#Gastbeitrag

Die ultimative Coronavirus-Krisencheckliste für Gründer

Dein Startup inmitten einer Krise ist wie eine Kiste voll mit zerbrechlichem Porzellan. Bereite dich vor, handel ruhig und besonnen, aber dennoch entschlossen. Geh vorsichtig mit deinem Unternehmen um: Vermeide unüberlegte, voreilige Schritte.
Die ultimative Coronavirus-Krisencheckliste für Gründer
Donnerstag, 9. April 2020VonTeam

Deine Aufgabe ist nicht mehr die Suche nach der besten Option, sondern die Suche nach dem kleineren Übel.

Liebe Start-up-CEOs: Es ist Zeit für ein Umdenken.

In der vergangenen Woche drehte sich vielleicht noch alles um Wachstum und neue, unkonventionelle Initiativen. Es ging möglicherweise um die Einstellung von Mitarbeitern, den Abschluss einer weiteren Finanzierungsrunde und die Einführung eines neuen Produkts. Letzte Woche standen positive, vielversprechende Aspekte im Vordergrund. Wachstum war deine Religion und dein Nordstern war der Abschluss von Geschäften sowie die Verbuchung von Umsatz. Amen.

Doch nun sind wir in einer anderen Welt aufgewacht – einer Welt, in der ein Teil der Bevölkerung aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus vom normalen sozialen Leben abgeschirmt ist (oder bald sein wird). Diese Welt verlangt nach neuen Regeln. Deine Religion lautet jetzt Überleben und dein neuer Gott heißt Liquidität.

Ich habe heute mit einem VC gesprochen, der die Situation ganz gut zusammengefasst hat: „In 12 Monaten wird es einfach sein, zu erklären, warum ein Start-up in den letzten sechs Monaten kein Wachstum verzeichnen konnte. Schwierig wird es allerdings, zu erklären, warum es nun bankrott ist.“

Was auch immer für dich in den letzten Monaten im Mittelpunkt stand – deine neue oberste Priorität muss Liquidität sein. In Zeiten wie diesen gibt es jedoch noch weitere Faktoren zu bedenken. Die Bewältigung einer Krise kann schwierig sein, besonders wenn es deine erste ist und diese dann gleich das Ausmaß der aktuellen Situation hat. Betrachte die folgenden Punkte deshalb als Hilfestellung für etwas Orientierung in der derzeitigen Lage:

Verabschiede dich von deiner Strategie und deinem Geschäftsplan für 2020 und beginne noch mal ganz von vorne

Die meisten Pläne für 2020 wurden auf Grundlage eines mehr oder weniger normalen Weltbilds erstellt. Ich bin mir sicher, dass niemand von euch in seiner Finanzplanung für 2020 den Abschnitt „Globale Pandemie“ vorgesehen hat. Du kannst also genauso gut das gesamte Dokument in die Tonne hauen und noch einmal ganz von vorne anfangen. Neue Umstände erfordern neue Pläne.

Es gibt noch nicht genügend Informationen und Klarheit über die gesamte Situation, um jetzt schon einen robusten, neuen Plan zu erstellen. Die Steuerung deines Schiffes in Krisenzeiten wird eine Menge Kurskorrekturen und kleinere Manöver erfordern. Mache daher die Planung zu einem Teil deines täglichen War Rooms und passe die Prognose an, sobald du neue Informationen zusammenhast. Dein neues Augenmerk im Planungsprozess liegt auf Liquidität.

Schaffe durch Homeoffice eine sichere Arbeitsumgebung

Es versteht sich wahrscheinlich schon längst von selbst, es sei trotzdem nochmals darauf hingewiesen: Die meisten Start-up-CEOs, die ich kenne, haben ihre Mitarbeiter nach Hause geschickt, um im Homeoffice zu arbeiten – und denjenigen, die dies noch nicht getan haben, ist es anzuraten. Angesichts der Tatsache, dass zahlreiche Länder verschiedene Maßnahmen zur Kontaktvermeidung („Social Distancing“) ergriffen haben, scheint das Arbeiten im Homeoffice der sicherste und vernünftigste Ansatz zu sein. Das bedeutet natürlich, dass die Produktivität vorübergehend sinken wird. Aber blicken wir den Tatsachen ins Auge: Wie würde Produktivität aussehen, wenn dein Team mit der Angst, sich anzustecken, im Büro herumsitzen würde? Oder sie sich einfach krankmelden und gar nicht erst im Office auftauchen?

