#Interview

“Bereits im Juni waren wir wieder auf dem Niveau wie vor der Krise”

Zeotap hilft Unternehmen, ihre Kunden besser zu verstehen. "Im Jahr 2018 verzeichneten wir noch einen Umsatz von 2,1 Millionen Euro, den wir 2019 bereits um 431 % steigern konnten. In diesem Jahr entwickeln sich die Umsätze weiterhin positiv", sagt Gründer Daniel Heer.
“Bereits im Juni waren wir wieder auf dem Niveau wie vor der Krise”
Mittwoch, 19. August 2020VonAlexander Hüsing

Das Berliner Unternehmen zeotap, das 2014 von Daniel Heer und Co. gegründet wurde, betreibt eine sogenannte Customer Intelligence Platform (CIP). Damit ist es möglich Vorhersagen im Hinblick auf das Verhalten von Kunden zu treffen. Firmen wie Mercedes-Benz, N26, Red Bull und Vodafone setzen bereits auf zeotap. Neue Capital, coparion, MathCapital und TTCER Partners investierten zuletzt gemeinsam mit den Altinvestoren 37 Millionen Euro in das Berliner Big Data Startup, das zuvor schon 12 Millionen einsammeln konnte.

“Seit der Gründung im Jahr 2014 sind wir kontinuierlich gewachsen. Mittlerweile sind wir rund 160 Mitarbeiter*innen, verteilt auf acht Büros weltweit. Insgesamt sind wir mittlerweile in 10 Märkten aktiv. Dort betreuen wir rund 100 Kunden, 45 davon sind Enterprise Subscription Kunden. Auch unser Umsatz wächst entsprechend stark. Im Jahr 2018 verzeichneten wir noch einen Umsatz von 2,1 Millionen Euro, den wir 2019 bereits um 431 % steigern konnten”, sagt Gründer Heer.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der zeotap-Macher außerdem über Sicherheit, die Corona-Krise und Kompromisse.

Wie würdest Du Deiner Großmutter zeotap erklären?
Zeotap hilft Unternehmen, ihre Kunden besser zu verstehen und gezielt mit relevanten Angeboten anzusprechen. Wir nennen uns Customer Intelligence Platform. Das bedeutet, dass wir mithilfe einer Software Kundeninformationen und -aktivitäten aus verschiedenen Quellen zusammenfassen, mit weiteren Informationen, die nur wir über diese Konsumenten haben, anreichern und die richtigen Kunden dann für diese Unternehmen ansprechbar machen. Unternehmen nutzen unsere Software für Marketing- und Analysezwecke, aber auch für Produktentwicklung.

Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Technologisch entwickeln wir uns natürlich fortlaufend weiter. Zeotap ist vor sechs Jahren als Datenanbieter in den Markt gestartet, um Agenturen und Werbetreibenden qualitativ hochwertige Daten zur zielgruppengerechten Ansprache zu liefern. Kurz danach haben wir den größten Identity Graphen der Welt entwickelt, mit dem wir Unternehmen helfen, ihre CRM Daten mit digitalen Kennungen zu verknüpfen. Inzwischen ist Zeotap eine Full-Stack Customer Intelligence Platform und bietet eine End-to-End Lösung, die CDP-Funktionalitäten mit unserem Identity Graphen, unserem geprüften Third Party Data Asset und weiteren Analysemöglichkeiten kombiniert.

Wie genau funktioniert das?
Um das kurz zu erklären: Es geht darum, First-Party-Kundendaten für zielgerichtete Werbung und Produktentwicklung zu nutzen und weitere Informationen über Konsumenten zu gewinnen. So können Unternehmen effektiv neue Kunden akquirieren. Die Idee basiert darauf, kundeneigene Daten zu sammeln und zu vereinheitlichen, verschiedene Nutzer-Kennungen wie E-Mail-Adressen, Telefonnummern, Cookies und Mobile Ad IDs zusammenzuführen und unternehmenseigene Daten mit mehr Informationen pro Kunde anzureichern. Daraus werden Kunden-Insights und relevante Zielgruppen generiert. Gerade erst haben wir zusätzlich unsere Identity-Lösung „ID+“ auf den Markt gebracht. Sie basiert auf der Technologie unseres „ID-Graphen“ und stellt eine Alternative zur Nutzung des Third-Party-Cookies dar.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Oh ja, gespürt haben wir vor allem Veränderungen im März und April, als unser Kampagnengeschäft gesunken ist. Schon ab Mai ging es jedoch wieder bergauf, bereits im Juni waren wir wieder auf dem demselben Niveau wie vor der Krise. Generell sprechen wir aber von einem hohen Niveau über dem des Vorjahres. Im SaaS-Geschäft, das mittlerweile den Großteil des Umsatzes ausmacht, haben wir keine Einbußen zu verzeichnen. Im Gegenteil, das Geschäft hat in der Krise weiter zugelegt.

Woran liegt das?
Das liegt daran, dass wir als SaaS-Anbieter eine Full-Stack Customer Intelligence Plattform sind. Besonders in unsicheren Zeiten wollen Marken ihre Kunden so genau wie nur irgend möglich verstehen. Wir werden dabei als strategischer, langfristiger Partner angesehen. Besonders im Bereich E-Commerce/Retail, Food Delivery, FMCG und Telekommunikation konnten wir in den vergangenen Wochen viele langfristige Verträge abschließen.

