#Interview

“Wir haben viermal mehr Umsatz gemacht, als Geld eingesammelt”

Die junge Geschichte von Innoloft beginnt mit einem Marktplatz, für Forschungstransfers, der kein Erfolg war. Stattdessen vermarktet das Startup Software hinter dem angedachten Netzwerk. "Das war nicht leicht. Aber die richtige Entscheidung", sagt Gründer Sven Pietsch.
“Wir haben viermal mehr Umsatz gemacht, als Geld eingesammelt”
Montag, 31. Juli 2023VonAlexander Hüsing

Das Aachener Startup Innoloft, 2019 von Sven Pietsch, Philipp Bischoff und Florian Feuer gegründet, bietet mit LoftOS eine No-Code-Entwicklungsplattform an, “die es ermöglicht, Web-Anwendungen wie Netzwerke, Marktplätze oder interne Tools zu erstellen – ohne eine Zeile Code zu schreiben”. Cohors Fortuna Capital, Mosel Ventures und mehrere Business Angels sowie Altinvestor con|energy investierten zuletzt 1 Million Euro in das Unternehmen.

Der Weg zu Innoloft war jedoch steinig! Anfangs baute das Team mit Energieloft eine Art Marktplatz, um den Forschungstransfer der RWTH Aachen zu digitalisieren. “So richtig kam er allerdings nicht zum Fliegen. Immer öfter sind jedoch Menschen auf uns zugekommen und sagten: ‘Ihr habt eine tolle Netzwerk-Plattform aufgebaut; könnt ihr sowas auch für uns machen?’ Das hat uns letztendlich den Anstoß gegeben, nicht das Netzwerk, sondern die Software dahinter anzubieten”, erzählt Gründer Pietsch.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Innoloft-Macher außerdem über gemeinsame Visionen, Skalierung und Züge.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Innoloft erklären?
In Deutschland und Europa gibt es einen riesigen Fachkräftemangel gerade im IT-Bereich. Es gibt viel mehr IT-Bedarf als Programmierer. Dies ist auch ein Grund für das Stocken der Digitalisierung in Deutschland. Oft wird nun gefragt, wie kommen wir an mehr Fachkräfte? Wir sagen: Wir haben sie schon. Mit unserer Software kann jeder Laie umfangreiche Webanwendungen wie Communities, Portale, Marktplätze oder interne Tools erstellen – ganz ohne zu programmieren. Genauso wie wir Anfang der 2000er jedem Mitarbeiter in einem Unternehmen beigebracht haben, Excel und PowerPoint zu verwenden, bringen wir jetzt jedem bei, Webanwendungen zu erstellen. Nur so machen wir die Digitalisierung schneller, günstiger und effizienter. Keine langwierigen Abstimmungen mit der IT-Abteilung, monatelange Ausschreibungen oder Warten auf IT-Agenturen. Mit unserer No-Code-Software hat jeder seine Webanwendungen in ein paar Stunden online.

Wie wollt Ihr Geld verdienen, also wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Unseren Umsatz erzielen wir klassisch mit Subscriptions. Unsere Kunden zahlen einen monatlichen Betrag zwischen 350 Euro und mehreren tausend Euro pro Monat dafür, dass sie LoftOS nutzen darf.

Wie ist die Idee zu Innoloft entstanden?
Wir sind an der RWTH Aachen gestartet. Ursprünglich wollten wir vier Gründer einer der größten Herausforderungen unserer Zeit entgegentreten: Der Energiewende. Innovationen – vor allem aus der Forschung finden nur langsam den Weg in die Wirtschaft. Gemeinsam mit ein paar Professoren wollten wir damals den Forschungstransfer der RWTH Aachen digitalisieren und haben dazu eine Art Marktplatz namens Energieloft programmiert. So richtig kam er allerdings nicht zum Fliegen. Immer öfter sind jedoch Menschen auf uns zugekommen und sagten: “Ihr habt eine tolle Netzwerk-Plattform aufgebaut; könnt ihr sowas auch für uns machen?” Das hat uns letztendlich den Anstoß gegeben, nicht das Netzwerk, sondern die Software dahinter anzubieten und damit andere zu befähigen, etwas Eigenes aufzubauen. In dem Zuge haben wir dann 2019 die Arbeit an Energieloft beendet und Innoloft ins Leben gerufen. Wir haben die Software modularisiert und whitelabel-fähig gemacht. Mittlerweile haben wir bereits so viel Flexibilität eingebaut, dass wir heute eine der umfangreichsten No-Code-Development-Plattformen im Bereich Web 2.0 sind.

