Gastbeitrag

So baust Du deinen Finanzplan mit Google Tabellen auf

Mit der Struktur deines Finanzplans gibst Du eine erste Visitenkarte ab, wie gut Du dein Business verstehst und wie gut Du es durchdacht hast. Eine gute Struktur erleichtert einem Investor den Einstieg und hilft ihm sich mit deinem Geschäftsmodell auseinanderzusetzen.
So baust Du deinen Finanzplan mit Google Tabellen auf
Donnerstag, 31. Mai 2018VonTeam

Die Erstellung eines aussagekräftigen Businessplans ist ein wichtiger Baustein für deine Unternehmensplanung und die Finanzierung deines Startups. Mit diesem Beitrag zeigen wir Dir, wie ein guter Finanzplan aufgebaut sein muss. Auch wenn wir zur praktischen Anwendung auf Google Tabellen eingehen, kannst Du viele dieser Hinweise und Tipps auch für die Pflege deines Businessplans unter Excel verwenden.

Google Tabellen vs Excel

Zunächst ein paar Gründe, warum wir Google Tabellen (gSheets) für die Erstellung von Finanzplänen bevorzugen. Folgende Features mögen wir an gSheet ganz besonders:

1. Google Sheet ist auf Zusammenarbeit ausgelegt. Vor allem wenn Du mit anderen Teammitgliedern an der Umsetzung deiner Idee arbeitest oder dir auch externe Hilfe oder mal ein schnelles Feedback einholst.

2. Google Sheet kann sehr nützliche Funktionen, die wir so aus Excel nicht kennen. Zum Beispiel “=FILTER” in Kombination mit “=SUM” sind sehr mächtige gSheet Funktionen. Damit ist z.B. das Konsolidieren über Spalten und Zeilen ein Kinderspiel.

3. Google Sheet kann Add-Ons und Scripts. Das heißt für gSheet gibt es eine riesige Auswahl sehr hilfreicher Add-Ons. Zur Not kannst Du auch einfache eigene App Scripts erstellen. Dabei kannst Du auf einen großen weltweiten Pool von Entwicklern zurückgreifen.

4. Versionierung ist ein natives Feature, d.h. Du kannst es Dir sparen Zwischenschritte in Versionen explizit abzuspeichern (Du findest die Versionierung durch Klicken auf den Link “All changes saved in Drive” direkt neben dem Menü)

Wenn Du also nicht schon einen gigantischen Wissensvorsprung in Excel hast, dann starte mit Google Sheet. Als eingefleischter Excel Fan sind deine Wechselkosten nur zu hoch, wenn Du Excel mit Visual Basic programmieren kannst. Aber ob Google Tabellen oder Excel, am Ende sind beides auch nur Werkzeuge. Die Qualität deines Finanzplans hängt primär von den Inhalten und der Struktur ab.

Deinen Finanzplan strukturieren

Mit der Struktur deines Finanzplans gibst Du bereits eine erste Visitenkarte ab, wie gut Du dein Business verstehst und wie gut Du es durchdacht hast. Eine gute Struktur erleichtert einem Investor den Einstieg und hilft ihm sich konstruktiv mit deinem Geschäftsmodell auseinanderzusetzen. Zudem schaffst Du mit einer durchdachten Struktur die Grundlage, dass Du auch dauerhaft den Überblick behälst und der Finanzplan für Dich eine echte Hilfe im Aufbau und in der Entwicklung deines Unternehmens ist.

Universelle Regeln

Für den Aufbau deines Finanzplans gibt es ein paar universale Regeln, die Standard für einen guten Finanzplan sind.

1. Zeit wird horizontal in Spalten abgebildet. Das heißt, Monate, Jahre und andere Zeitintervalle werden in Spalten eingetragen, von links nach rechts.

2. Du unterscheidest Erträge (Gewinn und Verlust) und Cashflow. Darauf kannst Du wirklich nur verzichten, wenn der zeitliche Unterschied zwischen dem Auftreten der Zahlung (Perspektive Ertrag) und dem Leisten der Zahlung (Cashflow) ein sehr gut planbarer und kurzer Zeitraum von < 30 Tagen liegt. Zudem kannst Du auf diese Differenzierung verzichten, wenn dein Business noch so klein ist, dass es “nicht so schlimm ist”, wenn Du vielleicht die ein oder andere Rechnung mal vorstrecken musst.

3. Dein Unternehmen ist eine Formel. Ein guter Finanzplan zeigt die Wirkungsweise deines Geschäftsmodells. Das heißt zum Beispiel, dass Umsätze ein Ergebnis von Preisen und Absatzmenge sind. Die Absatzmenge wiederum ist ein Ergebnis deiner Marketing- und Vertriebsaktivitäten. In keinem Fall aber sind Umsätze statische Werte, die Du von Hand planst oder dir ausdenkst. Als Daumenregel gilt, dass Du nur Kosten als “harte Werte” einträgst. Alle Umsätze sind dagegen das Ergebnis einer Berechnung.

