#Interview

“Wenn man immer alles planen muss, ist man zu langsam”

Feather versorgt Expats mit passenden deutschen Versicherungen. Inzwischen wirken 30 Mitarbeiter:innen für das InsurTech. Feather verfügt nach eigenen Angaben derzeit über 30.000 Kundinnen und Kunden. Auf Investorengelder verzichtete das Feather-Team bisher.
“Wenn man immer alles planen muss, ist man zu langsam”
Freitag, 4. März 2022VonAlexander Hüsing

Das Berliner InsurTech Feather, das 2018 von Rob Schumacher und Vincent Audoire gegründet wurde, kümmert sich um die Versicherungen von Expats. “Wir bauen die einzige Versicherung, die du in Europa brauchst. Wir decken alles von dir ab und stellen sicher, dass es so einfach wie möglich ist, deine Versicherung zu benutzen”, erklärt Schumacher das Konzept hinter Feather. Inzwischen wirken 30 Mitarbeiter:innen für die Jungfirma. Feather verfügt nach eigenen Angaben derzeit über 30.000 Kundinnen und Kunden.

Auf große Investorengelder haben die Hauptstädter bisher verzichtet: “Wir haben, bevor wir mit der Plattform live waren, schon mit einigen VCs gesprochen, aber schnell gemerkt, dass es erst mal Sinn macht, etwas zu bauen. Und als dann die erste Traction kam, hatten natürlich viele Interesse – aber da waren wir dann zu schnell profitabel und wollten lieber alleine weitermachen, das war dann eine aktive Entscheidung”, erzählt Schumacher.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Feather-Macher außerdem über Fehler, Provisionen und Kleinigkeiten.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Feather erklären?
Ich habe das neulich der Großmutter meiner Frau erklären müssen – aber zuerst musste ich Startup erklären. Sie versteht Startups nämlich gar nicht – warum man das eigentlich machen will – und fragt immer “wann ich denn endlich wieder einen Job finde, wo man sich ordentlich um mich kümmert”. Ich konnte sie zwar immer noch nicht überzeugt von Startups, aber sie versteht jetzt, was wir tun: Wir bauen die einzige Versicherung, die du in Europa brauchst. Wir decken alles von dir ab und stellen sicher, dass es so einfach wie möglich ist, deine Versicherung zu benutzen.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Vincent – mein Mitgründer – war vorher bei N26, als noch alle Entwickler an einem Tisch saßen. Meine erste Nachricht an ihn war “Let’s do N26 for insurance”. Unser Motto war schon immer “Honest, simple insurance”, aber was das genau bedeutet, hat sich immer weiter angepasst. Wir sind mit der Zeit immer ambitionierter geworden.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Wir nehmen eine Servicegebühr, um die Produkte zu verwalten, Claims zu managen und die Plattform zu bauen. Meistens bilden wir das als Provision ab.

Wie ist überhaupt die Idee zu Feather entstanden?
Ich bin nach einer Promotion in Versicherungsmathematik in London nach München gezogen, um bei McKinsey anzufangen. Hier musste ich mich zum ersten Mal mit dem Kaufen von Versicherungen auseinandersetzen. Als Mathematiker ist eine einfache Versicherung eigentlich nicht so kompliziert, daher war ich sehr schockiert, als ich feststellen musste, dass eine Krankenversicherung nicht einfach im Internet abschließbar war. Nach ein paar Projekten bei McKinsey ist mir dann schnell klar geworden warum. Ich habe unter anderem bei einer Kernbankensystem-Migration mitgearbeitet, bei einer fünf Jahres IT-Architektur-Roadmap eines Versicherers und einigen anderen kleineren Versicherungsprojekten wie Analytik im Vertrieb oder Partner-Anbindungen. Es ist einfach viel zu viel Legacy da – die man ohne riesige Verluste nicht loswerden kann.

Wie hat sich Dein Unternehmen seit der Gründung entwickelt?
Wir haben uns seit der Gründung mit zwei Personen immer etwa jedes Jahr verdoppelt. Wir sind schon fast vier Jahre dabei und sind mehr als 30 Personen im Team. Wir haben schon über 30.000 Kunden mit Versicherungen geholfen und bauen mit vielen starken Partnern zusammen neue digitale Versicherungsprodukte.

Ihr habt euer Unternehmen bisher ohne Investoren aufgebaut, war das von Anfang an ein bewusster Schritt?
Das war nicht mit Absicht, aber leichter als in Deutschland ohne Traction Geld zu raisen. Wir haben beide keinen Exit hinter uns, und B2C ist nicht besonders attraktiv ohne Traction – ich würde auch nicht investieren. Wir haben, bevor wir mit der Plattform live waren, schon mit einigen VCs gesprochen, aber schnell gemerkt, dass es erst mal Sinn macht, etwas zu bauen. Wir haben uns übrigens bei Entrepreneur First kennengelernt, also ganz ohne Investoren sind wir nicht – allerdings ging das Geld von denen nach rund sechs Monaten alle, daher ist gebootstrapped schon das richtige Wort, auch wenn nicht zu 100 %. Und als dann die erste Traction kam, hatten natürlich viele Interesse – aber da waren wir dann zu schnell profitabel und wollten lieber alleine weitermachen, das war dann eine aktive Entscheidung.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Zum Start von Corona sind alle unseren Zahlen auf fast Null eingebrochen. Wir hatten drei Job-Postings live – und waren kurz davor, einen Jahresmietvertrag für ein Office zu unterschreiben. Stattdessen sind wir sofort alle ins Homeoffice, haben alle Jobs Posts geschlossen und hatten viel Zeit unser Produkt, weiter zu bauen. Aber so richtig schief ist nichts gelaufen. Wir hatten am Anfang immer nur für ein paar Monate Geld auf dem Konto, wenn da etwas richtig schief gelaufen wäre, gäbe es uns nicht mehr. Kleinigkeiten sind sicherlich viele schied gegangen, man macht fast jeden Fehler ein Mal: Partner falsch ansprechen und verlieren, zukünftige Mitarbeiter nicht genug begeistern und verlieren oder wichtige Hires zu spät angehen. Wir sagen, dass es Okay ist, Fehler das eine Mal zu machen, denn wenn man immer alles planen muss, ist man zu langsam. Aber zweimal geht nicht.

Und was habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben eine Firma gebaut, die gerne gute Sachen für Kunden und Mitarbeiter liefert. Das merken die Kunden und auch die Mitarbeiter. Wir bauen Produkte viel schneller und besser als Firmen, die viel mehr Geld haben.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Not all advice is equal. Wenn man lernen kann, von wem welche Hilfe nützlich ist – dann wird man sehr viel schneller. Und mehr als die Hälfte von dem advice, den man gerade am Anfang bekommt, ist eher schädlich als hilfreich. Nicht, weil die Personen es schlecht meinen, sondern häufig fehlt einfach der Kontext, um die Hilfe auf deine spezielle Situation anzupassen.

Wo steht Feather in einem Jahr?
Wir sind dann in vier europäischen Ländern live, haben die Anzahl an Kunden verfünffacht und sind auf Wachstumskurs! Dafür stellen wir auch gerade viel ein.

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Foto (oben): Feather

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.