#Interview

“Aus einer Katastrophe wurde eine geniale Viralaktion”

"Köln ist übersichtlich und die Menschen sind sehr hilfsbereit. Das rheinische Gemüt haben wir immer als sehr hilfreich wahrgenommen. Man kennt ja vielleicht den fast sprichwörtlichen Paragraphen aus dem kölschen Grundgesetz: “Et iss noch immer joot jejange”", sagt Mario Konrad von Ryzon.
“Aus einer Katastrophe wurde eine geniale Viralaktion”
Montag, 30. September 2019VonAlexander Hüsing
Das Kölner Startup Ryzon will mit Triathlon quasi die Welt erobern. Das junge Unternehmen, das von Mario Konrad, Fabian Jung und Markus Konrad gegründet wurde, produziert hochwertige Sportbekleidung für Triathleten. Im Kölne-Interview spricht Mitgründer Mario Konrad über den Startup-Standort Köln.

Reden wir über Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Köln ist übersichtlich und die Menschen sind sehr offen und vor allem hilfsbereit. Das sprichwörtliche rheinische Gemüt haben wir immer als sehr hilfreich wahrgenommen. Man kennt ja vielleicht den fast sprichwörtlichen Paragraphen aus dem kölschen Grundgesetz: “Et iss noch immer joot jejange”. Das klingt nun vielleicht ein wenig Gründer-untypisch “passiv” und nicht bis ins letzte durchgeplant, andererseits steckt da aber auch unheimlich viel Optimismus drin. Und natürlich geht man als Gründer immer wieder auch durch anstrengende, vielleicht auch mal ausweglos erscheinende Situationen und da hilft es dann schon, wenn man die Dinge hin und wieder gelassen nimmt. Mir fällt da ein Beispiel aus dem letzten Jahr ein: wir hatten alles für den Ironman Hawaii gebucht, Team, Unterkunft, Ware die hingeschickt wurde und etwa vier Wochen vor dem wichtigsten Event des Jahres sagte man uns das Cafe ab, welches wir anmieten wollten. Und so standen wir vor einem Berg von Kosten und potentiell keiner Möglichkeit diese über Vorort Verkäufe zu refinanzieren. Bei einem gemeinsamen Mittagslauf ist uns dann aus einem der Vorjahre ein kultiger Eisverkäufer in einem Bambus-Truck in den Sinn gekommen. Zu ihm nahmen wir Kontakt auf und brandeten den Eistruck dann in letzter Minute und hatten so zumindest einen kleinen mobilen Pop-Up Store. Das war schonmal super. Da unser Mitgesellschafter und sportliches Aushängeschild Jan Frodeno wegen einer Verletzung nicht starten konnte, hat er aus Spaß dann ein kleines Video gepostet wo er aus dem Eistruck heraus Eis verkauft. Und dieses Video ist dann ziemlich viral gegangen und diverse Medien sind drauf gesprungen.  Aus der eigentlichen Katastrophe der Absage unseres Pop-Up spots wurde also eine geniale Viralaktion.  Im besten Sinne war also “alles joot jejange” 

Was genau macht den Reiz der Startup-Szene in Köln aus?
Köln ist sehr bodenständig und entspannt. Das macht es in vielerlei Hinsicht glaube ich einfach. Man rennt nicht von einer Gründerveranstaltung auf die nächste und feiert nur noch Finanzierungsrunden in work-hard play-hard Mentalität. Ich glaube Max Wittrock hat es mal vom Grundsatz her über Passau gesagt und ich würde denken, dass der Aspekt auch auf Köln zutrifft: man hat einfach etwas weniger Ablenkungen und potentielle Möglichkeiten wie beispielsweise in Berlin und damit einfach mehr Fokus auf dem eigentlichen Projekt. Oder um es als Küchenpsychologe zu formulieren: vielleicht ist man in Köln etwas mehr im “Innen” als im “Außen” wie andernorts. 

Was ist in Köln einfacher als im Rest der Republik?
Das liegt vielleicht weniger an Köln als solches, als mehr an der Größe der Stadt: Köln ist groß genug, dass man Zugriff auf alle Ressourcen bekommen kann, die man theoretisch braucht, um auch große Projekte umzusetzen – also Personal, Kapital, Universitäten etc. – und noch klein genug, dass man sich kennt und vor allen Dingen gerne hilft. 

Was fehlt in Köln noch?
Ich finde Köln hat schon ziemlich viel. Außer vielleicht einem vernünftigen Verkehrskonzept und Radschnellstraßen wie in Kopenhagen. 

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Köln?
Mir fallen nur zwei ein: Radschnellstraßen, damit wir in unseren Mittagsradrunden auch mal mehr wie 50 % der Zeit außerhalb der Stadt im Grünen fahren können und nicht an Ampeln stehen – und viel mehr Leute mit dem Rad in die Stadt fahren. Und: Eine klein bisschen entspanntere Bürosituation könnte Gründern oftmals vermutlich helfen.

 

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.