#Interview

“Im ersten Jahr haben wir mit einer E-Mail-Liste und Drop-ins gearbeitet”

Das junge Beauty-Startup gitti, das Nagellack verkauft, trumpfte im vergangenen Jahr nicht nur im TV, bei "Die Höhle der Löwen" auf, sondern auch bei Investoren. Xange, Grazia Equity und btov Partners investierten bereits rund 10 Millionen in die Jungfirma.
“Im ersten Jahr haben wir mit einer E-Mail-Liste und Drop-ins gearbeitet”
Donnerstag, 23. September 2021VonAlexander Hüsing

Das Berliner Startup gitti, das 2018 von Jennifer Baum-Minkus gegründet wurde, setzt auf veganen Nagellack. “Im ersten Jahr haben wir mit einer E-Mail-Liste und Drop-ins gearbeitet, sodass die neuen Produkte nur in einer begrenzten Auflage erhältlich waren. Jetzt gibt es alle gitti-Produkte zu jeder Zeit online. Zu bestimmten Jahreszeiten gibt es zusätzlich von uns eigens entwickelte Farben, die nur in limitierter Auflage erhältlich sind”, sagt Gründerin Baum-Minkus

Der deutsche-französische Geldgeber Xange, Martin Avetisyan und Alexander Frolov von Target Global investieren zuletzt gemeinsam mit den Altinvestoren 6,9 Millionen Euro in gitti. Grazia Equity und btov Partners pumpten Ende 2020 zuvor bereits 3 Millionen Euro in das Startup. Inzwischen arbeiten mehr als 40 Mitarbeiter für das junge Unternehmen, das 2020 an der Vox-Show “Die Höhle der Löwen” teilgenommen hat – siehe “gitti: Ein Investorentraum jenseits der Sweet Spots“.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht gitti-Gründerin Baum-Minkus über Leidenschaft, Inhaltsstoffe und ihr Unternehmenerinnenleben als Sologründerin.

Wie würdest Du Deiner Großmutter gitti erklären?
Wir stellen Beauty-Produkte her, die besser sind für Dich und unseren Planeten. Das machen wir, weil in traditionellen Beauty-Produkten Inhaltsstoffe enthalten sein können, die Dir und unserer Umwelt schaden könnten. Wir verkaufen unsere Produkte im Internet und Du bekommst sie nach Hause geschickt. Wir achten darauf, dass wir sehr umweltbewusst vorgehen.

Hat sich das Konzept, das Geschäftsmodell, in den vergangenen Jahren irgendwie verändert?
Wir verkaufen über unseren eigenen Online-Shop. Im ersten Jahr haben wir mit einer E-Mail-Liste und Drop-ins gearbeitet, sodass die neuen Produkte nur in einer begrenzten Auflage erhältlich waren. Jetzt gibt es alle gitti Produkte zu jeder Zeit online. Zu bestimmten Jahreszeiten gibt es zusätzlich von uns eigens entwickelte Farben, die nur in limitierter Auflage erhältlich sind.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Da wir schon immer sehr digital gearbeitet haben, war der Übergang für uns gut zu händeln. Wir mussten uns auch erst mal an das Remote-Arbeiten gewöhnen. Ein junges Unternehmen lebt auch von der Energie und Leidenschaft des Teams, was persönlich nochmal viel intensiver ist. Wir sind über verschiedene Tools verbunden und machen jeden Tag einen Check-in in den einzelnen Teams. Wir sind im letzten Jahr sogar gewachsen, das Team ist größer geworden. Und wir haben gerade eine Series A Finanzierung über 6,9 Millionen Euro abgeschlossen, nicht mal ein Jahr nach der Seed Runde im September 2020.