Bei der Einführung einer Homeoffice-Richtlinie für dein Unternehmen musst du das Rad nicht neu erfinden. Andere Unternehmen haben bereits Erfahrung mit solchen Setups und teilen ihre Erfahrungen. Recherchiere daher zunächst Best Practices, mache einen Testlauf und setze dann deine Homeoffice-Richtlinie um. Je schneller, desto besser.

Lieber zu viel Kommunikation als zu wenig

 

 

Mein Freund Steli Efti, CEO von Close, hat in den letzten fünf Jahren zusammen mit seinen mehr als 50 Mitarbeitern vom Homeoffice aus gearbeitet. Sein bester Ratschlag: intensive Kommunikation („Overcommunication“). Bei einer anhaltenden Krise, die von Natur aus mehr Kommunikation und einen möglichen Übergang zur Remote-Arbeit erfordert, hast du umso mehr Grund, viel zu kommunizieren.

Meiner Erfahrung nach erfordern turbulente Zeiten verschiedene Ebenen der Kommunikation. Da wäre etwa die Kommunikation im Stil eines Town-Hall-Meetings, bei der du dich als CEO mit Neuigkeiten an die gesamte Belegschaft wendest und anschließend Fragen beantwortest. Neben solch einem während der Krise wöchentlich stattfindenden Meeting solltest du dir zudem bei Bedarf die Zeit nehmen, einzelne Mitarbeiter direkt zu kontaktieren.

In den nächsten Wochen und Monaten wirst du sehr viel Zeit damit verbringen, mit Leuten zu sprechen und auf ihre Sorgen einzugehen. Scheue dich nicht davor, dich zu wiederholen, proaktiv an Mitarbeiter heranzutreten und bis zum Umfallen zu kommunizieren.

Richte einen täglichen Covid-19-War-Room ein

 

Das Konzept des War Rooms hat seinen Ursprung im Militärwesen und zielt auf die Schaffung eines physischen oder virtuellen Raums ab, in dem sämtliche missionskritische Informationen gesammelt und wichtige Personen zusammengebracht werden, um schnell Entscheidungen treffen zu können.

Richte einen täglichen War Room ein, um wichtige Personen an einem Ort zu versammeln und so schnelle Entscheidungen bezüglich des Coronavirus sowie dessen Auswirkungen auf dein Start-up und deine Mitarbeiter treffen zu können. Dabei solltest du deine Mitgründer und dein Führungsteam regelmäßig zusammenrufen, um neue Informationen zu bewerten und Entschlüsse zu fassen. Nutze diese Meetings, um deine Auftragseingänge und Einnahmen genau zu beobachten und dir vor allem einen Überblick über deinen Cashflow und deine Liquidität zu verschaffen.

Je größer die Auswirkungen der Krise sind, desto öfter werden diese Meetings stattfinden und desto länger werden sie dauern. Halte diese Meetings am Anfang täglich ab und reduziere dann gegebenenfalls die Abstände dazwischen.

Stabilisiere deine Geschäftsabläufe und deine Lieferkette

 

 

Nutze die ersten War-Room-Meetings, um folgende Fragen zu beantworten: Inwieweit werden deine Geschäftsabläufe und deine Lieferkette von der Krise beeinflusst? Falls du physische Produkte verkaufst: Könnte es zu Lieferengpässen oder -ausfällen kommen? Ist der Vertrieb deiner Waren betroffen? Bei vielen Lagerhäusern wird es zu einem Mangel an Arbeitskräften kommen und sie werden eine geringere Kapazität als üblich aufweisen.

