#Interview

“Personalfluktuation war ein Thema, das uns wirklich zu schaffen gemacht hat”

Für Travelcircus, 2014 gegründet, wirken inzwischen 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Unternehmen, zudem auch Travelking gehört, "kommt in diesem Jahr auf einen dreistelligen Millionenumsatz. Jetzt peilt die Jungfirma das wichtige Thema Profitabilität an.
“Personalfluktuation war ein Thema, das uns wirklich zu schaffen gemacht hat”
Dienstag, 28. März 2023VonAlexander Hüsing

Das Berliner Travel-Startup Travelcircus, 2014 von Bastian Böckenhüser und Mathias Zeitler gegründet, positioniert sich als “Buchungsportal für Event-Reiseerlebnisse”. “Wir paketieren Eintrittskarten für überregionale Veranstaltungen und Attraktionen mit qualitätsgeprüften Premium-Hotels und verkaufen diese online in ganz Europa”, erklärt Gründer Bastian Böckenhüser das Konzept des Unternehmens.

Derzeit arbeiten 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Unternehmen. Die Jungfirma, zu der auch Travelking gehört, ist in Deutschland, Dänemark, Belgien, den Niederlanden, Spanien, Frankreich, Italien, Schweiz, Österreich, Tschechien, Ungarn, Polen und der Slowakei unterwegs. “Die Gruppe kommt in diesem Jahr gemeinsam auf einen dreistelligen Millionenumsatz”, sagt Böckenhüser zum Stand der Dinge bei Travelcircus.

Die Corona-Krise stellte das Unternehmen, das in der Vergangenheit 7,5 Millionen eingesammelt hat, zuletzt vor große Herausforderungen. “Neben der Ungewissheit, der finanziellen Belastung durch die Kurzarbeit und den vielen Hotelschließungen diente die Coronazeit aber auch als Accelerator für Kurzurlaub in Deutschland. So konnten wir in den sechs Monaten im Jahr 2020, 80 % unseres gesamten 2019 Umsatzes generieren. In 2021 haben wir in den gleichen sechs Monaten fast den kompletten 2019 Umsatz generiert”, berichtet Böckenhüser.

Im Interview mir deutsche-startups.de spricht der Travelcircus-Macher außerdem über Auslastungen, Eiszeiten und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Travelcircus erklären?
Wir paketieren Eintrittskarten für überregionale Veranstaltungen und Attraktionen mit qualitätsgeprüften Premium-Hotels und verkaufen diese online in ganz Europa.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Das Konzept ist von Anfang an das gleiche. In den letzten Jahren haben wir immer wieder Abweichungen gehabt und weitere Sachen getestet, um dann doch festzustellen, dass das Kerngeschäft einfach am besten funktioniert.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Hotels und Eventveranstalter haben in der Regel nie eine hun­dert­pro­zen­tig Auslastung. In der 4- und 5-Sterne Hotel-Kategorie liegt die Auslastung sogar nur bei 60 %. Wir verhandeln stark rabattierte Einkaufsraten mit den Hotels und Attraktionen und kalkulieren eine Marge in das Paket, sodass unsere Kunden immer noch eine Ersparnis haben im Vergleich zur Einzelbuchung. Hotel und Veranstalter erhöhen somit ihre Auslastung. Eine Win-Win-Win Situation.

Wie ist überhaupt die Idee zu Travelcircus entstanden?
In meiner Zeit bei Groupon habe ich einige Deals in der Veranstaltungsbranche verhandelt. Gerade für Reisende dauert die Buchung eines solchen Pakets ewig. Hotel-Qualitätscheck bei Holidaycheck, Preisvergleich bei Trivago, die tatsächliche Buchung bei Expedia oder Booking und die Ticketbuchung bei Eventim, Getyourguide oder Co. Als ich dann herausfand, wie groß der Markt ist, war mir klar, dass es hier eine einfachere all-in-one Lösung geben muss.

Es herrscht derzeit Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Was ist Deine Sicht auf die aktuelle Eiszeit?
In den nächsten Monaten wird sich zeigen, welche Startups ein nachhaltiges Geschäftsmodell betreiben und welche Firmen nur durch exzessives Venture Capital-Funding tragbar waren. Dieser Gegenwind wird den übrig bleibenden Firmen bestimmt gut tun. Für die Reisebranche gibt es derzeit aber keine Eiszeit. Wir sind im Januar über 50 % gewachsen.

Vor der jetzigen Eiszeit gab es die Corona-Krise. Wie seid ihr durch diese schwere und reisearme Zeit gekommen?
Die Corona-Krise betrachten wir als Firma mit gemischten Gefühlen. Neben der Ungewissheit, der finanziellen Belastung durch die Kurzarbeit und den vielen Hotelschließungen diente die Coronazeit aber auch als Accelerator für Kurzurlaub in Deutschland. So konnten wir in den sechs Monaten im Jahr 2020, 80 % unseres gesamten 2019 Umsatzes generieren. In 2021 haben wir in den gleichen sechs Monaten fast den kompletten 2019 Umsatz generiert.

Wie hat sich Dein Unternehmen seit der Gründung entwickelt?
Wir sind mittlerweile auf 150 Kolleginnen aus 13 Nationen gewachsen und haben Portale in Dänemark, Belgien, der Niederlande, Spanien, Frankreich, Italien, Schweiz und Österreich. In 2022 haben wir die Firma Travelking in Tschechien gekauft und arbeiten jetzt in den Märkten Tschechien, Ungarn, Polen und der Slowakei unter dem Namen Travelking. Die Gruppe kommt in diesem Jahr gemeinsam auf einen dreistelligen Millionenumsatz.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Personalfluktuation, gerade während der Corona-Zeit, war ein Thema, das uns wirklich zu schaffen gemacht hat. Hier haben wir das HR-Team weiter ausgebaut, Weiterbildungsmöglichkeiten geschaffen und unsere Mitarbeiter Incentives verbessert. Ansonsten gab es in der Vergangenheit immer mal wieder Insolvenzen von kleineren Partnern, bei denen uns geringfügige Schäden entstanden sind.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben uns immer auf unsere Kostenstruktur fokussiert und sind unserer Linie treu geblieben, jederzeit profitabel werden zu können.

Wo steht Travelcircus in einem Jahr?
In einem Jahr haben wir die Profitabilität erreicht und unser internationales Geschäft weiter kräftig ausgebaut.

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Foto (oben): Travelcircus

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.