#Interview

machtfit: Ordentlicher Wachstumssprung trotz extrem langer Verkaufszyklen

"Natürlich haben wir viele Fehler gemacht. Rückblickend würde ich sagen, wir hätten uns noch genauer mit dem Markt, den B2B-Mechanismen und dem Bereich Human Resources beschäftigen müssen. Beispielsweise haben wir die Länge der Verkaufszyklen unterschätzt", sagt Philippe Bopp von machtfit.
machtfit: Ordentlicher Wachstumssprung trotz extrem langer Verkaufszyklen
Dienstag, 19. Februar 2019VonAlexander Hüsing

Seit 2011 kümmert sich das Berliner Startup machtfit um das große und wichtige Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Investoren wie Seventure Partners, die Dr. Becker Klinikgruppe, die IBB Beteiligungsgesellschaft und PHS Capital mehrere Millionen in das Startup. Die Kapitalrücklage der Jungfirma, die von Daniel Tunggul, Jonathan Fiebelkorn, Gregor Bierhals, Max Kazenwadel und Philippe Bopp gegründet wurde, betrug Ende 2017 rund 3,5 Millionen Euro.

Das Geld nutzte das Unternehmen, um massiv zu wachsen: Seit 2017 stieg die Zahl der Mitarbeiter von 23 auf 50. Die Zahl der Unternehmenskunden stieg zeitgleich von 100 auf 200. Darunter bekannte Namen wie die Deutsche Bahn, Vattenfall und der ADAC. “Dazu kommt unser bundesweites Netzwerk aus aktuell über 5.500 Gesundheitspartnern. Im vergangenen Jahr haben wir einen siebenstelligen Jahresumsatz generiert”, sagt Mitgründer Bopp zum Stand der Dinge bei machtfit. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der machtfit-Macher außerdem über steuerliche Vorteile, Wachstumssprünge und langfristige Geschäftsbeziehungen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter machtfit erklären?
Die machtfit-Plattform ist ein Online-Marktplatz für betriebliche Gesundheit. Auf diesem Marktplatz kommen drei Parteien zusammen: Unternehmen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Gesundheitsanbieter. machtfit übernimmt also die Rolle eines Vermittlers. Ein typischer Vorgang auf diesem Marktplatz sieht folgendermaßen aus: Ein Mitarbeiter hat das Bedürfnis nach etwas Entspannung. Er informiert sich daher auf der machtfit-Plattform seines Arbeitgebers und bucht dann beispielsweise einen Kurs bei einer Yogaschule in unmittelbarer Nähe seines Wohnortes oder Arbeitsortes. An den Kosten für diesen Yoga-Kurs beteiligt sich sein Arbeitgeber. Dabei profitieren alle: Der Mitarbeiter findet Ruhe beim Yoga, er fühlt sich ausgeglichen und gleichzeitig wertgeschätzt durch seinen Arbeitgeber. Das Unternehmen hat einen ausgeglichenen und motivierten Mitarbeiter, der sich zudem an seinen Arbeitgeber gebunden fühlt. Hinzu kommt ein steuerlicher Vorteil für das Unternehmen: Pro Jahr können bis zu 500 Euro pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter steuerfrei in sogenannte gesundheitsfördernde Maßnahmen investiert werden. Das war’s im Grunde, so funktioniert unser Unternehmen.

Hat sich euer Konzept seit dem Start grundlegend verändert?
Unser Geschäftsmodell hat sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert, wohl aber die Bedeutung von Betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) und unser Zugang zum Markt. Die meisten Unternehmen stellen sich heute nicht mehr die Frage, ob sie Betriebliche Gesundheitsförderung brauchen, sondern welche Form sie anbieten möchten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwarten von modernen Arbeitgebern heutzutage ein zeitgemäßes Angebot. Mit der Erkenntnis, dass zeitgemäße Betriebliche Gesundheitsförderung durch die Steigerung von Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterbindung unmittelbar zum Unternehmenserfolg beitragen kann, hat sich auch der Stellenwert geändert. Diesen neuen Stellenwert von Betrieblichem Gesundheitsmanagement erkennen wir zum einen an der wachsenden Zahl unserer Kunden, aber zum anderen auch an der Funktion der Personen, mit denen wir bezüglich unserer Plattform in Kontakt stehen. Das sind heute oft auch Personen aus der Geschäftsführung oder der Personalleitung. Vor wenigen Jahren noch war das eher die Ausnahme.

