Gastbeitrag von Robert Andersen

SXSW = die größte Buzzword-Party des Jahres

Meine Kinder werden später AI-Trainer und bringen den künstlichen Intelligenzen bei, keine Arschlöcher zu werden. Denn Machine Learning zeichnet immer das extreme Abbild unserer Menschheit. Um Horrorszenarien, wie James Camerons Skynet zu vermeiden, braucht es Menschen, die Maschinen Toleranz vorleben-
SXSW = die größte Buzzword-Party des Jahres
Dienstag, 21. März 2017VonTeam

Die SXSW ist die größte Buzzword-Party des Jahres. Hier werden die Trends formuliert, die wir uns die nächsten 365 Tage gegenseitig erzählen werden. Ich hatte dieses Jahr eine persönliche Agenda und wollte jemanden finden, der mir erklärt, ob meine zweijährigen Söhne in zwanzig Jahren noch arbeiten müssen oder sich das dank der Künstlichen Intelligenzen endlich erledigt hat.

Noch 28 Jahre bis zur Singularität
Ich fing mit Googles Director of Engeneering Ray Kurzweil an. Der Pionier der Spracherkennung sprach zusammen mit seiner Tochter Amy über die Zukunft. Ray datiert das Eintreten der Singularität auf das Jahr 2045 – damit ist der Zeitpunkt gemeint, an dem menschliche und technologische Intelligenz verschmelzen. Ab dann sind Maschinen so schlau wie Menschen und können nicht nur eine Fähigkeit (Narrow AI), wie Autofahren oder SEO-Texte schreiben, sondern alles perfekt ausführen (General AI).

Das Ende der Suche
Amanda Richardson von HotelTonight propagiert mit ihrem AI-basierten Hotelbuchungs-Startup das Ende der „Suche“, wie wir sie bisher kennen und integriert ihren Bot als eine Fähigkeit in andere Bots. Denn je mehr digitale Assistenten – wie Alexa, Bixby oder Siri – uns die Wünsche von den Augen und unseren ‚Purchase Histories’ ablesen, desto weniger findet der humane Use Case „Suche“ noch statt. SEO-Texter sollten meine Kinder also lieber nicht werden.

„Computer gods who decide what I like“
Welchen Einfluss künstliche Intelligenz künftig auf unseren Alltag haben könnte, thematisiert Marc Jacobs unterhaltsam und mit erschreckend einleuchtenden Beispielen. Der 53-jährige Modedesigner spricht in seinem Vortrag von Computergöttern, die für ihn entscheiden, was er mag und von seinem Telefon, durch das er seine Informationen bekommt. So mystisch und amüsant das klingt, ist das ehrlicher formuliert als ich es mir jemals eingestehen würde. Auch ich als professioneller Digitalversteher kann kaum noch nachverfolgen, woher meine Informationen und meine Wünsche kommen.

Das Discovery-Problem
Ich stolpere stundenlang im nächtlichen Regen durch Austin um einen Snapbot (Snapchat Spectacle Automat) zu finden. Und das, obwohl ich diese Aktion als Hype empfinde. Aber warum kommt dieser Hype bei mir an und nicht die tausend anderen Dinge, die es auch wert wären? Wenn wir innerhalb der Gewächshäuser von AI-basierten Empfehlungssystemen leben – wie haben dann neue Ideen, Marken und Unternehmensgründungen eine Chance entdeckt zu werden? Das passt irgendwie nicht zusammen. Mir bleiben noch 365 Tage Zeit, um dieses Problem zu knacken bevor die nächste SXSW mich mit neuen Fragen versorgt.

Wir werden Maschinentrainer
Auf eine Frage habe ich allerdings schon dieses Jahr eine Antwort gefunden: Meine Kinder werden später AI-Trainer und bringen den künstlichen Intelligenzen bei, keine Arschlöcher zu werden. Denn Machine Learning zeichnet immer das extreme Abbild unserer Menschheit. Um Horrorszenarien, wie Microsofts Tay oder James Camerons Skynet zu vermeiden, braucht es Menschen, die Maschinen Diversität und Toleranz vorleben. Am besten fange ich schon einmal an.

Über den Autor
Robert Andersen ist Executive Creative Director bei Leo Burnett Deutschland. Viele seiner Arbeiten für digitale Markenführung sind mehrfach ausgezeichnet. Aktuell darf er für die großartigen Marken Jeep, LIDL und Samsung vordenken und begeistern.

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Foto (oben): Shutterstock