#Interview

“Wir haben viel Zeit in die Forschung und Entwicklung investiert”

Bei intelligent fluids dreht sich alles um "nachhaltige Reinigungsmittel für die Industrie". Wave Equity Partners und Co. investierte zuletzt 10 Millionen Euro in das Unternehmen aus Leipzig. Nun möchte sich das Team auf die "Internationalisierung konzentrieren".
“Wir haben viel Zeit in die Forschung und Entwicklung investiert”
Dienstag, 17. Oktober 2023VonAlexander Hüsing

Das DeepTech-Unternehmen intelligent fluids, das in Leipzig und Leuna residiert, kümmert sich um industrielle Reinigungs- und Entschichtungsmittel. “Die Innovation basiert auf einer patentierten Technologie, die sanfte Inhaltsstoffe zu hochdynamischen physikalisch wirkenden Fluiden kombiniert”, teilt das Team mit. Das Unternehmen, dessen Geschichte 2006 als beyond & bubbles begann, beschäftigt derzeit 25 Mitarbeitende und erwirtschaftet einen Umsatz in Höhe von 2,5 Millionen Euro.

“In diesem Jahr werden wir ihn gegenüber dem Vorjahr um 50 % steigern. Dieses Wachstum planen wir im Zuge unserer Expansion und Internationalisierung in den nächsten Jahren noch deutlich zu steigern”, sagt Intelligent fluids-Macher Christian Römlein. Wave Equity Partners investierte zuletzt gemeinsam mit der IBG Sachsen-Anhalt und dem High-Tech Gründerfonds (HTGF) 10 Millionen Euro in intelligent fluids.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der ehemalige Holmenkol-Manager Römlein nun über Klebstoffe, Chemikalien und Tests.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Intelligent fluids erklären?
Intelligent fluids stellt nachhaltige Reinigungsmittel für die Industrie her. Genau wie zu Hause regelmäßig geputzt werden sollte, müssen auch in der Industrie umfangreiche Reinigungs- und Wartungsarbeiten durchgeführt werden, um einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. Weltweit werden im industriellen Bereich jährlich über 50 Milliarden Euro für Reinigungsprodukte ausgegeben. Bis heute kommen dabei oft umweltschädliche Chemikalien zum Einsatz. Wir bieten dazu eine umweltfreundliche Alternative. Anstelle von aggressiven chemischen Lösungsmitteln verwenden wir eine völlig neue, wissenschaftlich fundierte Technologie, die alle organischen Verunreinigungen physikalisch ablöst. Unsere wasserbasierten Produkte – die intelligent fluids – lassen sich sofort mit vorhandener Infrastruktur nutzen und eignen sich für die Beseitigung aller Arten von Verunreinigungen: egal ob Farbe, Klebstoffe, Öl oder Schmutz. Unsere Reinigungsmittel sind nicht entflammbar, enthalten keine giftigen Inhaltsstoffe und sind dermatologisch getestet.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Unser Unternehmen war in den ersten Jahren von einem klaren Fokus auf Forschung und Entwicklung geprägt. Auf diesem wertvollen wissenschaftlichen Erfahrungsschatz können wir heute aufbauen. Mittlerweile hat sich unser Fokus dahingehend verlagert, die vielversprechende Technologie nicht nur weiterzuentwickeln, sondern sie gleichzeitig erfolgreich auf den Markt zu bringen. Hier konnten wir bereits erste große Erfolge verzeichnen und einige namhafte Kunden im Bereich der Elektronik und Mikroelektronik sowie in der Instandhaltung gewinnen.

Wie ist überhaupt die Idee zu Intelligent fluids entstanden?
In der EU werden jährlich Millionen Tonnen giftige Chemikalien hergestellt. Obwohl viele Reinigungsmittel als krebserregend, erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend eingestuft sind, gibt es für professionelle Reinigungsmittel im Industriesektor bisher kaum geeignete Alternativen. Als wir im Labor an “intelligenten” Flüssigkeiten geforscht und ihr Potenzial beim Ablösen von Verunreinigungen erkannt haben, war die Idee für intelligent fluids geboren. Mit unserer Technologie wollen wir nun die industrielle Reinigung von einem der umweltschädlichsten Sektoren weltweit in einen sauberen Sektor verwandeln.

