#Interview

“Ich habe die Dinge zu lange komplett selbst gemacht”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Wir müssen uns mehr austauschen. Gerade durch das viele Arbeiten ist man schnell allein mit seinen Gedanken und es fehlt der Austausch, der so oft die neue Perspektive bringt", ist sich Romy Lindenberg von Shavent sicher.
“Ich habe die Dinge zu lange komplett selbst gemacht”
Freitag, 1. September 2023VonTeam

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Romy Lindenberg, Gründerin von Shavent. Die Münchener Firma bietet einen nachhaltigen und hochwertigen Schwingkopf-Rasierer aus Metall, damit beim Rasieren kein Plastikmüll mehr anfällt.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Wenn Ihr jetzt eine vorbildliche Morgenroutine erwartet, muss ich Euch leider enttäuschen. Ich bin nicht Mitglied des 5 a.m. Clubs und gehe morgens auch nicht laufen. Ich bin sogar ganz furchtbar und checke direkt nach dem Aufwachen alle Shop KPIs und die wichtigsten Nachrichten. Alles so, wie man es nicht machen soll. Aber für mich klappt es super so! Da kann ich gleich während des Fertigmachens meinen Tag entsprechend (um)planen – denn sowas wie einen “Alltag” gibt es aus meiner Sicht im Startup sowieso nicht – und mein Kopf kann direkt loslegen. Im Anschluss düse ich ins Office und starte meinen Tag mit einem schwungvollen “Hallo” beim Team und einer Tasse Kaffee.

Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
Da muss ich mich tatsächlich disziplinieren. Jeder Handgriff und jede gedrehte Schraube hat noch so viel Impact in einem Startup, dass abends wirklich abzuschalten und das Handy wegzulegen mir manchmal schwerfällt. Ehrlich gesagt auch deshalb, weil mich das, was ich tue, echt begeistert. Was ich liebe, ist Zeit mit anderen Menschen zu verbringen. Mit ihnen zu quatschen, gut zu essen und zu lachen. Nichts ist besser nach einem anstrengenden Tag als gemeinsam laut zu lachen – denn dafür gibt es doch immer einen Grund.

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Da kann ich mir wenig Illusionen machen: Ich glaube, ich wusste recht genau, worauf ich mich einlasse.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Ich habe die Dinge zu lange komplett selbst gemacht. Ich bin ein großer Fan davon, alles, was man selbst tun kann, am Anfang auch selbst zu tun. Dann solltest Du so schnell es rentabel funktioniert, für alle arbeitsintensiven, aber nicht strategischen Tasks gute Partner oder Teammitglieder finden, beginnend von der Buchhaltung und Administration, bis hin zu Marketing und Kommunikation. So kannst Du Dich besser hebeln und “an” der Firma und nicht mehr ausschließlich “in” der Firma arbeiten.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Bei der Auswahl der Menschen, mit denen wir arbeiten, ist uns der persönliche Fit extrem wichtig. Skills kann man lernen, Attitude eher nicht. Deshalb führen wir von Anfang an Gespräche mit Video und im Office, reden nicht nur fachlich, sondern interessieren uns auch für die Person hinter dem CV. Wir sprechen auch sehr offen über uns, das Unternehmen, das Team usw. Denn es bringt niemandem was, wenn beide Seiten sich verstellen und am Ende merkt man dann, dass es nicht passt, oder? Mein wichtigstes Learning aus all den Jahren, in denen ich schon einstelle: Bauchgefühl entscheidet. Wenn Du ein schlechtes Gefühl im Bauch hast: HÖR DRAUF! Ich habe 100 Prozent der Fälle, in denen ich das nicht getan habe, bereut.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Tauscht Euch aus! In vielen Städten, die nicht mit “B” beginnen und mit “erlin” aufhören, ist die Vernetzung unter Gründer:innen noch viel zu schwach. Wir müssen uns mehr austauschen, kooperieren und Gedanken teilen. Gerade durch das viele Arbeiten ist man schnell allein mit seinen Gedanken und es fehlt der Austausch, der so oft die neue Perspektive auf viele Themen bringt, die es dringend gebraucht hat!

Ohne welches externe Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Sendcloud. Wenn wir während unserer “Die Höhle der Löwen” Zeit mit dem DHL-Monitor hätten arbeiten müssen, wären wir wahrscheinlich verrückt geworden.

Wie sorgt Ihr bei Eurem Team für gute Stimmung?
Offene Türen, gemeinsame Lunches, Kaffeemaschine nur an EINER Stelle des Büros, damit alle mal vorbeikommen können… Sich regelmäßig zu sehen ist so wichtig!

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Definitiv der Moment, an dem wir nach den 25 Minuten Ausstrahlung bei “Die Höhle der Löwen” die Anzahl der Bestellungen gesehen haben. Den völlig aufgelösten Blick, den sich unsere Versand-Werkstudentin Anna und ich in diesem Moment zugeworfen haben, werde ich NIE vergessen!

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Foto (oben): Shavent