#Umfrage

“Der Markt war noch nicht bereit”

11 Gründer:innen sprechen ganz offen über Fehler, Baustellen und Flops. "Anfangs waren wir etwas naiv", sagt Leopold Spenner von alcemy. "Rückblickend muss ich sagen, dass wir wahrscheinlich ein gutes Beispiel für 'Premature Scaling' sind", ergänzt Philipp Hartje von shareDnC.
“Der Markt war noch nicht bereit”
Montag, 8. August 2022VonTeam

Woche für Woche bitten wir junge und gestandene Gründerinnen und Gründer zum Interview. Eine Frage, die wir dabei häufig stellen: “Was ist bei euch bisher so richtig schief gegangen?? Hier 11 Antworten auf diese spannende Frage.

An einem Punkt dachten wir, der (schulische) Bildungsmarkt sei zu kompliziert und wir bräuchten noch ein “zweites Standbein”. Wir haben dann tatsächlich parallel eine weitere Plattform entwickelt und auch eine neue GmbH mit gleichem Gesellschafterkreis gegründet. Die Idee der neuen Plattform war, dass jede:r sein bzw. ihr Wissen in Form von Online-Kursen und digitalen Produkten teilen kann. Wir hatten einen MVP und auch schon erste Kund:innen. Doch dann ging es bei fobizz auf einmal richtig rund. Mit beiden Produkten waren wir schnell ganz schön am Limit. Letztendlich haben wir uns daher entschieden, uns auf fobizz zu fokussieren und das andere Produkt wieder zu beenden. Das war kein einfacher Prozess.
Diana Knodel, fobizz 

Von Fehlkalkulationen im App Development bis hin zu großen Projekten die schlussendlich nicht aufgegangen sind. Wir versuchen jedoch immer aus unseren Fehlern zu lernen und besser zu werden.
Predrag Tokovic, Talento Today

Rückblickend muss ich sagen, dass wir wahrscheinlich ein gutes Beispiel für “Premature Scaling” sind. Wir haben nach anfänglichen Erfolgen zu schnell den Fokus auf regionalen Roll-out und überteuert eingekauftes und wenig nachhaltiges Wachstum über Google Ads gelegt anstatt uns erstmal nur darauf zu fokussieren unsere Kund:innen und ihre Probleme genau zu verstehen und unser Produkt darauf zu optimieren. Das haben wir deutlich zu spät gemacht.
Philipp Hartje, shareDnC

Wir haben just zu Beginn der Corona-Epidemie den Mietvertrag für ein neues größeres Office unterschrieben und hatten dabei ein Wachstum an Mitarbeitern von rund einem Drittel berücksichtigt. Am 15 März haben wir alle Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt. Nicht nur, dass wir aufgrund Homeoffice unsere ganzen Onboarding-Prozesse schnell umstellen mussten, was dank unserer sowieso gegebenen digitalen Struktur ganz gut gelang, kamen wir gar nicht so richtig dazu, in das neue Office einzuziehen und entsprechend auszustatten. Dann verdoppelten wir während Corona unsere Mannschaft in 2021 und mussten nun feststellen, dass wir weder alle Mitarbeiter ins Office einladen, noch das wir jedem überhaupt einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen konnten. Das Office war ohne, dass wir jemals richtig vor Ort waren, während Corona zu klein geworden, und wir hatten weder Tische noch Stühle für unsere Mitarbeiter. Zum Glück haben wir jetzt mit Ende der Homeoffice-Pflicht ein schönes neues zu Hause gefunden und können nun auch alle Mitarbeiter wieder ins Office einladen. Viele unserer Kollegen lernen sich erst jetzt persönlich kennen.
Jan Schmidt, helden.de

Anfangs waren wir etwas naiv und dachten, dass es ausreicht, die Hersteller mit den richtigen Tools auszustatten, damit sich die Bauwirtschaft dann quasi von selbst dekarbonisiert. Wir merkten aber schnell, dass es Push and Pull braucht und dass neben den Herstellern auch die Bauunternehmen und Projektentwickler an Bord sein müssen. Das haben wir uns zu Herzen genommen und viele Gespräche mit Unternehmen entlang der gesamten bauwirtschaftlichen Wertschöpfungskette geführt.
Leopold Spenner, alcemy

Da fallen mir gleich drei Dinge ein, die in der Frühphase echte Herausforderungen waren, die wir meistern mussten. Zum einem war es die Insolvenz unseres damals größten Kunden – und das in einer sehr frühen Phase und zu einem Zeitpunkt, an dem wir richtig durchstarten wollten. Anschließend kam der Wirecard-Crash und der damit zusammenhängende Switch zu einer neuen Partnerbank in Höchstgeschwindigkeit. Das hat viele Nerven gekostet. Zusätzlich gab es dann noch dank der Chipkrise Probleme beim Roll-out im Werkstattbereich mit unserem Self-Service-Terminals, sodass wir zeitweise nicht das liefern konnten, was wir verkauft haben, weil es einen Mangel an Kartenlesern gab. Das tut natürlich immer doppelt weh. Trotz dieser Umstände in der Frühphase haben wir die Stolpersteine als großartige Teamleistung gemeistert und viel daraus gelernt.
Lasse Diener, bezahl.de