Formatierungen und Aufteilung

Darüber hinaus haben wir mit folgendem Aufbau und Regeln für die Formatierung sehr gute Erfahrungen gesammelt:

1. Bau ein zentrales Cockpit auf. Es gibt ein zentrales Cockpit in dem Du alle wesentlichen Annahmen einträgst und auch nur über das Cockpit veränderst. Andere Tabellenblätter ziehen die Werte aus diesem zentralen Cockpit. Wir nennen diese veränderbaren Werte Faktoren. Sofern ein Faktor auf mehreren Tabellenblättern verwendet wird, pflege den Faktor im Cockpit. Sofern es zwar ein veränderbarer Wert ist, der aber nur für die Berechnung auf einem einzigen Tabellenblatt genutzt wird, musst Du ihn nicht zwingend im Cockpit pflegen. Das Cockpit bietet eine Übersicht über alle unternehmenskritischen Einflussfaktoren. Damit hast Du gleichzeitig auch die Basis geschaffen, um relativ leicht Szenarien und Varianten deines Plans zu bauen.

2. Integriere zentrale Ergebnisgrößen in dein Cockpit. Lass Dir die für dich wichtigen Ergebnisgrößen im Cockpit anzeigen (z.B. Cashflow, benötigtes Kapital, Gewinn etc).  Damit hast du alle wichtigen Einflussfaktoren und den Output auf einer übersichtlichen Seite. Du kannst so sehr leicht Faktoren variieren und siehst unmittelbar die Varianz und die Veränderung der wichtigen Ergebnisse. Damit bekommst Du auch ein Gefühl, wie groß der Einfluss verschiedener Faktoren auf dein Geschäftsmodell ist.

3. Setze farbliche Markierung für Faktoren. Überlege dir einen Farbkodex, mit dem Du Faktoren innerhalb deines Finanzplans kenntlich machst. Das gibt einem Leser / Mitarbeiter die Chance, deine variablen Faktoren an den richtigen Stellen zu variieren. Wir verwenden eine kräftige Signalfarbe, wenn der Faktor an dieser Stelle verändert werden kann und darf. Dagegen nehmen wir eine schwächere Farbe, wenn Faktoren nur aus dem Cockpit übertragen werden. In vielen Fällen sperren wir die Zellen auch an diesen Stellen. Wir verwenden farbliche Markierungen außerdem für Zellen, die eine Formel enthalten. Außerdem markieren wir auch unsere Tabellenblätter farblich.

4. Baue Validierungen in deinen Finanzplan ein. Viele Wege führen nach Rom, das gleiche Ergebnis erreichst Du oft über unterschiedliche Rechenwege. Überprüfe und teste deine eigenen Berechnungen, indem Du das Resultat auf anderem Weg her leitest. Die beste Validierung überhaupt ist übrigens eine Bilanz. Dafür brauchst Du jedoch ein wenig Erfahrung bzw. Buchhaltungs-Kenntnisse. Wer sich die Mühe macht, eine Bilanz zu planen, ist auf der sicheren Seite, dass seine Berechnungen stimmen. Das gilt insbesondere für Geschäftsmodelle mit Lagerbestand und großen zeitlichen Verzögerungen in den  Zahlungsflüssen. Wir haben in unserem E-Commerce Beispiel weiter unten eine Bilanz eingebaut. Dabei geht es nicht um ein Forecasting der Bilanz. Sondern primär um eine Validierung deiner Buchungen und Berechnungen.

5. Plane immer auf Monatsbasis. Wir planen alle Werte durchgehend auf Monatsbasis. Wenn wir Werte z.B. nach Jahren konsolidieren wollen, dann machen wir das auf eigenen Tabellenblättern. Zum einen macht das deinen Finanzplan robuster und weniger fehleranfällig, als wenn Du z.B. Zwischensummen in Spalten berechnest. Zum anderen hat es den Vorteil, dass Du Formeln nur einmal anlegen musst und dann einfach von links nach rechts durchziehen kannst. Schließlich kannst Du dann einfach auch abgelaufene Monate löschen, ohne dass es Dir Berechnungen zerschießt. So gelingt es Dir deinen Finanzplan immer “up to date” zu halten.

6. Pflege einen Kassenstand. Wenn du eine Bilanz pflegst hast Du deinen Kassenstand bereits. Wenn Du Dir die Mühe einer Bilanz nicht machen möchtest, dann pflege zumindest den Kassenstand. Mit der Funktion “Min” kannst Du dir so relativ einfach das benötigte Kapital berechnen. Sofern Du an alles gedacht hast, ist Dein benötigtes Funding nichts weiter als das lokale Minimum deines Kassenstands.

