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Mit Social Dining nie wieder alleine essen

"Wenn man den Drang zum Gründen verspürt, dann empfehle ich lieber mutig zu scheitern, als es später bereuen, dass man den Schritt nichg gewagt hat", sagt Thomas Fiedler entschlossen. Mit der Idee, Menschen durch Essen zusammen zu bringen, ist er 2016 gestartet und plant nun, mit seinem Startup größere Schritte zu gehen.
Mit Social Dining nie wieder alleine essen
Donnerstag, 2. August 2018VonSümeyye Algan

Die Ähnlichkeit mit Tinder mag er nicht mehr hören. Doch wer vom Startup Mealmatch hört, greift schnell auf diesen Vergleich zurück. Gemeinsam mit seinem Compagnon Olaf Steinebach gründete Thomas Fiedler vor zwei Jahren in Köln die Online-Plattform Mealmatch, die Menschen über gemeinsames Essen verbindet. Seine Freunde beschreiben den 43-Jährigen zwar als “zu klein, zu dick, zu faul und zu vorlaut”, doch was wirklich hinter dem Gründer steckt, wie seine Idee entstanden ist und welche Hürden ein Startup mit sich bringen, erzählt er deutsche-startups.de im Interview.

Hallo Thomas. Also klein und dick würde ich nicht unterschreiben aber erzähl mal, was du sonst machst, wenn du nicht gerade für Mealmatch in die Tasten haust und wie bist du eigentlich Gründer geworden?

Für das Gründen habe ich mich schon früh entschieden. Nach meiner Ausbildung zum Versicherungskaufmann war ich in verschiedenen Konzernen tätig, unter anderem bei der Allianz, der Lufthansa und in der Briefkommunikation der Deutschen Post. In den Unternehmen ist in der werktäglichen Praxis viel Energie in die Mikropolitik geflossen.  Auf diese Art zu arbeiten wollte ich nicht und dabei habe ich mir mehr Gestaltungsfreiheit und Selbstbestimmtheit gewünscht. Das bedeutet zwar auch mehr Risiko, mehr Stress – aber auch mehr Spaß und Lebensglück.

Wieso und wann bist du auf die Idee mit Mealmatch gekommen?

Die Idee zu „Mealmatch“ entwickelte sich aus einem Gespräch zwischen meinem Co-Founder Olaf und einem Freund über ein Kochrezept. Der Freund grämte sich bei dem Gedanken daran ausschließlich für sich alleine kochen und essen zu müssen. Daraufhin entschlossen wir uns eine Social-Dining-Plattform zu entwickeln, um Menschen weltweit bei einem gemeinsamen Essen an einen Tisch zu bringen.

Gab es für dich einen Schlüsselmoment bevor es losging?

Vor dem Startschuss für Mealmatch führten wir einige launige Gespräche im Garten. Wir mussten über Dienstleister und weitere Kollegen nachdenken. Und wir haben uns eine mögliche Entwicklung vorgestellt. Dabei hatten wir vor dem Scheitern nie Angst, aber wir haben uns sehr intensiv darüber ausgetauscht, was geschieht, wenn das Projekt ein wirklicher Erfolg wird und ob wir diese möglichen Veränderungen in unserem Leben wirklich wollen. Dann erst haben wir uns für Mealmatch entschieden, mit allen Konsequenzen die daraus folgen können.

War Mealmatch dein erstes Baby im Bereich Startup?

Mealmatch ist mittlerweile mein zehntes Projekt. Davor war ich mit einem Sofort-Telefondolmetscherdienst unternehmerisch tätig und habe u.a. freiberuflich für einen Dienstleister von Miles & More das Partnermanagement einer internationalen Bildungsplattform geleitet.

Bist du alleine gestartet und wie hat dein nahes Umfeld auf die Idee reagiert?

Mein Compagnon in Crime ist Olaf. Familie und Freunde haben uns motiviert die Idee umzusetzen und unterstützen uns bis heute.

Was genau ist Mealmatch?

Mealmatch verbindet über eine Online-Plattform Menschen für ein gemeinsames Essen – sei es in Restaurants, Hotels oder im privaten Umfeld. So finden Teilnehmer neue Freunde in ihrer Stadt und können im Urlaub und auf Geschäftsreisen mit netten Leuten lecker speisen. Bei Mealmatch kann sich jeder kostenlos anmelden, um bei einem Meal neue Kontakte zu knüpfen oder als Restaurant bzw. privater Gastgeber ein leckeres Meal anbieten.

Wie sah dein Leben am Anfang der Gründung aus?

