#Interview

“Ich wusste, dass ein großer Bedarf da ist”

Das E-Learning-Startup flowkey erwirtschaftet derzeit "einen achtstelligen Jahresumsatz und einen siebenstelligen Gewinn". 50 Mitarbeiter:innen arbeiten für das Berliner Unternehmen. Auf "große Investoren" konnte das flowkey-Team bisher verzichten.
“Ich wusste, dass ein großer Bedarf da ist”
Freitag, 4. November 2022VonAlexander Hüsing

Das Berliner Startup flowkey, 2014 von Jonas Gößling, Alexander Heesing und Ahmed Hassan gegründet, hilft Onliner:innen dabei, Klavier spielen zu lernen. Das Konzept kommt an! “Wir machen einen achtstelligen Jahresumsatz und siebenstelligen Gewinn, bei einer recht kleinen Teamgröße von rund 50 Menschen. Wir haben vor kurzem die Marke von 10 Millionen registrierten Nutzern geknackt”, sagt Gründer Gößling.

Besonders in China, Japan und den USA ist flowkey ein Hit. “Generell ist der US-Markt für digitales Lernen am weitesten entwickelt. Wir haben die App von Anfang an komplett auf Englisch angeboten und auch im Marketing alles auch auf Englisch gemacht. Das ist dann einfach so passiert”, blickt Gößling zurück. Auf “große Investoren” konnte das flowkey-Team bisher verzichten. “Ich denke, dass wir genau richtig damit lagen, schnell auf Profitabilität zu setzen”, sagt Gößling.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der flowkey-Macher außerdem über Beethoven, Youtube-Videos und Profitabilität.

Wie würdest Du Deiner Großmutter flowkey erklären?
Liebe Oma, du warst ja schon immer begeistert von Klaviermusik. Du wirst es nicht glauben, aber du kannst jetzt ganz einfach von zuhause aus Klavierspielen lernen – mit unserer App flowkey. Die App zeigt dir genau, wie du deine Lieblingslieder spielst und erkennt sogar, ob du richtig spielst. Es gibt in der App ganz viele Stücke von Beethoven – die liebst du doch so sehr.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Das Konzept hat sich im Wesentlichen seit dem Start nicht verändert. Wir hatten jedoch ursprünglich geplant, es nur in einer Web-Applikation umzusetzen und nicht in nativen mobilen Apps. Wir haben aber schnell gemerkt, dass mobile Apps unumgänglich sind, um ein tragfähiges Geschäftsmodell zu haben.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Du kannst dich kostenlos bei flowkey anmelden und auch kostenlos unsere Premiumversion für sieben Tage testen. Mit der Premiumversion hast du Zugang zu allen Songs und Kursen. Das Abo kostet zwischen 9,99 und 19,99 Euro im Monat, je nach Abolaufzeit.

Wie ist überhaupt die Idee zu flowkey entstanden?
Ich liebe Musik und habe schon als Kind und Jugendlicher viel Klavier gespielt. Zur Unizeit habe ich dann versucht, mithilfe von Youtube-Videos neue Dinge am Klavier zu lernen. Mich hat das Lernen mit Videos aber nicht überzeugt, weil Videos ja einfach weiterlaufen, wenn man einen Fehler macht oder nicht hinterherkommt. Deshalb war ich nur mit dem Stoppen und Zurückspulen des Videos beschäftigt, anstatt Klavier zu spielen. Trotzdem gab es Millionen von Klicks auf Tutorial-Videos zum Klavier lernen. Deshalb wusste ich, dass ein großer Bedarf da ist, aber dass es noch keine ausgereifte Lösung gibt.

Wie hat sich Dein Unternehmen seit der Gründung entwickelt?
Wir machen einen achtstelligen Jahresumsatz und siebenstelligen Gewinn, bei einer recht kleinen Teamgröße von rund 50 Menschen. Wir haben vor kurzem die Marke von 10 Millionen registrierten Nutzern geknackt.

Wie kommt es denn eigentlich, dass ihr vor allem in den USA unterwegs seid?
Generell ist der US-Markt für digitales Lernen am weitesten entwickelt. Wir haben die App von Anfang an komplett auf Englisch angeboten und auch im Marketing alles auch auf Englisch gemacht. Das ist dann einfach so passiert.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Durch die Pandemie hatten wir zunächst ein enormes Wachstum während der Lockdowns. Gleichzeitig haben wir unternehmensintern viel verändert. Wir sind dann durch den starken Ansturm etwas blind dafür geworden, was mit unserer Unternehmenskultur passiert, ob wir die richtigen Leute eingestellt haben und ob wir überhaupt noch einen guten Job machen. Das mussten wir dann schmerzlich erkennen, nachdem der Ansturm vorbei war und es erstmal einen Nachfragerückgang gab. Auf einmal kamen die verdeckten Probleme zum Vorschein. Dabei habe ich gelernt, dass die aktuellen Kennzahlen nicht unbedingt widerspiegeln, wie gut es einem Unternehmen wirklich geht.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
In der Produktentwicklung. Unser Produkt wird gefeiert, verkauft sich gut und wird weiterempfohlen. Und ich denke, dass wir auch genau richtig damit lagen, schnell auf Profitabilität zu setzen und keine großen Investoren reinzuholen.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer;innen mit auf den Weg?
Ich bin vorsichtig mit generellen Tipps, weil jeder Mensch und jedes Unternehmen anders ist. Es kommt immer auf die Gründerin, den Gründer und die aktuelle Situation des Unternehmens an. Grundsätzlich finde ich es wichtig, dass man erkennt, wer man selbst ist, was einem wirklich wichtig ist und lernt, eine starke eigene Intuition zu entwickeln. Und man sollte gut auf sich Acht geben und die eigene mentale und physische Gesundheit im Blick haben. Ich finde Spaß auch wichtig. Wenn das eigene Unternehmen nur noch ein Kampf ist und es kaum noch Leichtigkeit und Lebensfreude gibt, sollte man etwas ändern.

Wo steht flowkey in einem Jahr?
In einem Jahr haben wir erfolgreich ein neues Produkt am Markt, das wir gerade entwickeln und testen.

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Foto (oben): flowkey

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.