#Interview

Jetzt geht es um Wachtelbedarf! Zwei Obersulmer machen mit Wachtel-shop.com einen Millionenumsatz

Seit 2013 verkauft Michael Volk aus Obersulm Wachtelbedarf über das Internet. Und er kann davon leben! "Wir sind gesund, können Rechnungen bezahlen und haben ein tolles Team. Was brauch man mehr zum glücklich sein?", sagt er im Interview mit deutsche-startups.de.
Jetzt geht es um Wachtelbedarf! Zwei Obersulmer machen mit Wachtel-shop.com einen Millionenumsatz
Freitag, 12. Oktober 2018VonAlexander Hüsing

Klingt skurril, ist es auch: Michael Volk aus Obersulm macht in Wachteln, genau in Wachtelbedarf. Wachtel-shop.com gilt Landauf und landab als “Deutschlands größter Wachtel-Online-Shop”. Hier die blanken Zahlen: Über 50.000 Pakete schicken die Baden-Württemberger, die knapp 20 Mitarbeiter beschäftigen, jedes Jahr auf die Reise. “Wir sind sehr stolz darauf, dass wir den Umsatz in den siebenstelligen Bereich gebracht haben. Unser Jahresabschluss war seither immer sehr ausgeglichen”, sagt Volk, der Wachtel-shop.com gemeinsam mit Nico da Silva betreibt. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Wachtelbedarf-Experte zudem über Freundlichkeit, Rechnungen und leckere Kirschen.

Seit 2013 verkauft ihr Wachtelbedarf. Kann man davon leben?
Keine andere Frage haben wir in den vergangenen Jahren öfters gestellt bekommen. Umso größer ist unser Strahlen im Gesicht, wenn wir diese Frage mit „Ja“ beantworten. Mit „Ja“ können wir sogar sagen, dass wir gut davon leben können. Wir sind gesund, können Rechnungen bezahlen und haben ein tolles Team. Was brauch man mehr zum glücklich sein?

Was heißt das denn in konkreten Zahlen?
Über 50.000 Pakete im Jahr, Versand seither in über 38 Länder, bis zu 20 Mitarbeiter, über 1.100 Quadratmeter Produktions- und Lagerfläche, eigene Produktionsanlage, mehrere eingetragene Marken.

In welchen Dimensionen bewegt sich denn euer Umsatz, wirtschaftet ihr profitabel?
Wir sind sehr stolz darauf, dass wir den Umsatz in den siebenstelligen Bereich gebracht haben. Unser Jahresabschluss war seither immer sehr ausgeglichen, da wir das meiste Kapital direkt wieder in die Firma eingebracht und investiert haben. Sei es in Mitarbeiter, Maschinen oder Lagerausstattung.

Wie genau sich euer Unternehmen seit der Gründung entwickelt?
Glücklicherweise sehr gut. Wir haben wohl zur richtigen Zeit das Richtige gemacht. So sind wir vom 2-Mann Betrieb zu einem 20-Kopf starken Team gewachsen. Von 40 Quadratmetern in fünf Jahren auf über 1.100 Quadatmetern.

Was hat sich geändert, als ihr plötzlich Mitarbeiter hattet?
Wir selbst. Mein Geschäftspartner und ich mussten lernen, Verantwortung abzugeben aber auch Verantwortung zu übernehmen. Das sind tatsächlich manchmal Vorgänge, in die man sich etwas einleben und einarbeiten muss. Sätze wie “Ihr seid die besten Chefs der Welt!” tun natürlich sehr gut und zeigen hoffentlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Hat sich euer Konzept, eurer Geschäftsmodell seit dem Start verändert?
Eigentlich tatsächlich wenig. Von Anfang an sind wir unserer Linie treu geblieben. Freundlichkeit, Qualität und Service an erster Stelle. Wir folgen unseren Grundsätzen in Allem, was wir machen.