Wenn du nicht mit physischen Produkten handelst, solltest du kritische Geschäftsfunktionen berücksichtigen, die darunter leiden könnten, dass Menschen krank werden, zu Hause bleiben oder vorübergehend durch die Umstellung auf die Arbeit im Homeoffice überfordert sind. In welchen Bereichen deines Unternehmens bist du von Zulieferern abhängig und wie kannst du sicherstellen, dass diese dich weiterhin beliefern.

Wo es um neue Projekte und Initiativen geht: Ich würde (zumindest vorerst) die Auslieferung neuer Funktionen oder Produkte aussetzen und bis auf Weiteres keine neuen Standorte eröffnen. Generell solltest du alles „Neue“ infrage stellen, bis mehr Klarheit über die Situation herrscht und dein Kerngeschäft nachhaltige Erträge erwirtschaftet und stabil läuft.

Informiere deine Kunden über die Geschäftskontinuität

 

 

Ebenso wie du von deinen Lieferanten abhängig bist, so sind auch deine Kunden auf dich angewiesen. Nimm dir also die Zeit und teile diesen ausführlich mit, wie du deine Services bereitstellen wirst und ob die Kunden mit Einschränkungen rechnen müssen. Denke daran, deine Kunden umfassend zu informieren.

Mache dir bewusst, dass deine Einnahmen außer Kontrolle geraten können (und vermutlich auch werden)

Deine Umsätze sind wahrscheinlich bereits aufgrund der neuen Situation zurückgegangen. Während die Einnahmen einer kleinen Anzahl von Unternehmen sprunghaft ansteigen werden (Online-Schulungen, Videokonferenzen, E-Commerce für Haushaltswaren usw.), so haben die meisten zumindest vorübergehend stagnierende oder rückläufige Umsätze zu verzeichnen. In der B2B-Branche kann sich die Neukundengewinnung über eine Vertriebsorganisation aufgrund des Mangels an physischen Interaktionen sowie eines allgemeinen Ausgabenstopps als schwierig erweisen.

Ein VC hat mir von einem Portfoliounternehmen berichtet, das 35 Mitarbeiter im Sales beschäftigt und in der Regel 20 neue Kunden pro Monat akquiriert. In den letzten zwei Wochen konnten sie exakt 0 Kunden für sich gewinnen. Und von einem Bekannten, der ein E-Commerce-Fulfillment-Center betreibt, habe ich erfahren, dass die Bestellungen in allen Branchen seit letzter Woche um 30 bis 40 % zurückgegangen sind.

Die psychische Belastung durch die Ausgangssperren und Quarantänemaßnahmen sowie die Ungewissheit diesbezüglich werden sich zweifellos kurzfristig auf das Verbraucherverhalten auswirken. Was die mittel- und langfristige Planung angeht: Natürlich könnten bestimmte Branchen wie der E-Commerce von der neuen Situation profitieren. Aber es ist noch zu früh, um eine sichere Aussage darüber zu treffen. Die neue Realität sieht folgendermaßen aus: Du hast keinen Einfluss auf deinen Umsatz. Stell dich daher eher darauf ein, an deiner Liquidität und Kostenstruktur zu arbeiten.

Kalkuliere deinen Runway in verschiedenen Szenarien

 

 

In jeder Krise ist nur Bares Wahres. Aber auch das Gegenteil ist der Fall: Ein Unternehmen ohne Cash kann schnell ganz schön alt aussehen. Setze dich also noch heute mit deiner Liquiditätslage auseinander und kalkuliere deinen Runway, d. h. die voraussichtliche Überlebensdauer deines Unternehmens, bei Umsatzeinbußen auf Basis von verschiedenen Szenarien.

Meiner Erfahrung nach ist es am pragmatischsten, sich drei Szenarien vorzustellen: 1) das Best-Case-Szenario 2) das Average-Case-Szenario und 3) das Worst-Case-Szenario. Unter normalen Umständen bedeutet „best case“ steigende Umsätze (denke an den Plan für 2020, den du soeben verworfen hast). In der derzeitigen Situation bedeutet „best case“ eher stabile Erträge. Im average und worst case kommt es zu einem gewissen Umsatzrückgang, zum Beispiel einem Minus von 20 % bzw. 40 %. Leider gibt es bereits Unternehmen, bei denen sich das Umsatzminus auf 100 % beläuft (etwa Start-up-Unternehmen in der Live-Event-Branche).

