#Interview

“Wir sind 26 Leute und setzen im Monat über 230.000 Euro um”

Über Steady können Onliner genau die Projekte unterstützen, auf die sie nicht mehr verzichten möchten. "Wer Artikel schreibt, Podcasts oder einen Videokanal produziert, kann Steady einbauen, um sehr einfach seine größten Fans zu regelmäßig zahlenden Mitgliedern zu machen", sagt Gründer Gabriel Yoran.
“Wir sind 26 Leute und setzen im Monat über 230.000 Euro um”
Montag, 18. November 2019VonAlexander Hüsing

Mit Hilfe des Berliner Startups Steady können Blogger, Journalisten und Programmierer Abos für ihre Inhalte verkaufen. “Wir helfen MedienmacherInnen, im Internet Geld zu verdienen, indem sie ihre Leser- oder Hörerschaft, ihr Publikum, zu zahlenden Mitgliedern machen”, sagt Mitgründer Gabriel Yoran. Müller Medien und die IBB Beteiligungsgesellschaft investierten kürzlich eine siebenstellige Summe in das Berliner Medien-Startup. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der ehemalige aka-aki-Macher über Crowdfunding, unabhängige Medien und Alternative zur reinen Werbe- oder Spendenfinanzierung.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Steady erklären?
Wir helfen MedienmacherInnen, im Internet Geld zu verdienen, indem sie ihre Leser- oder Hörerschaft, ihr Publikum, zu zahlenden Mitgliedern machen. Das ist nachhaltiger als eine Spende, persönlicher als Abos und vor allem macht es sie unabhängig von Werbung und großen Konzernen.

Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Was Steady heute ermöglicht, sind Mitgliedschaften bei unabhängigen Medien. Während ein Abo bedeutet “Ich muss dafür zahlen“, bedeutet eine Mitgliedschaft: „Ich will dafür zahlen“. Es hat eine Weile gedauert, bis wir das raus hatten. 2017 haben wir noch von Crowdfunding gesprochen, das trifft es aber nicht richtig.

Wie funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Wer Artikel schreibt, Podcasts oder einen Videokanal produziert, kann Steady einbauen, um sehr einfach seine größten Fans zu regelmäßig zahlenden Mitgliedern zu machen. Steady erhält dann 10 % der eingenommenen Mitgliedschaftsgebühren.

Wie genau hat sich Steady seit der Gründung entwickelt?
Gestartet sind wir Anfang 2017 mit einem Team, das vorher schon in anderen Startups gearbeitet hat. Ich hatte Steganos und aka-aki mitgegründet und Philipp Schwörbel und Sebastian Esser kamen von Krautreporter. Dort haben sie aus erster Hand mitbekommen, wie schwer es ist, ein mitgliederfinanziertes Onlinemagazin auf die Beine zu stellen. Gute AutorInnen und ReporterInnen sind da die Voraussetzung.Aber es braucht eben auch all das, was früher Verlage gemacht haben: Technik, Finanzen, Marketing. Das übernimmt für unabhängige Publikationen heute Steady. Mittlerweile verdienen über 500 Projekte monatlich Geld mit ihren Steady-Mitgliedern – von einer Handvoll Euro bis zu mehreren zehntausend Euro im Monat.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Steady inzwischen?
Wir sind 26 Leute in Berlin und setzen im Monat über 230.000 Euro um. Im Schnitt wächst Steady um 5 % im Monat. Über 90.000 Mitglieder sind mittlerweile bei Steady registriert – und wir haben schon über 3 Millionen Euro an die Steady-MedienmacherInnen ausgezahlt.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wir haben lange gedacht, dass wir die Vorzüge unseres Produkts bewerben müssen, dabei ist das gar nicht das Problem. Was viel erklärungsbedürftiger ist, ist das Modell von Mitgliedschaften: Also die Tatsache, dass rund 5 % der regelmäßigen LeserInnen, ZuschauerInnen oder HörerInnen alleine schon deshalb für ihre MedienmacherInnen zahlen würden, damit sie weitermachen. Zusätzliche Anreize wie exklusive Inhalte oder Hangouts mit den MacherInnen sind gut, aber nicht zwingend nötig. Die MedienmacherInnen in Deutschland sind es einfach noch nicht gewöhnt zu sagen: Ja, das was ich mache, ist auch Geld wert. Dabei könnten sie sich das leicht erlauben.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wenn du ein Startup gründest, solltest du etwas tun, von dem du wirklich überzeugt bist – denn die Wahrscheinlichkeit zu scheitern ist hoch. Wenn du deine Zeit also sinnvoll verwenden willst, mach etwas, das du für richtig hältst. Und den Leuten, die eine freie und diverse Medienlandschaft überhaupt erst möglich machen, den Rücken freizuhalten – was könnte schöner sein? Wir merken übrigens auch beim Recruiting, wie wichtig die richtige Mission ist: Wir bekommen unglaublich tolle Bewerbungen und sind sehr stolz auf unser Team, das aus neun verschiedenen Ländern kommt – und das auch in Situationen, in denen es mal drunter und drüber geht, gelassen und mit Herz bei der Sache ist.

Wo steht Steady in einem Jahr?
In einem Jahr wird Steady auch für MedienmacherInnen im europäischen Ausland eine bekannte Alternative zur reinen Werbe- oder Spendenfinanzierung sein.

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Foto (oben): Steady

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.