#Interview

Ein Startup, das Unternehmen hilft, “komplexe Herausforderungen selbständig zu lösen”

paretos, 2020 gegründet, möchte "Analyseprozesse für Unternehmen so leicht zugänglich wie ein E-Mail-Programm" machen. LEA Partners und weitere Investoren sowie Business Angels investierten bereits 3,5 Millionen Euro in die Jungfirma.
Ein Startup, das Unternehmen hilft, “komplexe Herausforderungen selbständig zu lösen”
Montag, 8. November 2021VonAlexander Hüsing

Das Heidelberger Startup paretos, das 2020 von Fabian Rang und Thorsten Heilig, ehemals mooovel, gegründet wurde, möchte “Analyseprozesse für Unternehmen so leicht zugänglich und integrierbar wie ein E-Mail-Programm” machen. So sollen “umfangreiche Datenanalysen ohne Vorkenntnisse oder die Expertise von Data-Science-Spezialisten durchgeführt werden” können. Das KI-basierte Tools richtet sich an “innovative Mittelständler, dynamische Startups und Großkonzerne”.

LEA Partners und weitere Investoren sowie Business Angels investierten bereits 3,5 Millionen Euro in die Jungfirma. “Dass wir seit dem Go-Live im April 2021 extrem schnell Kunden gewinnen konnten, ist der beste Beweis, dass wir mit unserem Ansatz einen akuten Nerv treffen. Für die Erweiterung des Produkts und den Ausbau unseres Teams brauchten wir jetzt frisches Funding, da momentan in unserem Bereich Konkurrenten in UK und USA das Gaspedal durchdrücken”, sagt Gründer Heilig.

Im Interview mit deutsche-startups.de stellt der paretos-Macher das Konzept hinter seinem Unternehmen einmal ganz genau vor.

Wie würdest Du Deiner Großmutter paretos erklären?
Wenn Du eine neue Technologie nutzen willst – zum Beispiel, um mit dem Handy-Bilder von deinen Enkeln zu sehen, von denen die ganze Familie plötzlich redet – brauchst du wahrscheinlich jemanden, der dir dabei helfen kann. Wenn gerade niemand verfügbar ist, wäre es doch hilfreich, wenn es ein Programm gäbe, dass dir zeigt, wie du das Smartphone selbst bedienen kannst, um dir die Bilder anzuschauen. So ähnlich funktioniert unsere Plattform für Unternehmen, die moderne KI-basierte Algorithmen benutzen wollen, aber dafür keine oder zu wenige Experten haben. Sie unterstützt unerfahrene Anwender:innen dabei, komplexe Herausforderungen selbständig zu lösen und zu lernen, wie man zukünftigen Problemen begegnen kann.

Welches Problem genau wollt Ihr mit paretos lösen?
Die heutige Unternehmensrealität ist komplex und höchst dynamisch. Modernste Machine Learning- und Data-Science-Ansätze haben das Potential, hier extremen Mehrwert zu schaffen. Dass datengestützte Vorhersagen für Themen wie Lagerhaltungs- und Supply-Chain-Optimierung, Dynamic Pricing oder Recommendation Engines sinnvoll sind, haben zwar fast alle Organisationen auf dem Zettel, aber in der Umsetzung gibt es oft zwei Probleme. Erstens: Es fehlt häufig an internem Know-How und/oder Ressourcen. Zweitens: gibt es hohe Einstiegshürden und Kosten. Das führt dazu, dass es oft nur einen Proof of Concept gibt, der meist auch im Demo-Stadium bleibt, oder Unternehmen über ein paar Marketing-Slides hinaus keine zielführenden Schlüsse aus den verfügbaren Unternehmensdaten ziehen. Hier setzen bereits vorhandene Data-Science-Plattformen an, die aber noch zwingend von einem Data Scientist bedient werden müssen. Paretos demokratisiert diese modernen Data-Science-Methoden: Wir stellen eine Plattform bereit, die von allen Mitarbeitenden bedient werden kann und sich in die vorhandene Tool-Landschaft einfügt. Auf diese Weise stehen dem Unternehmen jederzeit und in allen Abteilungen wertvolle Datenauswertungen zur Verfügung.

Ihr konntet bereits 3,5 Millionen einsammeln. Wofür braucht ihr so früh so viel Geld?
Dass wir seit dem Go-Live im April 2021 extrem schnell Kunden gewinnen konnten – sowohl globale Konzerne . zum Beispiel Accenture oder einen der größten Paketzusteller Europas – als auch innovative Mittelständler und viele Startups und Scale-ups, die bereits sehr datengetrieben arbeiten – ist der beste Beweis, dass wir mit unserem Ansatz einen akuten Nerv treffen. Für die Erweiterung des Produkts und den Ausbau unseres Teams brauchten wir jetzt frisches Funding, da momentan in unserem Bereich Konkurrenten in UK und USA das Gaspedal durchdrücken. Wir haben mit unseren Algorithmen und unserem patentierten Ansatz geschätzte zwei Jahre Vorsprung. Diesen wollen wir ausbauen und aus Deutschland und Europa heraus die Plattform Nummer 1 für angewandte KI-Optimierung und “Data Science und as a Service” werden.

Wie ist die Idee zu paretos entstanden?
Ich bin nun viele Jahre im Bereich Digitale Transformation unterwegs – als Berater, Management Coach und zuletzt als Manager in einem Corporate-Startup. Analytics und Process Mining waren zwei wichtige Wellen für Unternehmensprozesse und eher lineare Herausforderungen, die heute nicht mehr wegzudenken sind. Aber mir ist aufgefallen, dass es viele dynamische und komplexe Fragestellungen gibt, bei denen sich die meisten Unternehmen noch schwertun, sie systematisch anzugehen. Dann habe ich bei einem Abendessen Fabian, meinen Co-Founder, getroffen. Er ist Experte für Machine Learning und Optimierungen und hat mir von seiner Idee erzählt, mithilfe eines neuartigen Ansatzes iterativ und generisch Lösungsräume mathematisch zu berechnen, auch in hoher Komplexität und Dynamik. Unsere beiden Sichtweisen – Business meets Data Science – haben sich perfekt ergänzt und eine völlig neue Herangehensweise ergeben. Seit diesem Moment hat uns das Thema nicht mehr losgelassen.

Wie wollt Ihr Geld verdienen, also wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Die paretos-Plattform ist eine komplette Software-as-a-Service-Lösung, das heißt die Kunden zahlen eine monatliche Lizenzgebühr. Diese berechnet sich aus der Anzahl der Use Cases und der Nutzung, was bei uns den Aufrufen der Algorithmen entspricht. Das ist insofern im Sales ein tolles Argument, weil bisher die meisten KI-Projekte hohe Anfangskosten haben. Bei uns kann man dagegen sehr schnell und günstig starten und dann gemeinsam wachsen, wenn der Business Value passt.

Wo steht paretos in einem Jahr?
In einem Jahr werden wir uns in Deutschland als Marktführer in unserem Bereich etabliert haben, unser Team, das in ganz Europa sitzt, ist mit weiteren tollen paretoneers weiter gewachsen und wir ermöglichen aus unserem “paretos tower” – so nennen wir das HQ in Heidelberg – mindestens dreimal so vielen Kunden wie bisher, Data Science so einfach und nahtlos zu nutzen wie deine Oma nun auch die Enkelbilder anschauen kann.

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Foto (oben): paretos

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.