Wie bei vielen anderen Startups auch, hat die Corona-Pandemie uns vor einige Herausforderungen gestellt. Vor allem zu Beginn der Pandemie haben wir negative Auswirkungen auf unser Business zu spüren bekommen. Viele Unternehmen hatten einen Einstellungsstopp verhängt, IT-Projekte wurden teilweise pausiert und der Startup-Verband sprach die Empfehlung aus, die Zusammenarbeit mit externen Mitarbeitern zu pausieren. Innerhalb weniger Tage mussten wir unsere Umsatzprognosen und Kostenplanungen über den Haufen werfen, um der neuen Marktlage gerecht zu werden. Dazu kam ein sehr unglückliches Timing für den Umzug in ein neues, größeres Office. Dieser fiel genau auf den Beginn der Pandemie, was zur Folge hatte, dass die neu angemieteten Bürofläche, verteilt auf drei Etagen, aufgrund von Homeoffice lange Zeit leer stand und hohe Kosten verursachte. Die Situation hat sich aber wieder stabilisiert, es besteht erneut eine hohe Nachfrage nach IT-Freelancern, wir konnten im letzten Jahr viele neue Kunden gewinnen und unser Umsatz entwickelt sich sehr gut.
Alexander Schlomberg, Expertlead

Wie vielen anderen auch, hat uns die Supply Chain im Jahr 2021 einen Strich durch die Rechnung gemacht. Durch die Pandemie sind die globalen Lieferketten für Batteriezellen und Elektronikkomponenten teilweise zum erliegen gekommen, so dass wir nur die Hälfte unserer Bestellungen erfüllen konnten. Das haben wir so nicht kommen sehen.
Sebastian Berning, instagrid

Eine Menge, sonst ist man nicht innovativ genug. Zum Beispiel wollten wir zwischendurch mal Caravans, also Wohnwagen, vermieten. Die Zielgruppe war anders als beim Wohnmobil, das haben wir unterschätzt. Die Nachfrage war demensprechend schleppend. Der Höhepunkt war, dass der erste Caravan die Jungfernfahrt nicht überlebte, weil der Kunde seine Anhängerkupplung nicht korrekt befestigt hatte. Das war ein Wink des Schicksals, dass wir von der Wohnwagenvermietung lieber die Finger lassen.
Joscha Stephan, Roadfans

Baustellen und Herausforderungen gab es beinahe täglich. Der Imagewechsel, von einem innovativen Dentalunternehmen, das mit einem reinen Dentalprodukt in der ‘Höhle der Löwen’ aufgetreten ist, hin zu einem Unternehmen, das für nachhaltige Produkte im Haushalt-, Pflege- und Reinigungs-Bereich steht, war eine große Challenge, die nur mit sehr viel Marketing und Kommunikationsarbeit zu bewältigen war. Dann war natürlich die Logistik ein großes Problem in den letzten beiden Jahren, da Lieferketten gestört und die Beschaffung von Produkten und Rohstoffen mit großen Unwägbarkeiten verbunden war. Unsere Zulieferer konnten nur selten Liefertermine einhalten, sodass wir unsere Waren teilweise spontan vom einen auf den anderen Tag selbstständig quer durch Deutschland transportieren mussten, um unsere eigenen Liefertermine einhalten zu können. Aber auch auf technischer Ebene gab es große Challenges. Beispielsweise hatten wir beschlossen, unser Shopsystem zu wechseln, um bei dem neuen System mehr Möglichkeiten zur visuellen Shop-Gestaltung zu haben. Kurz bevor der neue Shop fertiggestellt war, haben wir, dank diverser Medien- und Presseberichte, eine so große Nachfrage im Shop erlebt, dass unser altes Shopsystem zusammengebrochen und der Shop nicht mehr erreichbar war. Glücklicherweise war der neue Shop schon so weit fertiggestellt, dass er noch am gleichen Tag online gehen konnte. Somit waren wir letztlich nur ein paar Stunden offline. Hätten wir aber nicht zufällig schon einige Wochen vorher, aus eigentlich ganz anderen Gründen, mit dem Aufbau des neuen Shops angefangen, wäre der Zusammenbruch des alten Shops fatal gewesen.
Burak Dönmezer, WingGuard

Der Markt war noch nicht bereit. Die Sustainable Development Goals – kurz SDGs -, 1,5 Grad, CO2-Beschränkungen, das Bewusstsein für Verbrennung. All diese Themen wurden nicht breit diskutiert und entsprechende politische Ziele haben gefehlt, als wir anfingen. Recycling ist fast vollständig reglementiert, so dass der Markt gerade erst in Gang gekommen ist – und wir sind in der Pole Position. Aber ja – wir hätten ein paar Jahre sparen können, wenn die gesellschaftliche Richtung schon früher mit konkreten Zielen vorgegeben wäre.
Gary Lewis, Resourcify

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Foto (oben): Shutterstock