#Interview

“Das eigene Smartphone gibt keiner gern einem kleinen Kind”

Das Unternehmen tigermedia setzt auf einen Lautsprecher für Kinder und auf einen kinderfreundlichen Streaming-Dienst. "Unser Team besteht mittlerweile aus 14 Mitarbeitern und wir haben in weniger als 1,5 Jahren bereits 100.000 tigerbox Touch verkauft", sagt Gründer Martin Kurzhals.
“Das eigene Smartphone gibt keiner gern einem kleinen Kind”
Freitag, 10. September 2021VonAlexander Hüsing

Das Hamburger Startup tigermedia bietet mit der tigerbox Touch eine kindgerechten Streamingbox für Hörspiele an. “Das funktioniert entweder mit einer fast quadratischen Karte, der tigercard, die in die Hörbox eingesteckt wird, oder per Fingerdrück auf einen Mini-Bildschirm, das Touchdisplay”, sagt Martin Kurzhals, der das Unternehmen gemeinsam mit Till Weitendorf gegründet hat. Die Jungfirma beschäftigt derzeit 14 Mitarbeiter:innen. Bisher konnte tigermedia rund 100.000 seiner Hörboxen verkaufen.

“Ursprünglich sind wir 2013 als erste deutschsprachige Kindermedienplattform an den Start gegangen, die vor allem interaktive E-Books und wenige Hörspiele führte. Aufgrund der intensiven Nutzung und Nachfrage nach mehr Hörmedien, nahmen wir mehr und mehr Hörspiele & -bücher in unser Repertoire auf. Mit Aufkommen der ersten Streamingdienste waren wir bereits der Überzeugung, dass das Konzept auch wunderbar für Kinder funktionieren würde”, blickt Kurzhals zurück.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der tigermedia-Macher zudem über Hörerlebnisse, Chips und Vertragsverhandlungen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter tigermedia erklären?
Wir haben einen Lautsprecher in Form eines Würfels entwickelt, mit dem Kinder eigenständig tausende Hörspiele, Hörbücher und Kinderlieder abspielen können: die tigerbox TOUCH. Das funktioniert entweder mit einer fast quadratischen Karte, der tigercard, die in die Hörbox eingesteckt wird, oder per Fingerdrück auf einen Mini-Bildschirm, das Touchdisplay. Denn mit der tigerbox TOUCH kann man ins Internet gehen und dort in unserer Audiothek, aber auch nur da, damit es für die Kinder sicher ist, aus mehr als 7.000 Hörmedien, zum Beispiel Hörspiele oder -bücher von Paul Maar, Astrid Lindgren, Cornelia Funke und vielen mehr wählen.

Hat sich das Konzept, das Geschäftsmodell, in den vergangenen Jahren irgendwie verändert?
Ja, ursprünglich sind wir in 2013 als erste deutschsprachige Kindermedienplattform an den Start gegangen, die vor allem interaktive E-Books und wenige Hörspiele führte. Aufgrund der intensiven Nutzung und Nachfrage nach mehr Hörmedien, nahmen wir mehr und mehr Hörspiele & -bücher in unser Repertoire auf. Mit Aufkommen der ersten Streamingdienste waren wir bereits der Überzeugung, dass das Konzept auch wunderbar für Kinder funktionieren würde. Wir entwickelten 2017 eine erste tigertones-App für Hörmedien und stellten schnell fest, dass es ein kindgerechtes Device brauchte. Das eigene Smartphone oder Tablet gibt keiner gern für längere Zeit einem kleinen Kind. Da musst Du als Elternteil immer ein Auge drauf haben, damit sich das Kind nicht in andere Apps reinklickt. Oder Du musst ständig neue Titel für die Kinder auswählen. Das macht auch keinen Spaß – dazu nutzt man die Devices normalerweise ja gern selbst. Wir arbeiteten deshalb an einem kindgerechten Endgerät und launchten 2019, passend zu unserem Streamingdienst tigertones, den es schon seit Ende 2017 gibt, die tigerbox TOUCH.

Wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Unser Starter-Set enthält eine tigerbox TOUCH und ein gratis tigerticket für 14 Tage, um den Streamingdienst tigertones auszuprobieren. Dazu gibt es tigercards, das sind Einzeltitel oder Musikalben, und wildcards, Leerkarten zum selbst bespielen. Langfristig verdienen wir an dem Verkauf der tigercards und tigertickets, wobei letztere besonders stark nachgefragt werden. 75% nutzen mittlerweile den Streamingdienst, der über das tigerticket für 1, 3, 6, 12 oder 24 Monate freigeschaltet werden kann und mit Ende der Laufzeit ähnlich einem Prepaid-Guthaben automatisch ausläuft. Alternativ können unsere User auch ein Abo über unsere App tigertones abschließen. tigercards eignen sich hervorragend zum Verschenken, Tauschen und Sammeln und sind vor allem für die Jüngsten spannend. Ältere Kinder nutzen die Mediathek intensiv. Diese befüllen wir regelmäßig mit neuem Content.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Wie so viele Unternehmen, hatten wir Schwierigkeiten innerhalb der Lieferkette. So konnten wir zeitweise keine Chips ordern und Hörboxen kamen zu spät an. Dadurch konnten die Einzelhändler weniger Boxen verkaufen, was insbesondere zur Weihnachtszeit ungelegen kam. Hinzukam, dass viele unserer Fachhändler Lockdown-bedingt schließen mussten.