Die tatsächlichen Zahlen hängen von den ersten Anzeichen ab, die du aus deinen Verkäufen ableitest, und davon, wie stark dein Unternehmen von Neu- im Vergleich zu Bestandskunden abhängt. Überwache Vertrieb und Marketing genau, um herauszufinden, welches Szenario für dich am realistischsten ist. Dazu dienen deine War-Room-Meetings.

Je kürzer die Zeitspanne ist, die dein Unternehmen ohne entsprechende Einnahmen überbrücken kann, desto drastischer solltest du die folgenden Maßnahmen ergreifen. Bei einem Runway von 12 Monaten hast du selbst im wahrscheinlichsten und im schlimmsten Fall genug Zeit zum Beobachten und könntest dir erlauben, erst in ein paar Monaten eine Kurskorrektur vorzunehmen. Bei einem Runway von 6 bis 12 Monaten solltest du sehr vorsichtig sein und einen Notfallplan parat haben. Bei einem Runway von unter sechs Monaten im Average-Case-Szenario (was für viele Start-ups zutreffend sein wird) ist jetzt die Zeit zum Handeln gekommen.

An diesem Punkt angelangt erlebst du womöglich einen „Ach du Sch****“-Moment. Es ist der Moment, in dem dir klar wird, dass dir viel weniger Geld und Zeit zur Verfügung stehen als anfänglich gedacht. Die Aussichten erscheinen nun eventuell bedeutend düsterer als auf den ersten Blick. Dies ist der frustrierendste Teil des Unternehmertums: Deine Aufgabe ist es nicht mehr, herauszufinden, welche die beste Option ist – sondern was das kleinste Übel darstellt. Und selbst dieses wird sich wahrscheinlich immer noch ungünstig auswirken, aber eben in einem geringeren Maße als alle anderen dir zur Verfügung stehenden Optionen.

Mit den neuen Gegebenheiten um uns herum geht auch ein neues Ziel einher: die Wahrung der Liquidität. Das ist ein völlig anderer Modus Operandi als die Umsetzung einer Wachstumsstrategie und erfordert andere Maßnahmen.

Verlasse dich nicht auf Venture Capital

Nach der Finanzkrise 2008/2009 gingen die VC-Investitionen stark zurück, und zwar um mehr als 50 % im Vergleich zu ihrem Höchststand im Jahr 2008. Es dauerte länger als zwei Jahre, bis die Höhe der bereitgestellten Finanzmittel Anfang 2011 auf das alte Niveau zurückkehrte. Betrachte das Ganze aus der Perspektive einer Risikokapitalgesellschaft: Das Horten von Geldmitteln in Zeiten der Unsicherheit wird möglicherweise die vorherrschende Strategie sein. Niemand möchte in ein „herabfallendes Messer“ investieren, selbst wenn das makroökonomische Umfeld für diesen Abwärtstrend verantwortlich ist. Verlasse dich also nicht darauf, dass dich der Investor deines Vertrauens mit genügend Liquidität ausstattet, um dich sicher aus der Krise zu manövrieren. Dieses Mal bist du vermutlich auf dich allein gestellt.

Versuche, so schnell wie möglich für Klarheit zu sorgen, wenn du dich aktuell in einer Fundraising-Phase befindest. Äußere deine Bedenken offen gegenüber deinen potenziellen Partnern und mach dir ein realistisches Bild davon, ob diese investieren können und wollen oder nicht. Zwar geben die meisten VCs an, dass sie immer noch Investitionen in gleicher Höhe tätigen werden, unabhängig von der jeweiligen Situation hinsichtlich des Coronavirus oder einer möglichen Rezession. Die Vergangenheit und Statistiken zeigen jedoch, dass in solchen Fällen die meisten von ihnen im Wesentlichen kaum noch Investitionen vornehmen.