Gerade konntet ihr 37 Millionen Euro einsammeln. Wofür braucht ihr so viel Geld?
Mit dem neusten Investment werden wir in unsere Customer-Intelligence-Platform sowie in die weitere Etablierung unserer vor kurzem gelaunchte Identity-Lösung „ID+“ investieren. Zeitgleich wollen wir unsere Mannschaft ausbauen, dazu gehören unter anderem die Bereiche SaaS-Sales, Customer Success sowie Engineering und Data Science. Neue Bürostandorte sind im Gespräch, noch sind aber keine finalen Entscheidungen getroffen. Aktuell sind wir bereits in acht der zehn relevanten Industriestaaten aktiv – da sehen wir noch großes Potenzial, um weitere Marktanteile zu gewinnen. Darüber hinaus wollen wir auch speziell in Deutschland größer werden, immerhin ist hier unser Hauptstandort. Wir haben in der Vergangenheit mit einem starken Fokus auf unsere Technologien investiert – jetzt kommt es vor allem auch darauf an, genügend Manpower zu haben.

Wie ist überhaupt die Idee zu Zeotap entstanden?
Ich habe mal für den Vorstand von Vodafone gearbeitet und dort im Rahmen spezieller Projekte Einblick in den Datenschatz einer Telekommunikationsfirma erhalten. Dabei habe ich schon damals das Potenzial dieser Daten für die Nutzung in Werbung, Produktentwicklung und die Optimierung von Salesprozessen gesehen. In meinen nächsten Stationen im digitalen Werbeumfeld habe ich festgestellt, dass es kaum deterministische, verlässliche Daten im digitalen Marketing gibt. Damit war die Idee geboren, eine Plattform zu entwickeln, die es Unternehmen ermöglicht, eigene Daten und verlässliche Drittdaten für eine effiziente personalisierte Kundenansprache und Produktentwicklung zu nutzen.

Wie genau funktioniert eigentlich euer Geschäftsmodell?
Unser Geschäftsmodell basiert auf der Lizensierung unserer Software oder einzelner Module daraus. Unternehmen können unsere Customer Intelligence Platform also als SaaS-Lösung über mehrere Jahre per Subscription lizenzieren.

Wie hat sich zeotap seit der Gründung entwickelt?
Seit der Gründung im Jahr 2014 sind wir kontinuierlich gewachsen. Mittlerweile sind wir rund 160 Mitarbeiter*innen, verteilt auf acht Büros weltweit. Als global agierende SaaS-Lösung haben wir neben dem Headquarter in Berlin auch Standorte in London, Paris, Mailand, Madrid, New York, Bangalore und Mumbai, auf drei Kontinenten also. Insgesamt sind wir mittlerweile in 10 Märkten aktiv: DACH, UK, Frankreich, Italien, Spanien, die USA, Kanada, Mexiko, Brasilien und Indien. Dort betreuen wir rund 100 Kunden, 45 davon sind Enterprise Subscription Kunden. Auch unser Umsatz wächst entsprechend stark. Im Jahr 2018 verzeichneten wir noch einen Umsatz von 2,1 Millionen Euro, den wir 2019 bereits um 431 % steigern konnten. In diesem Jahr entwickeln sich die Umsätze trotz Corona wieder weiterhin positiv. Wir rechnen damit, 2021 profitabel zu sein.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wir sind wirklich sehr glücklich, dass wir nie eine richtige Panne erlebt haben. Sicher lag das auch an jedem einzelnen Mitarbeiter, da haben wir wohl ein glückliches Händchen bewiesen. Auf dem Weg vom Startup zum etablierten Software-Unternehmen gab es durchaus Herausforderungen, die wir meistern konnten.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Für uns hat die Sicherheit unserer Kunden von Anfang an höchste Priorität gehabt. Da sind wir nie Kompromisse eingegangen. Mit Erfolg, denn Zeotap ist bereits dreimal in Folge ISO 27001 zertifiziert worden. Diese Zertifizierung ist schwer zu bekommen und noch schwerer zu verteidigen. Zeotap gehörte 2016 damit zu den ersten Unternehmen weltweit, die überhaupt eine DSGVO-fähige Zertifizierung erhalten haben. Die Mühe lohnt sich: Von einem Kunden erhielten wir schon vor Jahren das Feedback, wir seien das professionellste Start-up, dass er je kennengelernt habe. Wir haben außerdem sehr früh massiv in unsere Technologie und in nachhaltige Beziehungen mit Datenpartnern und Marketingplattformen, wie DSPs, DMPs und SSPs, investiert. Wir haben unsere Technologie kontinuierlich weiterentwickelt, um immer auf dem neuesten Stand zu sein und unser Team behutsam mit hochqualifizierten Mitarbeitern, die die nötige Expertise mitbringen, aufgebaut.

Wo steht zeotap in einem Jahr?
In einem Jahr werden wir profitabel sein. Wir werden unsere ID+, die mittelfristig den Third-Party-Cookie ersetzen wird, im digitalen Ökosystem etablieren und weitere Top-Unternehmen als Kunden mit unserer Customer Intelligence Platform und unserem tollen Team glücklich machen. Um diese Ziele zu erreichen werden wir unsere Technologie stetig weiterentwickeln und auch personell wachsen.

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Foto (oben): zeotap

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.