#Interview

“Alles war nicht nur analog, sondern oft auch noch schlecht organisiert”

DiGastro aus Berlin bringt Restaurants und Imbisse ins digitale Zeitalter. Zu den Kunden des Startups gehören "kleine Gastronomieanbieter, aber auch große Unternehmen, wie Asiagourmet". Beim Umsatz peilt das DiGastro-Team "sobald wie möglich eine Million" an.
“Alles war nicht nur analog, sondern oft auch noch schlecht organisiert”
Donnerstag, 4. November 2021VonAlexander Hüsing

Das junge Berliner Startup DiGastro, das 2018 von den Informatikstudenten Barkin Baksel und Samir Schafii gegründet wurde, unterstützt Gastronomieanbieter bei der Digitalisierung. “Wir helfen Gastronomen mit einem transparenten und günstigen Angebot, ihre eigenen Schritte zu gehen und unabhängig zu bleiben. Unsere Kunden bekommen von uns digitale Lösungen wie eine digitale Speisekarte, ein Online-Bestellsystem und Hilfe beim Marketing”, sagt Gründer Baksel.

Die Corona-Krise war ein Beschleuniger für DiGastro. “Corona hat uns den entscheidenden Wachstumsschub gegeben. Viele Gastronomen sind eigentlich zögerlich – jetzt mussten sie. Und mit unserem Angebot bleiben sie unabhängig”, sagt Gründer Schafii . Inzwischen arbeiten 21 Mitarbeiter:innen für die Jungfirma. Zu den Kunden des Startups gehören “kleine Gastronomieanbieter, aber auch große Unternehmen, wie Asiagourmet”. Beim Umsatz peilt das DiGastro-Team “sobald wie möglich eine Million” an.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der DiGastro-Macher außerdem über Gastrokultur, SEO und Fehler im Code.

Wie würdest Du Deiner Großmutter DiGastro erklären?
Baksel: Unter vielen Gastronomen herrscht immense Unsicherheit in Sachen Digitalisierung. Dadurch sind sie Plattformen wie Lieferando ausgeliefert. Wir helfen Gastronomen mit einem transparenten und günstigen Angebot, ihre eigenen Schritte zu gehen und unabhängig zu bleiben. Denn Unabhängigkeit ist die Grundlage für eine vielfältige Gastrokultur, die ansonsten unterzugehen droht. Unsere Kunden bekommen von uns digitale Lösungen wie eine digitale Speisekarte, ein Online-Bestellsystem und Hilfe beim Marketing.

Wie ist überhaupt die Idee zu DiGastro entstanden?
Baksel: 2018 saßen wir in einem Neuköllner Imbiss. Es war eine Katastrophe. Erst konnten wir die Karte nicht entziffern. Dann fragte die Kellnerin dreimal nach, bis sie unsere Bestellungen handschriftlich aufgenommen hat und zu guter Letzt hat sie vergessen, der Küche Bescheid zu sagen. In den Wochen danach fiel uns auf, dass es eigentlich überall so ähnlich lief. Alles war nicht nur analog, wie vor hundert Jahren, sondern oft auch noch schlecht organisiert. Da war unsere Idee geboren: Das geht besser.

Wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Baksel: Wir bieten skalierbare Digitalisierungslösungen für die Gastronomiebranche an. Produkte sind eine digitale Speisekarte, Online-Bestellsysteme sowie Automation-Lösungen in den Bereichen Online-Marketing und SEO. Dabei ist uns wichtig, dass unsere Produkte leistungsfähig sind und sich gleichzeitig leicht anpassen lassen.

Schafii: Aber das bedeutendste ist, dass wir keine Umsatzbeteiligungen nehmen, wie das in der Gastronomie sonst üblich ist. Diese liegen zum Teil bei 30 % und mehr. Wir haben ein transparentes und günstiges Abomodell mit Fixpreisen – Software as a Service für Gastronomen. Unsere Kunden sind kleine Gastronomieanbieter, aber auch große Unternehmen, wie Asiagourmet mit mehr als 70 Filialen oder das Grand Casino Basel.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Schafii: Bei uns war das ein bisschen anders. Corona hat uns den entscheidenden Wachstumsschub gegeben. Viele Gastronomen sind eigentlich zögerlich – jetzt mussten sie. Und mit unserem Angebot bleiben sie unabhängig. Das ist anders, wenn sie beispielsweise beim Thema Lieferdienst mit Zalando und Co. zusammen arbeiten. Hier verlieren sie die Kontrolle und werden auf das möglichst schnelle Zubereiten von Speisen reduziert. Als der Staat schließlich großzügige Zuschussprogramme für Digitalisierungsprojekte in der freien Wirtschaft aufgelegt hat, hatten wir genau das richtige Angebot zum richtigen Zeitpunkt.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist DiGastro inzwischen?
Baksel: Wir sind mittlerweile 21 angestellte und freie Mitarbeiter, haben Büroräume in Berlin-Mitte. Mehrere hundert Kunden nutzen bereits unsere Lösungen. Das ist derzeit auch die wichtigste Kennzahl für uns: So schnell wie möglich einen größeren Kundenstamm aufbauen und die Effizienz dadurch weiter steigern. Beim Umsatz wollen wir sobald wie möglich eine Million schaffen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Schafii: In der Anfangszeit hatten wir einmal einen kleinen Fehler im Code unserer digitalen Speisekarte. Mit großen Auswirkungen. Alle digitalen Speisekarte wurden mit ASCII-Symbolen dargestellt. Kunden beschwerten sich. Wir haben das natürlich dann gefixt. Aber der Schreck war zunächst groß.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Baksel: Gastronomen sind eine sehr spezielle Zielgruppe. Die Kommunikation klappt nicht ohne weiteres. Deshalb hat jeder Kunde von uns einen eigenen Ansprechpartner im Unternehmen. Das ist sehr persönlich und funktioniert für beide Seiten sehr gut. Das wird übrigens besonders von unseren Großkunden wert geschätzt.

Wo steht DiGastro in einem Jahr?
Baksel: Wir sind gewachsen. Wir werden eine Finanzierungsrunde hinter uns haben. Das Geld wollen wir dann nutzen, um auch durch Zukäufe und Kooperationen unsere Kundenbasis zu vergrößern. 1.000 Kunden ist das Ziel.

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Foto (oben): DiGastro

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.