Auf welche Marketingkanäle setzt ihr, um Leute auf euch aufmerksam zu machen (Gab es da über die Jahre Veränderungen)?
Social Media spielt bei uns eine sehr starke Rolle. Wir sind authentisch und Kundennah. Das ist eine große Stärke von uns, welche die Kunden an uns mögen. Nach dem Einstieg von Anne Baresch in unser Unternehmen, hat sich in diesem Bereich viel geändert. Anfangs kümmerte ich mich um unsere Kanäle. Irgendwann fehlte mir aber schlichtweg die Zeit. Anne hat diesen Bereich förmlich wiederbelebt und großes daraus gemacht. Die Interaktionen auf Facebook und Instagram sind mittlerweile mehr als überdurchschnittlich gut und gehen teilweise echt durch die Decke. Unsere Reaktionsquote ist bei 100 % und mit Antworten unter 50 Minuten ausgelobt. Nebenbei fahren wir natürlich die klassischen Marketing Möglichkeiten wie AdWords, Newsletter und auch noch klassische Anzeige in Fachzeitschriften.

Bei welcher Gelegenheit entstand überhaupt die Idee zu Deinem Startup?
Bereits in der fünften Klasse sagte ich: “Ich werde mal ein Geschäft mit Wachteln machen”. Nun ist fast das geworden. Die richtige Idee zu dem Wachtel-Shop.com kam aber zusammen mit Nico. An einem schönen Sommertag saßen wir bei der Wachtelanlage im Baum und haben leckere Kirschen genascht. Nach einem Brainstorming haben wir beschlossen jetzt Nägel mit Köpfen zu machen. Nachdem wir etwas Geld flüssig gemacht haben, gründeten wir den Wachtel-Shop.com.

Wie viel Geld habt ihr gebraucht, um starten zu können, und woher habt ihr es genommen?
Den ersten Grundstein legte Nico, indem er seinen Bausparvertrag aufgelöst hat. Das hat uns 10.000 Euro Startkapital gebracht. Mit dem Wachstum kam aber natürlich immer wieder erneuter Geldbedarf. Hier hatten wir großes Glück, dass ein gut befreundeter Großhändler an uns geglaubt hat und in uns investiert hat. Das hat uns den Durchbruch ermöglicht. Mit dem Kapital konnten wir in Lagereinrichtung, Absackanlage und weitere wichtige “Baustellen” investieren.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Fehler macht man viele. Wir waren teilweise jung und naiv.

Was macht ihr nun anders?
Jetzt sind wir immer noch jung, aber vorsichtig und schon, wenn man das sagen darf etwas „erfahren“. Am Ende konnten wir aus jeder Pleite etwas lernen. Sei es ein falsches Vertrauen in einen Menschen oder eine euphorische Fehlinvestition in ein Projekt. Das Wichtigste ist immer, dass man danach nicht den Kopf in den Sand steckt, sondern feststellt: Wieso? Weshalb? Warum?. Die Gründe für den Fehler speichert und versucht es bei zukünftigen Projekten als Erfahrung einzusetzen und es besser zu machen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist seit der Gründung so richtig schief gegangen?
So richtig? Gute Frage. Eigentlich nichts. Egal wie viel Geld man mal in den Sand gesetzt hat, im Nachhinein hat alles seinen Sinn gehabt. Manchmal haben Rückschläge neue Türen geöffnet, die noch viel Schöneres für uns bereithielten.

Wo genau habt ihr denn viel Geld in den Sand gesteckt?
Geld wurde leider immer wieder in den Sand gesteckt. Mal mehr, mal weniger. Lehrgeld muss glaube ich jeder zahlen. Ein Projekt hat uns wirklich weh getan. Eine Wachtelzucht-Zusammenarbeit mit einem Bauer ging leider wirklich schief. Es wurde sich nicht an Absprachen gehalten und unser Vertrag war nicht wasserdicht. Das hat am Ende über 30.000 Euro Lehrgeld gekostet.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wenn ich betrachte, wo wir angefangen haben und wo wir heute stehen, wohl vieles. Aber das wichtigste: wir sind uns selbst treu geblieben.

Wo steht euer Startup in einem Jahr?
Wir geben unser Bestes und haben für die nächsten Monaten die ein oder andere Neuheit in der Mache. Unsere Wachstumskurve ist sehr gut und durch ein noch besseres Marketing und die Erschließung neuer Vertriebswege auch über den Fachhandel, hoffen wir auf ein weiterhin gutes Wachstum in 2019.

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Foto (oben): Wachtelshop

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.