#Gastbeitrag

Was mache ich als Gründer:in eigentlich, wenn ich keine Ahnung von Technologie habe?

Ein Tech-Startup gründen ohne Ahnung von Technologie zu haben? Das geht, aber: Man muss wissen, worauf man sich einlässt. So lief es bei mir. Ein Gastbeitrag von Torsten R. Bendlin.
Was mache ich als Gründer:in eigentlich, wenn ich keine Ahnung von Technologie habe?
Dienstag, 17. August 2021VonTeam

Gründer*innen sind meistens Tech-Menschen. Ist ja klar, in einer sich immer schneller digitalisierenden Welt. Die meisten Startups, die man heute so kennt, sind digital – die Leute, die sie hochziehen, meistens auch. Doch was ist, wenn dem nicht so ist? Was, wenn ihr eine Idee habt, aber keine Ahnung von Technologie? Das geht auch. Und ich weiß es, denn ich habe Valuedesk gegründet, ein Software-as-a-Service-Startup. Und ich habe keine Ahnung von Technologie. Ich kann nicht programmieren und ich weiß nicht, wie man eine digitale Infrastruktur aufbaut. Aber ich habe eine Lösung dafür gefunden.

Als ich Valuedesk gegründet habe, war ich Ende 40, ich war am Höhepunkt meiner Industriekarriere angekommen und eigentlich hätte ich genauso weitermachen können. Das wäre sicher bequemer und finanziell sicherer gewesen. Ich habe mich trotzdem dazu entschieden, mich noch einmal neu zu erfinden. Denn ich hatte eine Idee und ich wollte wissen, ob sie funktioniert.

Ich war zum Glück nicht alleine

Wahrscheinlich war es gut, dass ich zu dem Zeitpunkt nicht wusste, auf was ich mich da eingelassen hatte. Denn das Gründen hat mich dazu gebracht, meine Komfortzone zu verlassen. Auf einmal musste ich mich mit Dingen auseinandersetzen, die ich noch nie gemacht hatte, und Lösungen für Dinge finden, von denen ich vorher noch nicht mal wusste, dass sie existieren.

Zum Glück war ich nicht alleine, ich habe ja Mitgründer: Ingo Rossdeutscher und Dennis Cutraro. Ingo ist Mathematiker und Physiker und ein ziemliches Brain. Er kann sich in solche Dinge hineindenken. Sein Tipp war, dass ich den Anfang mit Youtube-Videos mache. Natürlich wollte ich damit nicht wirklich lernen, wie man eine digitale Architektur baut, wie wir sie brauchten. Das hatte ich ursprünglich einmal überlegt, aber das hätte nicht funktioniert. Und doch: Wenn man sich mal ein Wochenende hinsetzt und sich einliest und hineindenkt, kriegt man wenigsten schon mal einen Überblick. Vor allem habe ich  eine Idee bekommen, nach was für Leuten ich überhaupt suchen muss.

Danach war klar, dass wir jemanden einkaufen müssen, der uns die Software programmiert. Es ist ein Allgemeinplatz in der Startup-Welt, dass man gar nicht alles wissen kann, aber dass man Leute um sich braucht, die wissen, wie die Dinge so laufen. Nur: CTO-geeignete Leute sind rar gesät; auch IT-Freelancer, die eine tragfähige digitale Infrastruktur aufbauen können, gibt es selten. Und vor allem: Man findet solche Leute in Berlin. Aber in Ostwestfalen?

Mittäter*innen statt Mitarbeiter*innen

Ich wusste, dass ich eine gute Idee hatte. Und ich war sicher, dass ich sie auch ohne Tech-Wissen verkaufen kann. Kund*innen vertrauen einer Vision. Ich habe gelernt, dass die traditionellen Unternehmen mir vertrauen, wenn man ihnen erklären kann, was man macht. Dazu brauchte ich Leute, die eine Software so entwickeln können, wie wir sie bei Valuedesk brauchten – ohne dass ich sie dabei ständig kontrollieren kann.

Um meinen Mangel an Tech-Know-how zu kompensieren, habe ich die Leute, die wir bei Valuedesk eingestellt haben, nicht einfach zu Mitarbeiter*innen gemacht. Um eine*n gute*n CTO anzulocken, braucht man entweder viel Geld (das ein Startup am Anfang meistens nicht hat) oder eine gute Idee. Ich hatte eine gute Idee. Die Leute, die überhaupt infrage kamen, waren die, die sich mit dieser Idee identifiziert haben. Und die habe ich dann zu Mittäter:innen gemacht.

Anstatt direkt mit viel Geld zu locken, konnte ich mit Wachstum und Teilhabe punkten. Dadurch haben meine Mitstreiter:innen  Mitarbeiter*innen eine intrinsische Motivation, die bestmögliche Software zu bauen. Partizipation als Push. Dadurch, dass das Team von Valuedesk an jedem Unternehmenserfolg partizipiert, weiß ich, dass alle ihr Bestes geben. Und ich weiß, dass ich nicht jedes kleinste Detail selber kontrollieren muss.

Die richtigen Partner*innen

Außerdem habe ich gemerkt, dass es sinnvoll ist, nicht alleine zu bleiben. Meine Mitgründer und ich haben uns dafür die richtigen Partner*innen gesucht. Mit der Founders Foundation haben wir einen Raum gefunden, in dem wir uns mit anderen Gründer*innen austauschen konnten. Techies haben eine besondere Fähigkeit: Sie können sehr schnell voneinander lernen. Und Leute, die ständig neuen Input bekommen, schaffen sehr schnell sehr viel Neues. Auch Plattformen wie Github sind wichtig, damit sich das Team international austauschen kann.

Als wir bei der letzten Finanzierungsrunde Geld aufgenommen haben, wusste ich, dass meine Strategie funktioniert. Denn da muss man sich tief in die Karten gucken lassen. Seitdem ist mein Fazit: Wer ein gutes Team hat, dem er vertrauen kann, muss keine Ahnung von Technologie haben, um ein Tech-Startup zu gründen. Bei mir hat es jedenfalls geklappt.

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Über den Autor
Torsten R. Bendlin ist Gründer des Bielefelder Startups Valuedesk. Der 51-Jährige hat mit Anfang 42 seinen Master of Business Administration gemacht und fünf Jahre später sein Unternehmen gegründet. Valuedesk hilft seinen Kund*innen dabei, Geld zu sparen, indem es Prozesse und Abläufe strukturiert und Sparpotenziale aufzeigt. Als Gründer hat Bendlin erkannt, dass die Mitarbeiter*innen sein wichtigstes Asset sind, um die Potenziale der Kund*innen zu erkennen. Vor seiner Gründung arbeitete er sich vom Angestellten bis in eine Führungsposition in der Industrie. Bendlin nutzt seinen Bildungsdrang und seinen Gestaltungswillen als Antrieb, um sowohl sich als auch seine Kund*innen immer wieder zu hinterfragen und voranzubringen.

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