Wie ist überhaupt die Idee zu gitti entstanden?
Ich wurde mal gefragt, was ich machen würde, wenn ich keine Angst hätte und spontan dachte ich an Nagellack. Das hat mich nicht mehr losgelassen und ich habe angefangen zu recherchieren und herausgefunden, wie viele schädliche Inhaltsstoffe in Beauty Produkten noch enthalten sind. Und das war erschreckend! Auf der Suche nach Alternativen bin ich nicht fündig geworden und so ist gitti zu mir gekommen, seitdem bin ich “on fire” und will mit gitti die Beauty-Industrie revolutionieren.

Wie hat sich gitti seit der Gründung entwickelt?
Es war eine aufregende Reise und wir stehen gerade erst am Anfang. Wir sind angetreten, um etwas zu verändern und die Beauty Branche aufzurütteln, zu revolutionieren. Das ist uns bis jetzt gut gelungen. Unser erstes Produkt war eine echte Innovation, eine zu 55 % auf Wasser basierende Nagelfarbe. Unsere Community wächst stetig und der Austausch ist uns sehr wichtig und soll auch weiterhin persönlich bleiben.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist gitti inzwischen?
Wir haben mittlerweile mehr als 40 Mitarbeiter plus Freelancer für zum Beispiel den PR-Bereich oder Autor:innen für unser eigenes Online-Magazin. Unser Umsatz ist in 2020 um 1.200 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Du hast gitti als Sologründerin gestartet. Was ist die größte Herausforderung, der sich Sologründer:innen stellen müssen?
Ich bin halt nur eine Person und jede:r hat Stärken und Schwächen, die man dann im Team ausgleichen kann. Zum Start war ich allein. Ich bin mir sehr bewusst, was ich kann, aber auch was ich nicht kann. Von daher war es mir von Anfang an wichtig, ein starkes Netz von Partner:innen und Mentor:innen um mich herum zu haben, die mir helfen, meine Vision zu erreichen. Besonders wichtig ist, dass man zu diesen ein sehr gutes Vertrauensverhältnis aufbaut, damit man auch auf seine ‘blinden’ Flecke hingewiesen wird.

Blicken wir einmal auf die positive Seite: Was ist der größte Vorteil, den Sologründer:innen haben?
Als Sologründerin kann ich schnell Entscheidungen treffen, was in unserer Phase wichtig ist. Dies mögen nicht immer die richtigen sein, aber die Entscheidungen werden nicht hinausgezögert. Wir haben eine starke Vision & Mission, die uns tragen. Dazu musste ich mich nicht abstimmen, sondern es war von Anfang an klar. Meines Erachtens ist das extrem wichtig für das ganze Team – zu wissen, warum wir das machen, was wir machen. Als Sologründerin habe ich schnell gelernt zu delegieren, weil ich nicht alles allein machen will und kann. Das empowered das Team und trägt dazu bei, dass sich jede:r verantwortlich fühlt.

Jetzt ein Blick auf die negative Seite: Was ist der größte Nachteil, den Sologründer:innen haben?
Ein Gründerteam kann die Stärken und Schwächen besser ausgleichen, jede:r hat seinen Bereich. Es gibt unterschiedliche Blickwinkel bei Entscheidungen, die diskutiert werden müssen und so Entscheidungen hinauszögern. Und natürlich ist ein Startup auch sehr viel Arbeit, das kann man gerade am Anfang im Team besser aufteilen.

Welchen Tipp hast Du für andere Sologründer:innen?
Erstens: Sich den eigenen Stärken und Schwächen ganz klar werden. Zweitens: Ein Team zusammenstellen, was balanciert und ausgleicht. Drittens: Schnell lernen zu delegieren und dem Team vertrauen und es empowern.

Zum Abschluss noch ein Blick in die Zukunft: Wo steht gitti in einem Jahr?
Wir bieten ein Produktportfolio, dass die gesamte Conscious Beauty Routine abdeckt, es kommen also noch einige Produktkategorien dazu. Wir tragen mit unserer Kommunikation und unserem Online Magazin the good good maßgeblich zur Aufklärung und Inspiration für natürliche und nachhaltige Beauty Produkte bei. Und können endlich die Nachfrage aus anderen Ländern bedienen.

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Foto (oben):  gitti

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.