Wie ist überhaupt die Idee zu tigermedia entstanden?
Till und ich haben unsere Wurzeln im Verlag Friedrich Oetinger, in dem zum Beispiel die Geschichten von Astrid Lindgren, Cornelia Funke, Sven Nordqvist und anderen bekannten Kinderbuchautor:innen zuhause sind. Mit der Gründung von tigermedia wollten wir diese in die digitale Welt überführen, damit sie bei dem riesigen Angebot an neuen Kinderserien nicht in Vergessenheit geraten. Gleichzeitig gibt es auch unter den neuen Kinderformaten so viele tolle Hörmedien. Wir wollten also eine Audio-Mediathek für Kinder schaffen, die sowohl die wunderbaren Kindheitshelden von früher, als auch eine Vielfalt an neuen Produktionen bereithält. So ist für jedes Kind etwas Passendes dabei. Die tigerbox TOUCH ist dabei unsere Lösung für kindgerechten Hörspaß. Während Erwachsene ganz selbstverständlich beim Hören zu Streamingdiensten mit Flatrate-Modellen greifen, gab es, bis wir mit der tigerbox TOUCH kamen, keinen sinnvollen Weg ins Kinderzimmer. So entstand die Idee, eine Hörbox zu entwickeln, die sowohl mit digitalen Einzelmedien, als auch mit einer Streaming-Mediathek bedient werden kann und dazu altersgerecht und sicher ist. So bieten wir Kindern und Eltern unbeschwerte Hörerlebnisse.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist tigermedia inzwischen?
Unser Team besteht mittlerweile aus 14 Mitarbeitern und wir haben in weniger als 1,5 Jahren bereits 100.000 tigerbox TOUCH verkauft. Dazu haben wir 84 tigercards gelauncht und mehr als 7.000 Hörspiele, -bücher und Kinderlieder sowie einen eigenen Podcast, die tigershow, in unserer Mediathek. 75 % der Hörbox-Besitzer:innen nutzen den Streamingdienst und rund 20 % haben sich bereits eine zweite Box zugelegt. Im Schnitt läuft die tigerbox TOUCH drei Stunden am Tag, zu Hochzeiten über Weihnachten und in Zeiten von Home Schooling sogar rund 4,5 Stunden.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Viel ist glücklicherweise nicht schief gegangen. Als uns klar wurde, dass wir unseren Fokus stärker auf Hörmedien legen wollten, haben wir begonnen, Content zu sammeln und an einem eigenen Device zu arbeiten. Das hätte natürlich schneller gehen können. Aber Vertragsverhandlungen und Softwareentwicklung brauchen nun mal ihre Zeit. Als, von Natur aus, eher ungeduldige Menschen, war das für uns beide nicht immer leicht. Gleichzeitig wollten wir natürlich auch unseren Ansprüchen und vor allem denen der kleinen Hörer:innen und ihrer Familien genügen. Daher stimmt wohl der Spruch: Gut Ding will Weile haben!

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir entwickeln Produkte für Familien, daher war und ist uns der enge Austausch mit Eltern-Communities immer wichtig. So können wir direkt Ohr anlegen und herausfinden, womit Eltern struggeln oder an welcher Stelle ihnen etwas fehlt. Dabei haben wir die tigerbox TOUCH so gestaltet, dass sie Kinder bereits ab 3 Jahren bedienen können. Der Touchdisplay wird über große Symbole und Hörspiel-Cover bedient. Lesen müssen Kinder dafür noch nicht können. Dazu hat die Hörbox einen schützenden Bumper, falls sie doch mal runterfällt. Dann gibt es eine Reihe von Features, die Eltern den Alltag erleichtern, wie die Sleep-Timer-Funktion und Alterseinschränkungen. Durch das zeitlose Design, die digitale Funktionsweise und die breite Auswahl an Inhalten, ist die Hörbox aber auch noch für 10- bis 12-Jährige spannend. So wächst die tigerbox TOUCH mit und verbleibt über lange Jahre in den Kinderzimmern.

Wo steht tigermedia in einem Jahr?
In einem Jahr wollen wir dreimal so viele Kinderzimmer mit unseren vielfältigen und wertvollen Hörmedien unterhalten, die natürlich nicht nur in Zeiten von Lockdown und Home Schooling eine klasse Unterstützung bei der Nachwuchsbetreuung sind. Das erreichen wir unter anderem über den flächendeckenden Roll-out im Einzelhandel. Viele Buch-, Spielwaren- und Elektronikhändler im DACH-Raum sind schon jetzt Partner. Die Power für den weiteren Roll-out haben wir nun mit Hilfe von alpha venture solutions, die uns im Vertrieb tatkräftig unterstützen.

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.