Ziehe liquide Mittel aus sämtlichen Quellen ein

Konzentriere dich auf die gängigsten Maßnahmen zur Wahrung und Beschaffung von Liquidität in Krisenzeiten. Das wird nicht einfach sein, denn viele andere Unternehmen stecken in derselben Situation wie du. Deshalb ist schnelles und entschlossenes Handeln das A und O.

Ein wichtiger Aspekt, den du bei der Optimierung deines Cashflows im Auge behalten solltest: Jeder Euro, den du einziehst oder nicht auszahlst, muss von woanders herstammen (oder dort zurückgehalten werden). Denke also immer darüber nach, mit wem du es zu tun hast. Wenn du einem großen Unternehmen ein paar Tausend Euro schuldest, macht es für dieses wahrscheinlich keinen bedeutenden Unterschied, ob du erst später zahlst. Aber wenn du einem freiberuflichen Auftragnehmer Geld schuldest, dessen Auftragslage eventuell bereits implosionsartig eingebrochen ist und der eine Familie zu ernähren hat, dann sieht das Ganze völlig anders aus. Ich kenne Unternehmen, die in solchen Situationen ihre Auszahlungszyklen beschleunigen oder sogar ihre Inkassozyklen für stärker betroffene Branchen wie Restaurants verlängern. Denke also bitte immer daran, welchen Einfluss du auf die Person oder das Unternehmen auf der anderen Seite der Transaktion hast.

Kommen wir vor diesem Hintergrund auf deine Möglichkeiten zur Optimierung deines Cashflows zurück:

 

  • Kredite. Sofern du einen zugesagten Kreditrahmen in Anspruch nehmen kannst, solltest du diese Möglichkeit jetzt in Betracht ziehen. Ob von deiner Hausbank, deinen Investoren oder etwa in Form eines PayPal-Geschäftskredits – beantrage den Kredit besser jetzt, bevor es zu Überlastungen der Systeme kommt oder Programme zurückgezogen werden.
  • Ausstehende Forderungen. Deine Kunden könnten in Zukunft knapp bei Kasse sein. Sprich also besser schon heute mit ihnen über ausstehende Rechnungen. Ich habe von verschiedenen Quellen erfahren, dass es bereits zu Zahlungsverzug seitens Kunden gekommen ist – und zwar einfach aufgrund der Tatsache, dass die Buchhaltungsabteilungen unterbesetzt sind. In solchen Fällen ist es am besten, die Kunden ruhig und freundlich nacheinander anzurufen, die Angelegenheit zu klären und so viel Geld wie möglich frühzeitig einzutreiben. Zusätzlich zum regulären Inkasso solltest du dir überlegen, Rabatte oder bessere Konditionen für die Vorauszahlungen von Kunden anzubieten.

 

  • Verbindlichkeiten. Versuche konsequent, längere Zahlungsfristen auszuhandeln und Zahlungen zu verschieben. Setze nach Möglichkeit Zahlungspläne in Form von mehreren Ratenzahlungen um. Gehe deine Lieferanten durch und fordere Zugeständnisse ein. Natürlich wird ihnen das nicht gefallen, aber wahrscheinlich rechnen sie bereits mit derartigen Forderungen.
  • Steuern. Zögere die Zahlung von Steuern so lange wie möglich hinaus. Einige Regierungen haben ihre Vorschriften zur Erhebung von Steuern bereits gelockert. Nutze diese Änderungen vollumfänglich aus und nimm eventuell auch Strafen für einen Zahlungsverzug in Kauf.
  • Bestand verringern. Dies erreichst du entweder durch die Bestellung von weniger Neuware oder den Verkauf deiner Bestände, auch zu Sonderpreisen. Unter Umständen stellt die Situation auch eine ausgezeichnete Gelegenheit dar, um dein Lager zu räumen und Geldmittel zu generieren, selbst wenn dies mit deutlich geringeren Margen verbunden ist.

