#Interview

“Vor der Gründung habe ich nicht geahnt, wie sehr mich das Startup einnehmen wird”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Man sollte die Auswahl der Investoren nicht überstürzen. So wie die Investoren sich über das Startup erkundigen, in das sie investieren, sollte sich auch der Gründer über den Investor erkundigen", rät foodforecast-Gründer Justus Lauten.
“Vor der Gründung habe ich nicht geahnt, wie sehr mich das Startup einnehmen wird”
Mittwoch, 13. Juli 2022VonTeam

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Justus Lauten, Gründer von foodforecast, einem Tech-Startup das Künstliche Intelligenz (KI) zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung einsetzt.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Morgens geht’s mit dem Fahrrad ins Coworking Space. Hier startet der Tag erstmal mit einem leckeren Kaffee der Barista auf der Dachterrasse. So habe ich gleich Energie, um in den Tag zu starten und die ersten Emails zu beantworten.

Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Das ist ehrlich gesagt ganz schön schwierig. Wenn man sein eigenes Startup gründet, dann ist man eigentlich Non Stop damit beschäftigt und es fällt schwer, den Laptop zuzuklappen. Sport hilft mir auf jeden Fall, um den Kopf frei zu kriegen und auch bei meiner Lieblingsserie kann ich gut entspannen.

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Passend zu der vorherigen Frage: Vor der Gründung habe ich nicht geahnt, wie sehr mich das Startup einnehmen wird und dass ich dagegen kaum etwas tun kann.
Anfangs habe ich gegründet, um ein Produkt für Kunden:innen zu bauen. Als Gründer habe ich heute eine Vielzahl an anderen Aufgaben und muss mich auch in Themen einlesen, die mich nicht so interessieren. Die Zeit, die man hierfür benötigt, habe ich unterschätzt.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Als Gründer hat man erst einmal eine Idee und ist selbstverständlich von dieser überzeugt. Die Herausforderung war für mich anschließend, Kunden für die Idee zu gewinnen. Insbesondere die Suche nach den ersten Kunden war eine große Hürde. Das Gleiche gilt in Bezug auf die Mitarbeiter. Eine große Hürde ist es anfangs gewesen, neue Mitarbeiter von der Startup-Idee zu überzeugen, sodass diese bereit sind, ihre Zeit in das Startup zu investieren.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Man sollte die Auswahl der Investoren nicht überstürzen. So wie die Investoren sich über das Startup erkundigen, in das sie investieren, sollte sich auch der Gründer, z.B. bei anderen Startups, über den Investor erkundigen. So können beide Seiten überprüfen, ob eine Zusammenarbeit passt.
Außerdem habe ich mit der Zeit besser gelernt, bei der Umsetzung von Projekten genügend Puffer einzuplanen. Also mich sowohl zeitlich nicht zu überschätzen als auch bei der Kalkulation lieber etwas mehr Geld einzusammeln, als zu knapp zu kalkulieren.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Ich habe Mitarbeiter aus meinem eigenen Netzwerk für die Idee von foodforecast gewonnen. Gerade, wenn das Startup neu ist, findet man im eigenen Netzwerk aus Freunden, alten Studien- oder Arbeitskollegen, leichter jemanden, der Vertrauen in die Gründer und die Unternehmensidee hat. Ansonsten ist LinkedIn natürlich auch ein gutes Netzwerk, um qualifizierte Mitarbeiter zu finden.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Für mich ist das Wichtigste, ehrlich und authentisch zu sein. Das schafft eine Vertrauensbasis mit seinen Mitarbeitern, Investoren und ist die Grundlage dafür, dass das Startup auch in schwierigeren Zeiten Bestand hält.

Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Bei uns würde ohne Cloud Computing und die Teams-App nichts mehr funktionieren, da wir (fast) alle remote arbeiten.

Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Fast unser gesamtes Team arbeitet aktuell aus dem Home-Office. Die Herausforderung ist dabei trotzdem als Team zusammenzuwachsen. Wir möchten hier zukünftig mehr unternehmen und sowohl über virtuelle Kaffeepausen als auch durch persönliche Events in Köln etwas gemeinsame Zeit außerhalb der Arbeit verbringen.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Als ich anfangs auf Kundensuche ging, habe ich den Biobäcker bei mir um die Ecke angesprochen, ob er nicht Interesse an unseren KI-Prognosen hätte. Kurzerhand haben wir uns geeinigt und ich habe einen USB-Stick an seine Kasse angeschlossen, um mir die nötigen Daten der Bäckerei für das Training unserer Künstlichen Intelligenz zu holen. Ich wartete 5 Min., 10 Min., 15 Min. und die Übertragung war immer noch nicht abgeschlossen. In der Zwischenzeit hatte sich schon eine lange Kundenschlange gebildet. Die Verkäufer mussten alle Bestellungen händisch notieren und wurden langsam unruhig, da sie nicht alle Preise für die Backwaren auswendig kannten. Nach einer halben Stunde konnten endlich alle Mitarbeiter wieder auf die Kasse zugreifen. Danach haben wir eine professionellere Schnittstelle zu den Kassensysteme unserer Kunden gebaut.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen genaueren Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründerinnen und Gründer, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen gerade von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

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Foto (oben): foodforecast