem aktuellen Traxcn-Report so aus:

  • Der deutsche HR-Tech Funding Markt ist um 90 % eingebrochen: 2023 YTD 0,01 Mrd US$ Funding vs. 2022 YTD 0,92 Mrd US$.

  • Der europäische HR-Tech Funding Markt ist um 81 % eingebrochen: 2023 YTD 0,65 Mrd US$ Funding vs. 2022 YTD 3,56 Mrd US$.

  • Der globale HR-Tech Funding Markt ist um 64 % eingebrochen: 2023 YTD 4 Mrd. US$ Funding vs. 2022 YTD 11 Mrd. US$.

HR-Tech-Markt pendelt sich ein

Die fortschreitende Digitalisierung und der hohe Bedarf für Recruiting- und Retention-Lösungen haben in den vergangenen Monaten zu einer hohen Nachfrage geführt. Entsprechend viele Start-ups haben das Potenzial erkannt, sich auf diesen Bereich spezialisiert und passende Produkte und Dienstleistungen entwickelt. Im Vergleich zum Jahresanfang – mit 316 gelisteten HR-Tech-Unternehmen im „HR TECH OVERVIEW” gab es einen beeindruckenden Zuwachs um 55 % auf rund 500. Der Zuwachs seit Mai (412 Unternehmen) hat sich leicht abgeschwächt und liegt bei 20 %, im Bereich Recruiting sind in diesem Zeitraum ganze 33 Unternehmen hinzugekommen, im Bereich Retention 25, im Bereich HR Admin 9 und bei HR Suites 8.

Die Frage aller Fragen also: Was sind die Konsequenzen der ausbleibenden Investments?

Eine spannende Entwicklung, die man auch im aktuellen „HR TECH OVERVIEW“ ablesen kann, ist die zunehmende Konsolidierung des Marktes. Seit Mai 2023 gab es bei den dort gelisteten Unternehmen fünf Insolvenzen. Was ausgesprochen positiv auffällt: Sie wurden allesamt aus der Insolvenz gerettet und von anderen Marktplayern übernommen. Die IT-Recruitment-Plattform 4scotty wurde durch WeAreDevelopers übernommen, ExpertLead durch Workgenius, die Training-Platform vCoach durch Lepaya, der Lern-Marktplatz Quofox durch Archipel Academy und die Candidate-Experience-Plattform Talentry ist mit Cleverconnect fusioniert.

Krise zum Trotz – HR-Tech ist gekommen, um zu bleiben

Trotz Investment-Einbruch ist die mittel- bis langfristige Perspektive für HR-Tech sehr positiv. Die fortschreitende Digitalisierung wird auch weiterhin dafür sorgen, dass auf neuer Technologie aufsetzende Geschäftsmodelle entstehen. Und aus Marktsicht dürfte klar sein, dass Arbeitgeber, welche auch in der Krise weiterhin wachsen, Personal benötigen. Die demografische Entwicklung fängt ja gerade erst an, im Arbeitsmarkt deutlich spürbar zu werden. In den kommenden fünf Jahren werden die Babyboomer kohortenweise in Rente gehen und klaffende Lücken in den Unternehmen hinterlassen. Der eigentliche Kampf um das Gewinnen und Binden von Talenten hat also gerade erst angefangen.

Das Arbeitsmarktbarometer – der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung – fällt seit einigen Monaten und liegt derzeit mit 99,8 Punkten knapp unter der neutralen Marke von 100. Die Beschäftigungsaussichten liegen noch knapp im positiven Bereich. Das ist angesichts der Nachrichtenlage durchaus überraschend. Insofern muss man kein Prophet sein, wenn man davon ausgeht, dass bei nur geringfügiger Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Themenfelder Recruiting und Retention wieder massiv in den Fokus rücken werden. Und diese beiden Felder – das zeigt der HR-Tech Overview – bieten eine Vielzahl interessanter HR-Tech Lösungen.

Letzten Endes schaue ich verhalten positiv in die kurzfristige und sehr optimistisch in die mittel- bis langfristige Zukunft in Bezug auf HR-Tech.

Über den Autor
Gero Hesse ist Experte für Recruiting, Retention und HR-Tech. Als CEO von EMBRACE treibt er diese Themenfelder ebenso wie mit seinem Blog und Podcast SAATKORN.

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Foto (oben): Shutterstock