Erstelle einen Plan zur Wahrung der Liquidität durch Kostensenkung

Auch wenn diese Aufgabe niemandem Spaß bereitet: Es ist besser, jetzt vorbereitet zu sein, als später vor Problemen zu stehen. Schaue dir die Kostenaufstellung deiner Gewinn-und-Verlust-Rechnung an. Beginne dabei mit den wichtigsten Posten (in der Regel die Lohnkosten und Marketingausgaben) und arbeite dich nach unten durch. Frage dich, wo die größten Potenziale zur Wahrung der Liquidität und der Einsparung von Kosten liegen. Für jedes deiner Szenarien solltest du einplanen, welche Kosten zu senken sind, falls die Einnahmen unter die jeweils darin vorgesehene Schwelle fallen. Hier die wichtigsten Aspekte, auf die du einen Blick werfen solltest:

  • Miete. Kannst du während der Krise eine kleinere Fläche mieten?
  • Zulieferer. Welche Projekte lassen sich in ihrem Umfang reduzieren oder verschieben?
  • Arbeitszeiten. Es ist immer besser, die Arbeitszeiten zu reduzieren und Mitarbeiter weiterhin zu beschäftigen, als sie zu entlassen. Dies funktioniert in der Regel recht gut und die Mitarbeiter zeigen in Krisenzeiten dafür Verständnis, wenn die Situation ordentlich kommuniziert (d. h. ausführlich erklärt) wird.
  • Anzahl der Mitarbeiter. Wie kannst du dieselben Ziele mit weniger Mitarbeitern erreichen? Dieses Mittel sollte zwar keinesfalls deine erste Wahl sein, doch du musst wissen, welche Szenarien und Umsatzniveaus dich zu Entlassungen zwingen würden.
  • Gehälter der Gründer. Gibt es hier Spielraum nach unten, um das Unternehmen zu unterstützen?
  • Product sowie Forschung und Entwicklung. Welche Projekte und Produkteinführungen kannst du aufschieben, um liquide Mittel zu sparen?

Was ich bei anderen Startup-CEOs beobachte, ist, dass sie momentan keine neuen Mitarbeiter einstellen und keine Gehaltserhöhungen vornehmen. Viele Unternehmen haben Zulieferer und Freiberufler für unwichtige Projekte gestrichen. Einige haben damit begonnen, Arbeitszeiten zu reduzieren und die Gehälter entsprechend zu kürzen. Manche CEOs bereiten Entlassungen vor oder führen diese bereits durch.

Behalte deine Marketingausgaben und deine Kapitalrendite im Blick

Aufgrund von sinkenden Konversionsraten und ausbleibenden Sales Meetings könnten deine Kosten für die Kundenakquise (CAC) in den nächsten Tagen und Wochen in die Höhe schnellen. Außerdem könnten eine höhere Kundenabwanderung und Zahlungsausfälle zu niedrigeren Customer Lifetime Values (CLV) führen. Beobachte diese beiden Kennzahlen bei deinen War-Room-Meetings genau. Passe deine Ausgaben entsprechend deinen neuen Gegebenheiten an. In einigen Fällen kann es durchaus sinnvoll sein, die Marketingausgaben zu erhöhen, um mehr Einnahmen zu erzielen. Häufiger jedoch führt die Einsparung dieser Kosten zu einem längeren Runway des Unternehmens.

Behalte die CAC- und CLV-Zahlen genau im Blick und passe deine Ausgaben täglich an. Wenn du derzeit knapp bei Kasse bist (mit einem Runway von weniger als 12 Monaten im wahrscheinlichsten Fall), könnte es sinnvoll sein, die Messlatte für die „erforderliche Kapitalrendite“ jeder einzelnen Werbeanzeige oder Verkaufskampagne höher zu legen, um deine Marketingmaßnahmen kurzfristig profitabler zu machen.