Google Tabellen-Hacks

Sofern Du Google Tabellen verwendest hier ein paar Tipps, wie Du mit deinem gSheet arbeitest. Wir verwenden konsequent Englisch als Menüsprache, weil Du bei Rückfragen und Recherchen auf Google deutlich mehr Auswahl hast als auf Deutsch.

1. Starte mit den Spreadsheet Settings. Setze English als Sprache, dein Locale aber auf Deutschland. Auf dem Tab Calculation setzt Du “Recalculation” auf “on change”. Dein Locale beeinflusst die Formatierung von Zahlen und Daten.

1_Gastbeitrag Deutsche Startups_Finanzplanung gSheet_Speadsheet Settings

2. Sofern Du deine Spreadsheet Settings gesetzt hast, beschleunigt die Formatierungsleiste für Zahlen unter dem Hauptmenü deine Arbeit. Mit Deutsch als deinem Locale werden hier die passenden Shortcuts angeboten (Euro, Punkt als Tausender Separator).

2_Gastbeitrag Deutsche Startups_Finanzplanung gSheet_Speadsheet Settings

3. Schneide deine Tabellen zurecht und entfernen nicht benötigte (leere) Spalten und Zeilen. Wir verwenden dafür das Add-On “Crop Sheet”. Das Zurechtschneiden beschleunigt das Laden und das Arbeiten in deinem Tabellenblatt.

4. Wenn Du deine Tabellenblätter zurecht schneidest, dann kannst Du mit dem folgenden Shortcut an das Ende einer Zeile springen und sie gleichzeitig markieren. Dieser Shortcut hat den großen Vorteil, dass Du dir das lästige Durchziehen der Formeln sparst. Einfach Formel kopieren, Zeile mit dem Shortcut “CMD + SHIFT + Rechtspfeil” markieren und dann einfügen.

CMD + Pfeil = bis ans Ende der Zeile / Spalte springen

CMD + SHIFT + Pfeil = bis ans Ende der Zeile / Spalte springen und alles markieren

5. Wenn Du Datenreihen aus anderen Tabellen kopierst, solltest Du Dir die Funktion “Paste transposed” anschauen. Werte, die in einer Spalte und in n-Zeilen stehen, werden durch “Paste transposed” in eine Zeile auf n-Spalten eingefügt.

3_Gastbeitrag Deutsche Startups_Finanzplanung gSheet_Speadsheet Settings

6. Nutze die Funktionen “Filter” und “Sum”, um Jahres- oder Quartalsansicht zu erstellen. Mehr dazu in unserem Beispiel.

7. Mit der Funktion “Offset” kannst Du die zeitliche Varianz von Zahlungsflüssen modellieren (Cash Flow vs Ertrag), ebenfalls in unserem Beispiel.

8. “Conditional formatting” (findest Du unter “Format”) ist vor allem sehr hilfreich für Validierungen deiner Berechnungen. Z.B. vergleichst Du zwei Rechenwege direkt miteinander, in dem Du die Ergebnisse voneinander abziehst. Wenn alles stimmt kommt Null raus. Setze die Schrift auf weiß und alles ungleich Null auf rot. Jedoch solltest Du “conditional formattings” spärlich einsetzen. Insgesamt ist diese Form der Formatierung sehr performancelastig und erschwert das Laden deines Sheets.

Beispiel E-Commerce

In unserem Beispiel greifen wir viele der hier skizzierten Formeln und Hacks mindestens einmal auf. Bei Fragen oder Unklarheiten hinterlasse gerne einen Kommentar.

Fazit – Ein guter Finanzplan erleichtert Dir das Leben

Ein gut aufgebauter Finanzplan ist das Fundament, um die Wirkungsweise und Mechanik deines Geschäftsmodells zu dokumentieren, zu diskutieren und zu verstehen. Er gibt dir und Investoren Transparenz und Sicherheit, dass Du dein Unternehmen gut durchdacht hast. Dabei geht es nicht darum eine sehr genaue Planung der Zukunft vorzulegen, schließlich haben wir alle keine Glaskugel. Deutlich wichtiger ist es, dass Du mit deinem Finanzplan ein flexibles Instrument bekommst, mit dem du schnell und einfach verschiedene Varianten und Szenarien deines Unternehmens planen kannst. Ein gut durchdachter und aufbereiteter Finanzplan gibt Dir ein gutes Gefühl für die richtigen Stellschrauben in deinem Unternehmen.

Über den Autor
Andreas Diehl 
ist Gründer und Geschäftsführer der Digitalen Neuordnung (#DNO), einer Beratung für digitale und agile Unternehmensentwicklung. Die #DNO unterstützt mittelständische Unternehmen in ihrer digitalen Transformation und Startups beim Aufbau ihrer Geschäftsmodelle.

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Foto (oben): Shutterstock