#Gastbeitrag

Wie aus einem guten Gründer auch ein guter CEO wird

Gründer sind getrieben von visionären Ideen und fiebern auf den Tag hin, an dem ihr Startup “durch die Decke geht”. Spätestens dann muss aus einem Gründer aber ein CEO werden, der das große Ganze im Blick hat – ein Aspekt, den viele Gründer zu spät erkennen. Wie Gründer in die CEO-Rolle hineinwachsen können.
Wie aus einem guten Gründer auch ein guter CEO wird
Mittwoch, 8. Mai 2019VonTeam

Im Leben eines Startup-Gründers ist der Moment besonders, in dem man merkt: Es funktioniert. Doch während die Korken knallen, wartet bereits die nächste Herausforderung: Aus dem produktgetriebenen Gründer muss schleunigst ein CEO werden, der das große Ganze (lies: das Unternehmen und nicht allein die Idee) im Blick hat. Nicht jeder schafft die Transformation vom Macher zum Manager.

Wann aus einem Gründer ein “richtiger” CEO werden muss

Die allermeisten Gründer in meinem Umfeld eint der Mut, mit ihren Produkten oder Geschäftsmodellen etwas grundlegend Neues zu probieren und sich dabei häufig gegen alle Wahrscheinlichkeiten zu stellen, weil sie fest an ihre Ideen glauben. Doch insbesondere am Anfang lauert das Scheitern an jeder Ecke: kurzfristiges und rasend schnelles Wachstum ist unabdingbar, fortwährende Verbesserungen des Produkts sind Arbeitsalltag, die nächste Finanzierungsrunde hat stets oberste Priorität.

Bei allem Selbstvertrauen und aller Überzeugung ist doch die Unsicherheit, ob das eigene Startup tatsächlich eines Tages Erfolg haben wird, allgegenwärtig. Entsprechend umtriebig und gleichzeitig detailversessen agieren Gründer, um die unterschiedlichsten Anforderungen unter einen Hut zu bringen. Wer gründet, der trägt aus freien Stücken volle Verantwortung für alles und jeden.

Mit dem Erfolg verändern sich die Anforderungen an die Rolle des Gründers radikal: War er bislang mit jedem Detail vertraut, hat er plötzlich eine wachsende Anzahl an Mitarbeitern zu führen; ja, er hat ein richtiges Unternehmen zu führen. Das Mikromanagement muss ad acta gelegt und stattdessen auf die großen Linien geschaut werden. Aus dem Gründer wird nun das, was seit Tag eins auf seiner Visitenkarte steht: ein CEO. Aus meiner Erfahrung als Startup-Mentor weiß ich allerdings: Dieser Wendepunkt ereilt viele Gründer unvorbereitet und stellt sie vor enorme Herausforderungen.

Gründer legen den Fokus aufs Produkt, CEOs auf das Team

CEO in seinem eigenen Unternehmen zu sein, bedeutet vor allem eines: loslassen. Wer weiterhin in jeden Prozessschritt involviert sein will, wird sich verzetteln und seinem Unternehmen auf Dauer eher schaden als nutzen. Ich empfehle Gründern hier folgende Faustregel: Als Gründer arbeitet man im Unternehmen, als CEO hingegen arbeitet man am Unternehmen.

Das bedeutet nicht zuletzt, dass an die Stelle der Fokussierung auf das Produkt die Fokussierung auf das Team tritt. Als CEO gilt es, Verantwortung zu delegieren und selbst in eine vollkommen neue Rolle hineinzuwachsen; denn während Gründer Produkte bauen, bauen CEOs Umfelder, in denen Mitarbeiter Produkte bauen können – ein gewaltiger Unterschied. Wer vormals auf kurzfristiges Wachstum, Produktdetails und die nächste Finanzierungsrunde geschaut hat, muss künftig für nachhaltiges Wachstum sorgen, Mitarbeiter motivieren und das Unternehmen strategisch auf Kurs halten.

Wie Gründer in die CEO-Rolle hineinwachsen können

Was Mitarbeiter über das Unternehmen erzählen, wie sie über ihre Arbeit denken und wie motiviert sie jeden Morgen ins Büro kommen, ist eine der entscheidenden Messgrößen für den nachhaltigen Erfolg des CEO und damit des Unternehmen. Als Geschäftsführer von smartsteuer verstehe ich selbst es als meine Aufgabe, Umfelder zu schaffen, in denen meine Mitarbeiter sich wohl und wertgeschätzt fühlen, in denen sie ihre Potenziale abrufen können und so Ergebnisse erzielen, die das Unternehmen dauerhaft erfolgreich machen. Damit das gelingt, achte ich darauf, mir im eng getakteten Alltag immer wieder Zeitfenster für Reflexion und Strategie-Arbeit freizuschaufeln – ein Aspekt, den viele Gründer im Eifer des Gefechts gern vergessen. Aus meiner Erfahrung kann ich es jedem Gründer hier sehr empfehlen, frühzeitig mit einem Business-Coach oder Mentor zusammenzuarbeiten, um die eigene Rolle von außen kritisch zu hinterfragen und sich so als Führungspersönlichkeit konsequent weiterzuentwickeln.

Nicht jeder Gründer ist zum CEO geboren

Die CEO-Rolle mag nicht jedem Gründer liegen und sie muss auch nicht für jeden Gründer der zwangsläufige Entwicklungsschritt sein. Manche Gründer etwa, die auch im Erfolgsfall gerne weiter nahe am Produkt arbeiten möchten, setzen dann einen externen CEO ein, der die Entwicklung des Unternehmens als Ganzes vorantreibt. Andere wiederum nutzen den Erfolgsfall, um ihr Unternehmen zu verkaufen und sich der nächsten Gründung zu widmen. In jedem Fall gilt es für Gründer, frühzeitig und aktiv abzuwägen, ob sie bereit sind, in die CEO-Rolle hineinzuwachsen.

Über den Autor
Björn Waide ist Geschäftsführer von smartsteuer, dem führenden Anbieter für Steuererklärungen online und mobil. Er coacht außerdem Startup-Teams im Rahmen von Förderprogrammen und ist in Initiativen wie Digitales Hannover aktiv. Björn Waide ist Verfechter der Digitalisierung, von lebenslangem Lernen sowie von Selbstoptimierung.