Es herrscht derzeit Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Was ist Deine Sicht auf die aktuelle Eiszeit?
Wir haben das Glück, dass die Cleantech-Branche auch im Startup- und Finanzierungsumfeld weiterhin recht stabil ist, insbesondere bei Deeptech mit Impact. Wir sind deshalb nicht so stark von der aktuellen Eiszeit betroffen. Es eröffnet uns mehr Fördermöglichkeiten, dass wir eine Technologie entwickeln, die unmittelbar zur nachhaltigen Entwicklung beiträgt und in die Zeit des Green Acting fällt. Insgesamt sollte die Politik in Deutschland allerdings Innovationen in der Startup-Szene und insbesondere auch den deutschen Mittelstand noch viel stärker fördern. Mit generell gut ausgebildeten Fachkräften und einer engen Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft bietet Deutschland für Unternehmen grundsätzlich eigentlich sehr gute Bedingungen. Die überbordende Bürokratie ist dagegen ein Bremsklotz.

Wie hat sich Intelligent fluids seit der Gründung entwickelt?
Inzwischen beschäftigen wir 25 Mitarbeitende und unser Umsatz beträgt mehr als 2,5 Millionen Euro. In diesem Jahr werden wir ihn gegenüber dem Vorjahr um 50 % steigern. Dieses Wachstum planen wir im Zuge unserer Expansion und Internationalisierung in den nächsten Jahren noch deutlich zu steigern.

Euer Firmensitz ist Leipzig: Ist das ein Vor- oder ein Nachteil?
Der Standort Leipzig ist für uns ein Vorteil. Zum einen sind die Förderprogramme für Startups in Sachsen ausgezeichnet. Zum anderen passt unser Standort auch zu den Märkten, die wir erreichen wollen. Die Mikroelektronik ist ein besonders aussichtsreicher Markt für uns. Gerade in diesem Bereich passiert in Sachsen aktuell sehr viel. Der in Dresden ansässige Halbleiterhersteller Infineon ist heute schon Kunde von uns. Mit TSMC hat nun ein weiterer Chipkonzern Sachsen als Standort gewählt. Als Mitglied von Silicon Saxony können wir zudem von einem hervorragenden Netzwerk in die sächsischen Mikroelektronik-, Halbleiter-, Photovoltaik- und Softwarebranchen profitieren. Und zu guter Letzt ist Leipzig auch für unsere Mitarbeitenden eine sehr lebenswerte Stadt.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Die Corona-Pandemie kam zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Damals haben wir mehrere Gespräche mit sehr vielversprechenden Kunden und Partnern geführt – von denen viele aufgrund der Pandemie scheiterten. Aber wir haben es geschafft, uns in dieser Phase über Wasser zu halten. Dank der Investition von Wave Equity Partners können wir uns jetzt auf die Internationalisierung konzentrieren. Der Fonds investiert nur in einige wenige, speziell ausgewählte Unternehmen. Entsprechend gründlich wurde unser Unternehmen vor der Investition geprüft und einer einjährigen Due Diligence unterzogen.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben viel Zeit in die Forschung und Entwicklung unserer wissenschaftlich fundierten Technologie investiert. Unsere Produkte wurden strengen Tests unterzogen und mit führenden Konkurrenzprodukten verglichen – mit äußerst vielversprechenden Ergebnissen. Von dieser gründlichen Forschungs- und Entwicklungsarbeit profitieren wir heute sehr stark. Wir müssen keine leeren Versprechen machen, um Kunden zu locken, sondern können mit einer soliden und mit Bedacht entwickelten Technologie überzeugen.

Wo steht Intelligent fluids in einem Jahr?
In einem Jahr ist die Internationalisierung bereits in vollem Gange. Die ersten internationalen Vertriebsstrukturen werden stehen und neue Produktionsstandorte in Asien und den USA werden im Aufbau sein. Das wird uns ermöglichen, die Nachfrage von Großkunden direkt vor Ort zu bedienen. Außerdem werden wir unsere Lösungen für den Öl- und Gassektor weiterentwickeln und dort mit ersten großen Kunden in Kontakt stehen.

Startup-Jobs: Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung? In der unserer Jobbörse findet Ihr Stellenanzeigen von Startups und Unternehmen.

Foto (oben): Intelligent fluids 

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.