Wie genau sich machtfit denn seit der Gründung entwickelt?
Unser Unternehmen hat sich sehr positiv entwickelt. Wir sind seit der Gründung und besonders in den letzten Jahren stark gewachsen. Die Größe unseres Teams hat sich vom Jahr 2017 zum Jahr 2018 verdoppelt. Durch diesen Wachstumssprung mussten wir dann auch neue Strukturen aufbauen und Verantwortungsbereiche definieren. Die Entwicklung zeigt sich aber auch sehr deutlich an unseren Kunden. Im Jahr 2017 hatten wir etwa 100 Unternehmenskunden. Mittlerweile sind es über 200 Unternehmen, die für Ihr Betriebliches Gesundheitsmanagement auf die machtfit-Plattform setzen! Und dabei handelt es sich um langfristige Geschäftsbeziehungen. Zu unseren Kunden zählen beispielsweise die Deutsche Bahn, Lufthansa Group, Vattenfall Europe, Total oder die AOK.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist machtfit inzwischen?
Aktuell besteht unser Team in unseren Geschäftsräumen am Hackeschen Markt aus 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir betreuen zu Beginn des Jahres 2019 über 200 Unternehmenskunden mit insgesamt über 250.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ganz Deutschland. Dazu kommt unser bundesweites Netzwerk aus aktuell über 5.500 Gesundheitspartnern. Im vergangenen Jahr haben wir einen siebenstelligen Jahresumsatz generiert.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Natürlich haben wir insbesondere in den ersten Jahren nach der Gründung viele Fehler gemacht und Erfahrungen sammeln müssen. Rückblickend würde ich sagen, wir hätten uns ganz am Anfang noch genauer mit dem Markt, den B2B-Mechanismen und besonders dem Bereich Human Resources beschäftigen müssen. Beispielsweise haben wir die Länge der Verkaufszyklen unterschätzt. Besonders bei Konzernen kann es sehr lange dauern, bis tatsächlich eine Entscheidung fällt. Das liegt an der Vielzahl an Personen und Gremien, die an so einer Entscheidung beteiligt sind. Das ist heute immer noch so, aber wir planen jetzt eben auch entsprechend.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Bei unseren Personalentscheidungen haben wir vieles richtig gemacht. Wir haben ein wirklich fähiges, motiviertes Team und alle ziehen an einem Strang. Aber auch ganz grundsätzlich hat es sich als richtig erwiesen, an unsere Idee zu glauben. Wir haben die Entwicklung der Bedeutung von Betrieblichem Gesundheitsmanagement richtig eingeschätzt. Wie bereits beschrieben, ist Betriebliches Gesundheitsmanagement in Unternehmen heute ein etabliertes und wichtiges Thema. Im Jahr unserer Gründung, also 2011, war das längst noch nicht so ausgeprägt.

Wo steht machtfit in einem Jahr?
In einem Jahr haben wir unsere führende Position in unserem Segment weiter ausgebaut und bestehende Geschäftsbeziehungen haben wir erfolgreich weiterentwickelt. Noch mehr Unternehmen und noch mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden die machtfit-Plattform nutzen – nicht nur in Deutschland. Zusammen mit unseren Kunden werden wir in Österreich und der Schweiz tätig. Wir haben heute schon Kunden, die international tätig sind. Das erleichtert uns den Einstieg in die Märkte natürlich.

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Foto (oben): machtfit

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.