Informiere dich über staatliche Hilfsprogramme und sprich mit anderen Unternehmern

Abhängig von deiner örtlichen Verwaltung gibt es möglicherweise bereits Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft. Einige, auf die ich in den letzten Tagen gestoßen bin: 1) Aufschub von Steuerzahlungen, 2) Kurzarbeit für Mitarbeiter und eine anteilige Zahlung der Gehälter durch den Staat, 3) „Rettungsfonds“ für bestimmte Branchen (wie das Gastgewerbe) zur Bereitstellung von unkomplizierten Krediten oder 4) eine Lockerung des Insolvenzrechts und eine Herabsetzung der persönlichen Verbindlichkeiten.

Am einfachsten kannst du dich über diese Art von Programmen informieren, indem du das Gespräch mit anderen Unternehmern suchst. In den letzten Tagen haben sich zahlreiche WhatsApp-Gruppen gebildet, die sich um den Austausch von Best Practices und die Suche nach dem Zugang zu diesen Hilfsprogrammen bemühen. Nimm an diesen Gesprächen teil, bitte andere um Hilfe und gib deine eigenen Erfahrungen weiter.

Informiere deine Investoren über die Situation

Bei all den täglichen Herausforderungen kann so etwas schnell in Vergessenheit geraten, doch du solltest auch deine Investoren über deine Pläne in Kenntnis setzen. Lege dabei deinen Runway dar und gib einen allgemeinen Überblick darüber, wie sich die Coronavirus-Krise höchstwahrscheinlich auf dein Geschäft auswirken wird. Wenn es wirklich schlimm um dein Unternehmen steht und du schnell neues Geld brauchst, lass es deine Investoren frühzeitig wissen. Schlechte Nachrichten solltest du schnell und überlegt kommunizieren.

Denke später über Geschäftsmöglichkeiten nach

Jede Krise birgt tausend neue Möglichkeiten. Dasselbe gilt zweifellos auch für diese. Doch steige als SaaS-Unternehmen nicht gleich auf die Produktion von Bio-Schutzmasken um: In ein paar Monaten stehen dir immer noch Geschäftschancen offen. Es besteht kein Grund zur Eile, außer wenn dein Kerngeschäft dem Untergang geweiht ist. Sollte dies nicht der Fall sein, so investiere jetzt deine ganze Energie in die Stabilisierung und Erhaltung dessen, was du bisher aufgebaut hast. Sorge für eine stabile Lage, um später neue Möglichkeiten auszuloten.

Sei nicht zu optimistisch

Ein Sprichwort besagt: „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.“

Dein Startup inmitten einer Krise ist wie eine Kiste voll mit zerbrechlichem Porzellan. Bereite dich vor, handel ruhig und besonnen, aber dennoch entschlossen. Geh vorsichtig mit deinem Unternehmen um: Vermeide unüberlegte, voreilige Schritte und bewahre einen kühlen Kopf, wenn es zu einer Katastrophe kommt.

Wir hoffen alle, dass die aktuelle Situation in Hinblick auf die Gesundheit der Menschen und die Wirtschaft der einzelnen Staaten keinen zu großen Schaden anrichtet. Wir wissen jedoch auch, dass wir als Unternehmer manchmal ein klein wenig zu optimistisch sind. (Wie sonst hätten wir unser Unternehmen überhaupt erst gründen können?) Es wäre gut, deinen Optimismus für die nächsten paar Wochen vorübergehend etwas zurückzuschrauben. Denke an die Mutter der Porzellankiste. Bereite dich, dein Team und dein Unternehmen vor und vergiss nicht: Vorsicht ist besser als Nachsicht.

Dieser Artikel erschien im Original im englischen im Marker Magazin von Medium

Über den Autor
Feliks Eyser ist Seriengründer und Investor. Er ist Gründer des Online Marketing Dienstleisters RegioHelden, den er 2015 an Ströer verkaufte. Feliks ist aktiver Business Angel und veranstaltet regelmäßig Digital Founders Camp Events, um Gründer-/innen durch peer-to-peer Learning zu unterstützen. Auf Medium veröffentlicht er Artikel über Entrepreneurship und teilt Erfahrungen für first-time founder.

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