#Interview

“Baut etwas auf, dass euch Spaß macht und tut es mit Menschen, die ihr mögt”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Ich versuche immer mit mindestens einem meiner beiden Hunde ins Büro zu gehen. Wenn es zu viel regnet, nehme ich den, der schlechtes Wetter nicht mag, denn dann kommen wir schneller im Büro an", sagt David Prien, Gründer von FirstVet.
“Baut etwas auf, dass euch Spaß macht und tut es mit Menschen, die ihr mögt”
Freitag, 28. August 2020VonAlexander Hüsing

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet David Prien, Gründer von FirstVet, eine schwedische Plattform für Tier-Telemedizin.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Ich versuche immer mit mindestens einem meiner beiden Hunde ins Büro zu gehen. Wenn es zu viel regnet, nehme ich den, der schlechtes Wetter nicht mag, denn dann kommen wir schneller im Büro an. Da ich keinen eigenen Schreibtisch habe, beginne ich meinen Bürotag damit, einen guten Platz zum Sitzen zu finden. Dann schreibe ich mir eine Aufgabenliste. Damit höre ich dann spätestens auf, wenn die Liste zu lang wird oder wenn ich mittendrin schon mit den ersten Aufgaben anfange.

Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Da musst du meine Ehefrau fragen (lacht) – sie wird dir wahrscheinlich sagen, dass Abschalten eine meiner größten Schwächen ist. Ich muss mich wirklich darauf konzentrieren und habe damit leider nicht immer Erfolg. Allerdings bin ich schon viel besser darin geworden, was wahrscheinlich an dem tollen Team um mich herum liegt, auf das ich mich verlassen kann.

Was über das Gründer-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Es ist sehr leicht, sich auf die falschen Dinge zu konzentrieren und viel Zeit auf Aspekte des Unternehmens zu verwenden, die nicht unbedingt das Unternehmen als Ganzes entwickeln. Das ist insbesondere zu Beginn der Reise eines Unternehmens oft der Fall. Man kann viel Zeit damit verplempern Strategien zu besprechen, Methoden zu optimieren oder sich auf interne Fragen konzentrieren. Am Ende geht es jedoch viel um die Umsetzung. Manchmal muss man einfach etwas ausprobieren und im Zweifel damit leben können, dass man sich zu 100 Prozent geirrt hat.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Gründen ist eine ständige Achterbahnfahrt und es gibt viele Hürden. Aus meiner persönlichen Perspektive finde ich es interessant, wie sich die Rolle eines Gründers im Laufe der Zeit entwickelt und welche Herausforderungen mit Führung und Kultur verbunden sind. Es ist wichtig in Bezug auf diese Aspekte einen Schritt weiter zu denken, damit sich die Dinge nicht in die falsche Richtung entwickeln.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Ich und mein Team haben schon viele Fehler gemacht – einfach weil wir oft eifrig verschiedene Initiativen gleichzeitig in Angriff genommen, sie aber nicht ausreichend durchdacht haben und teilweise die Bedeutung für alle Beteiligten unterschätzt haben. Das wird natürlich umso wichtiger, je größer unser Unternehmen wird. Wir haben gelernt, dass es wichtig ist eine gute Balance zwischen Umsetzung und Planung zu halten.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
In der Vergangenheit haben wir uns auf unser persönliche Kontakte und die Rekrutierung über unsere starken Netzwerke konzentriert. Ich finde, dass die Start-Up-Szene in Sachen Recruiting sehr speziell tickt. Viele Unternehmen werden von außen als sehr attraktiv wahrgenommen und ziehen Mitarbeiter an, einfach nur weil ihre Gründer eine sehr präsente Außenwirkung haben. Das sagt jedoch nicht viel darüber aus, ob das Unternehmen ein guter Arbeitsplatz ist. Ich denke, dass die beste langfristige Strategie, um Talente anzuziehen darin besteht, eine starke positive Unternehmenskultur zu entwickeln und nachweisliche Erfolge zu erzielen. Das wird vom Markt und von Bewerbern wertgeschätzt, so dass man auf lange Sicht kompetente Mitarbeiter gewinnt.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Da fallen mir spontan zwei Tipps ein. Erstens: Baut etwas auf, dass euch wirklich Spaß macht und tut es mit Menschen, die ihr wirklich mögt. Zweitens: macht euch stark für eure Idee und das, was ihr tut aber habt auch die nötige Demut, um zu erkennen, wenn Ihr falsch liegt.

Ohne welches externe Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
In diesen besonderen Zeiten sind es vor allem digitale Kommunikationsmittel, ohne die wir nicht arbeiten könnten. Und hätten diese, wie zum Beispiel Video-Calls sich nicht generell etabliert, dann wären wir als Unternehmen natürlich auch nicht in der Lage, unsere Dienstleistungen anzubieten.

Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Mit einer Mischung aus gesundem Pragmatismus und Bescheidenheit! Und es ist wichtig, einerseits mit Ernst bei der Sache zu sein und sich andererseits auch mal zurücklehnen zu können. Bei letzterem helfen uns unsere Bürohunde sehr. Von denen haben wir eigentlich viel zu viele im Büro. Aber ich mag es, von so vielen Tieren umgeben zu sein.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Das war der Abend, an denen uns ein sehr wichtiger Geschäftsabschluss gelungen ist. Da haben wir die ganze Nacht durchgefeiert. Das war in der Tat sehr wild.

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

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Foto (oben): FirstVet

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.