Die Anfangszeit war aufregend und natürlich von einer sehr dynamischen Aufbruchstimmung geprägt. Eine Reise ins Ungewisse und ein Abenteuer auf das wir uns einlassen wollten. Wir hatten viele Ideen im Kopf und haben uns Zeit genommen diese zu besprechen, einzuordnen, umzusetzen und teilweise dann auch zu verwerfen.

In welchen anderen Bereichen bist du noch aktiv?

Bei der Gründung haben wir uns darauf verständigt unseren Fokus auf die Entwicklung von Mealmatch zu legen. Mittlerweile bilden wir mit lieben Kollegen ein tolles Team und dadurch bleibt gegenwärtig etwas Zeit mit verschiedenen Agenturen und Akteuren Eventkonzepte zu entwickeln, in denen dann auch Mealmatch eine Rolle spielt.

Welche Hürden musstest du am Anfang nehmen und was hast du daraus gelernt?

Wir hatten in den ersten Wochen einige technische Anlaufschwierigkeiten, die auf eine Fehlentscheidung zurück zu führen waren. Verleitet von einem sehr günstigen Angebot und ohne tiefes technisches Verständnis haben wir uns für einen IT-Dienstleister entschieden, der unsere Anforderungen später nicht erfüllen konnte. Das hat uns nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch einiges Lehrgeld gekostet. Ein guter Freund aus meiner Zeit in Berlin, der ein hervorragender Software-Entwickler ist, hat uns in dieser Situation dann sehr geholfen und ist seit dem als CTO fest im Team. Darüberhinaus ist uns bewusst geworden, dass die Suche nach Verstärkung für unser Team eine dauerhafte Aufgabe sein wird, der wir konsequent nachgehen.

Wie nimmst du die Startup-Szene wahr? Was hat sich in den letzten Jahren verändert?

Die Startup-Szene in und rund um Köln, also das so genannte RheinlandValley, wirkt auf mich reifer und strukturierter als noch vor einigen Jahren. Die Akteure sind zu einem großen Teil einander bekannt, oft vernetzt und helfen sich gerne. Ideal wäre es, wenn das Startup-Ökosystem von staatlicher Seite mehr echte Unterstützung erfahren würde und vom Abbau bürokratischer Hürden profitieren könnte.

Was würdest du anderen Gründern, die noch ganz am Anfang stehen, empfehlen und wovor warnen?

Wenn man den Drang zum Gründen verspürt, dann empfehle ich lieber mutig zu scheitern, als es später bereuen, dass man den Schritt nichg gewagt hat. Im Vorfeld sollten Gründer Ihre Idee auf den Prüfstand stellen und auch Dritte um eine Einschätzung bitten. Wenn das Vorhaben überzeugen kann, dann ist es wichtig das nötige Know-How ins Unternehmen einzubringen und trotz allem Enthusiasmus nicht allzu optimistisch zu planen, sondern auch Durststrecken einzukalkulieren.

Und zu guter letzt, sag uns, wohin die Reise mit Mealmatch in naher Zukunft gehen wird und wo du dich in fünf Jahren siehst?

Nachdem wir den Proof of Concept erbringen konnten, haben wir unsere Prozesse und das Marketing optimiert und planen jetzt im nächsten Schritt die Expansion in weitere Städte. Wenn alles ganz fantastisch läuft, dann wird es in spätestens fünf Jahren ganz selbstverständlich sein über Mealmatch Menschen bei einem gemeinsamen Essen zu begegnen – und das weltweit in Restaurants, Hotels und im privaten Umfeld. Es wäre wunderbar, wenn wir mit Mealmatch unseren Beitrag dazu leisten können Menschen wieder aus der Bude ins Leben zu bringen oder Leben in die Bude.

In unserem Themenschwerpunkt Köln berichten wir gezielt über die Digitalaktivitäten in der Rheinmetropole. Mit über 650 Start-ups, 25 Gründerzentren, attraktiven Investoren und zahlreichen Veranstaltungen und Netzwerken bieten Köln und das Umland ein spannendes Ökosystem für Gründerinnen und Gründer. Diese Rubrik wird unterstützt vom Digital Hub Cologne und der Stadt Köln.

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Foto (oben): Mealmatch

Sümeyye Algan

Sümeyye Algan, Redakteurin bei deutsche-startups.de, mit Blick aufs Ruhrgebiet, seine Geschichten und Persönlichkeiten. Nach zwei Praktika bei der WELT in Berlin und dem WDR in Essen, arbeitete sie u.a. für den WDR und als freie Autorin für Informer Online.