Wie oder wo hast Du Deine Mitgründer:innen kennengelernt?
Philipp habe ich über einen damaligen Freund kennengelernt. Chris und Flo dann ganz klassisch über einen Post bei Facebook in der Unigruppe. Wir haben dann relativ schnell eine gemeinsame Vision entwickelt und sind seitdem gemeinsam unterwegs!

Was waren die größten Herausforderungen, die Ihr bisher überwinden musstet?
Wir haben in unser Historie gelernt, sich rechtzeitig neu zu orientieren. Wir haben nicht erst Millionen von Investorengeldern eingesammelt, um irgendetwas zu bauen und dann festzustellen, dass es keiner will. Wir sind direkt auf die Kunden zugegangen und haben verprobt, wo der tatsächliche Marktbedarf liegt. Auch während der Zeit von Energieloft haben wir mit ganz vielen unterschiedlichen Dienstleistungen Geld verdient. Das war für den Start auch in Ordnung. Irgendwann mussten wir uns dann allerdings für einen Fokus entscheiden. Das hat bedeutet: Strategie neu, Name neu, Produkt neu. Auch das Team haben wir umgestellt und uns von manchen Mitgliedern getrennt. Das war nicht leicht. Aber rückblickend die richtige Entscheidung. Heute sind wir das, was man in der aktuellen Marktlage “kapitaleffizient” nennt. Wir haben in unserer Historie bereits viermal mehr Umsatz gemacht, als wir Geld eingesammelt haben. Das machen uns in unserer Phase nicht viele nach.

Ihr konntet bereits 1 Millionen Investorengelder einsammeln. Wie seid ihr mit euren Geldgebern in Kontakt gekommen?
Tatsächlich ist die einzige Antwort: Netzwerk. Anfangs dachten wir, wir könnten einfach Investoren anschreiben und sie von uns auf der Sachebene überzeugen. Aber so funktioniert das Spiel nicht. Letztendlich waren es Partner aus unserem Netzwerk, die wiederum Bekannte hatten, die investiert haben. Diese brachten dann immer mehr befreundete Investoren mit an den Tisch.

Euer Firmensitz ist Aachen. Ist das ein Vor- oder ein Nachteil?
Vor allem in Bezug auf die Post-Corona-Zeit ganz klar ein Vorteil. Wir sagen immer etwas scherzhaft, in Berlin kommen 100.000 Startups auf 200 Studenten als potentielle Mitarbeiter. In Aachen kommen 200 Startups auf 100.000 Studenten. Auch wenn die Zahlen nicht ganz stimmen: In Aachen ist der Zugang zu Teammitgliedern viel einfacher und Mieten für Büro- und Wohnraum sind um einiges günstiger als in Berlin, München oder Köln. Geografisch ist man etwas abseits, aber zu Zeiten von Zoom und Teams ist das kein Problem. Einzig und allein die Netzwerk-Events sind hier nicht so fruchtbar wie anderswo. Wenn ich Investoren oder Kunden auf Events kennenlernen möchte, muss ich mich dann doch in den Zug setzen.

Wo steht Innoloft in einem Jahr?
In einem Jahr haben wir unsere Series A abgeschlossen und das Produkt soweit automatisiert, dass wir uns voll und ganz auf die Skalierung fokussieren können. Derzeit haben wir sowohl beim Produkt als auch im Vertrieb noch Stellen, an denen wir persönlich tätig werden. In 2024 haben wir uns dann hoffentlich vollständig in ein “tech-touch” Unternehmen verwandelt.

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Foto (oben): Innoloft

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.