#Gastbeitrag

Wie Startup-Finanzierungen digitaler werden

Der deutsche Startup-Finanzierungsmarkt hinkt international weiter hinterher. Um die Lücke zu anderen Ländern zu schließen, müssen mehr Privatpersonen zu Investoren werden. Als Vehikel bieten sich digitale Wertpapiere an - für öffentliche Fundings und Private Placements.
Wie Startup-Finanzierungen digitaler werden
Freitag, 28. Mai 2021VonTeam

Es war ein wichtiges Zeichen für die deutsche Start-up-Branche: Ende März brachte die Bundesregierung einen milliardenschweren Zukunftsfonds für Deutschlands Jungunternehmen auf den Weg. Zehn Milliarden Euro wollen die Minister Olaf Scholz (SPD – Finanzen) und Peter Altmaier (CDU – Wirtschaft) in die Hand nehmen, um die hiesigen Gründer zu unterstützen. Und das Geld wird dringend gebraucht: Deutschland hängt in puncto Start-up-Finanzierungen nämlich deutlich hinter Märkten wie den USA oder auch Großbritannien zurück.

Zehn Milliarden Euro – das klingt erst mal wahnsinnig viel. Doch das Geld des Bundes allein wird nicht genügen, um den Rückstand zu anderen Nationen aufzuholen und die hiesige Start-up-Branche auf die nächste Stufe zu heben. Neue Finanzierungsformen müssen her, die potenziellen Investoren den Eintritt in den Markt ermöglichen oder erleichtern – wie etwa elektronische Wertpapiere. Durch die Ausgabe von Tokens können Gründer in so gut wie jeder Phase passende Anleger und Anlegerinnern für die Finanzierung ihres Unternehmens gewinnen. Die gesamte Handhabung läuft dann einfach und schnell digital ab.

In der “Idea”-Phase geht es nicht ohne ein gutes Netzwerk. Ganz am Anfang müssen Gründer und Gründerinnen jemanden finden, den sie von sich und ihrer Idee begeistern können, um überhaupt das erste Kapital zu erhalten – beispielsweise für den Bau eines Prototyps. Wenn Start-ups niemanden aus der Familie oder aus dem Bekanntenkreis mobilisieren können, ist das oft schon der Anfang vom Ende. Venture Capital und Business Angels sind an diesem Punkt noch sehr weit weg. VCs investieren beispielsweise meistens erst dann, wenn das Start-up schon erste Umsätze erzielt hat.

Privatpersonen müssen zu Business Angels werden

Sind die ersten Schritte gemacht, kommen die Business Angels ins Spiel. Sie nehmen die Unternehmen unter ihre Fittiche und investieren einen signifikanten Geldbetrag, der meistens zunächst im fünfstelligen Bereich liegt. Häufig kommt es auch vor, dass sich mehrere Investoren zusammentun, um gemeinsam ein Start-up zu finanzieren. Dafür wird in der Regel eine GbR gegründet. Danach werden die entsprechenden Verträge analog aufgesetzt und vom Notar beglaubigt. 

Das gesamte Investment kann mithilfe von elektronischen Wertpapieren vollständig digital durchgeführt werden – öffentlich oder auch als Private Placement. Die Unternehmensanteile werden entsprechend digital gesichert und können bei Bedarf sogar gehandelt werden, sollte einer der Business Angels mal aus einem Investment aussteigen wollen. Auch eine Übertragung der Anteile an einen VC ist denkbar. Die einfache Abwicklung eines digitalen Wertpapiers ermöglicht es Privatpersonen, zu Business Angels zu werden – und das hilft wiederum dabei, die Finanzierungslücke zu anderen Ländern zu schließen. 

Denn Kapital gibt es hierzulande eigentlich genug. Laut einer Studie von Deposit Solutions sind in Deutschland allein im vergangenen Jahr rund 150 Milliarden Euro zusätzlich auf Spar- und Girokonten geflossen. Wenn es uns gelingt, nur einen Bruchteil dieses Geldes von Gutverdienern, Unternehmern und Family Offices auf deutsche Jungunternehmen umzuleiten, wäre der Branche sehr geholfen. Wer sich allerdings bisher nicht auf solche Investments fokussiert hat, der fand bislang auch nur schwer Marktzugang. Das kann sich durch digitale Wertpapiere verändern: Investoren haben so die Möglichkeit, sich ein buntes Portfolio zusammenzustellen – beispielsweise aus Start-ups verschiedenster Branchen.

Startups werden vom Bittsteller zum Bieter

Was man nicht unterschätzen darf, ist die neue Rollenverteilung: Als Emittent einer digitalen Wertpapier-Emission legt das Start-up die Parameter selbst fest – und nicht der VC oder die Business Angels, von denen die Rahmenbedingungen sonst häufig bestimmt werden. Die Gründer und Gründerinnen werden so vom Bittsteller zum Bieter. Natürlich müssen die Investment-Bedingungen zu jeder Zeit im Rahmen sein. Hier liegt die Verantwortung auch bei den Plattformbetreibern, eine saubere Prüfung durchzuführen und die Start-ups entsprechend zu beraten. 

Auch der Marketing-Aspekt ist nicht zu vernachlässigen: Bei einer öffentlichen Emission können durchaus neue Kunden gewonnen oder interessante Partnerschaften realisiert werden, da die Sichtbarkeit schlichtweg höher ist als bei einem privaten Funding. Dazu kommt, dass insgesamt eine breitere Masse angesprochen wird – ähnlich wie beispielsweise beim Crowdinvesting. Das erhöht die Trefferquote, da sich die Gründer und Gründerinnen einem breiteren Publikum anbieten können. 

Was Vorbereitung und Abwicklung der Kampagne betrifft, kommt auf die Start-ups kein zusätzlicher Aufwand zu. Denn erfolgreiche Gründer und Gründerinnen müssen sich ohnehin mit den verschiedensten Finanzierungsmöglichkeiten beschäftigen, die es so am Markt gibt – oder sollten zumindest jemanden im Team haben, der sich damit auskennt. Die Kenntnisse über gängige Wertpapierformen wie Genussrechte oder Eigenkapital-Beteiligungen gehören für Start-ups zum Einmaleins – egal ob diese Finanzierungen dann analog oder in Form eines Tokens ablaufen. 

Über den Autor
Marius Grieseler ist Gründer und CEO von 8pitch. Das Unternehmen aus Mittelfranken ist eine von der BaFin beaufsichtigte Online-Plattform, die Startups und Unternehmen in Deutschland digitale Wertpapier-Emissionen zur Finanzierung ermöglicht. Das 8pitch-Team nutzt für die Ausgabe der Token eine selbst entwickelte Blockchain.

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Foto (oben): Shutterstock