Gastbeitrag von Eric Salbert

Kickstart für Ideen: Design Thinking & Lean Startup 

Bei allen Produkten, bei denen selbst das MVP Zeit und Geld kostet, kann Design Thinking helfen, im Vorfeld einen Einblick in die Zielgruppe zu bekommen und zu besseren Konzepten zu gelangen. Das bedeutet nicht, dass Design Thinking mit der Umsetzung des MVP aufhört, es ist eher eine ganzheitliche Denkweise.
Kickstart für Ideen: Design Thinking & Lean Startup 
Montag, 12. Dezember 2016VonTeam

Lean Startup und Design Thinking sind seit ein paar Jahren in aller Munde. Doch bietet keiner der beiden Ansätze für sich genommen DIE eine Methode, mit der man neue Produkte von der ersten Idee bis zum Erfolg am Markt führen kann.

Natürlich kommt es immer auf den konkreten Anwendungsfall an, aber eine Kombination aus beiden Ansätzen ist oftmals sinnvoll, weil sie sich wunderbar ergänzen. Design Thinking fokussiert sich stark auf das emotionale Verständnis des Kunden. In verschiedenen Workshops wird versucht, sich in den Kunden hineinzuversetzen und es werden zusammen verschiedene Prototypen entwickelt. Das Ziel ist ganz klar, Empathie für die Kundengruppe zu erlangen und neben konventionellen Ansätzen zusätzlich bewusst radikale Vorschläge zu generieren und diese im Prototyping neben den konventionellen Ansätzen zu untersuchen. Bei Lean Startup geht es darum, schnell an den Markt zu gehen, direkte Feedbacks von den Nutzern zu erhalten, daraus zu lernen und das Gelernte wieder in die Produktentwicklung einfließen zu lassen.

Die wichtigsten Konzepte von Lean Startup

Minimum viable product (MVP)

Ein MVP ist die Umsetzung einer Produktidee mit geringstem Aufwand und der geringsten Anzahl an Features, die es dennoch erlaubt, das Geschäftsmodell und die Kundenakzeptanz hinter der Idee zu erproben. Es ermöglicht, schnellstmöglich Feedback von den Kunden zu erhalten und daraus Entscheidungen abzuleiten.

Split Testing (A/B Testing)

Beim A/B Testing geht es darum, verschiedene Versionen des Produkts jeweils einem Teil des Kunden anzubieten. Dadurch lassen sich Änderungen schnell testen und rausfinden, welche Variante beim Kunden besser ankommt.

Pivot

Ein Pivot ist ein Kurswechsel, der radikal sein kann. Angenommen, das Produkt wird komplett nicht am Markt angenommen, so wird ein Kurswechsel durchgeführt. Dieser kann sich auf Produkt, Strategie und Positionierung auswirken.

Build – Measure- Learn

Das ist der typische Zyklus, für den Lean Startup bekannt ist. Es wird etwas gebaut, am Anfang erstmal ein MVP, Daten und Feedback eingeholt, daraus neue Maßnahmen abgeleitet und diese Erkenntnisse fließen wieder in die Produktentwicklung ein.

Was ist Design Thinking?

Wie schon erwähnt, geht es beim Design Thinking mehr um das emotionale rausfinden der Kundenbedürfnisse. Wie fühlt sich der Nutzer und wie kann dein Produkt seine Bedürfnisse befriedigen? Der Zyklus beim Design Thinking sieht so aus, wobei man sich zwischen jeden einzelnen Schritt hin und her bewegen kann:

Empathy – Define – Ideate – Prototype – Test

Empathy
Die Kundengruppe kennenlernen, die man mit dem Produkt ansprechen will

Define
Fragen und Probleme formulieren, basierend auf den Erfahrungen mit der Kundengruppe

Ideate
Brainstorming und Ideen generieren

Prototype
Ideen als Prototypen visualisieren. Prototypen können bei Softwareprojekten einfache Clickdummys, erste Wireframes oder einfache Collagen sein.

Test
Die verschiedenen Prototypen mit den potentiellen Kunden aus dem ersten Schritt testen und Feedback einholen.

Lean Startup vs. Design Thinking: Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Beide Ansätze sehen den Kunden im Mittelpunkt und setzen auf frühes Kundenfeedback. Der Unterschied liegt im Zeitpunkt und in der Denkrichtung. Beim MVP Ansatz wird schnell etwas gebaut und dann auf den Kunden losgelassen, um Feedback zu erhalten. Klar ist, dass man auch ohne Design Thinking vor dem Launch eines MVP bereits Nutzertests machen kann. Aber das tiefe Verständnis für den Kunden und die Generierung verschiedener (auch radikaler und disruptiver) Ideen bevor auch nur irgendein funktionales Produkt entwickelt wird, ist beim Design Thinking ausschlaggebend. Der springende Punkt ist, dass Design Thinking auf ein hohes emotionales Verständnis der potentiellen Kunden setzt, bevor irgendwas produktiv umgesetzt wird.

Design Thinking als sinnvolle Ergänzung, bevor es mit dem MVP losgeht

Genau zu Beginn des Schaffens spielt Design Thinking seine Stärke aus. Wer einfach nur einen MVP baut, läuft Gefahr unter komplett falschen Annahmen gestartet zu sein. Bereits das MVP sollte zusammen mit den Nutzern erarbeitet werden und nicht etwas sein, das irgendwie rausgefeuert wird, um danach mal zu gucken. Der neuseeländische Unternehmer Greig Cranfield bringt es auf den Punkt: “An MVP is not a license to be rubbish, it’s your first crack at getting your users to love you.”

Wenn das  MVP unter total falschen Voraussetzungen entstanden ist, bringen auch die gesammelten Daten und Userfeedbacks nichts. Wenn die Zielrichtung eine falsche war, weil man sich zu wenig mit dem Kunden auseinandergesetzt hat, werden kleine Verbesserungen das nicht mehr drehen können. Natürlich kommt es drauf an, was genau die Produktidee ist und wie viel Aufwand in das MVP fließt. Wenn es nur sehr wenig Aufwand ist, kann es durchaus Sinn machen, direkt mit einem MVP loszulegen. Aber auch hier gilt, dass es für den Erfolg wichtig ist, sich in die Zielgruppe reinzuversetzen und neben Auswertungen von A/B Tests die wirklichen Kunden besser kennenzulernen.

Bei allen umfangreichen Produkten, bei denen selbst das MVP Zeit und Geld kostet, kann Design Thinking dabei helfen, bereits im Vorfeld einen tiefen Einblick in die Zielgruppe zu bekommen und zu besseren und kreativen Konzepten zu gelangen. Das bedeutet nicht, dass Design Thinking mit der Umsetzung des MVP aufhört, es ist eher eine ganzheitliche Denkweise. Aber wenn der Start erstmal versaut ist, wird eine späte Änderung umso mehr Kosten verursachen, weshalb Design Thinking gerade zu Beginn eine große Bedeutung hat.

Zum Autor
Eric Salbert war mehrere Jahre mit dem Sprachreiseportal Lingoschools selbstständig und ist nun als Head of Product beim Kreditportal smava tätig. Zusätzlich betreibt er den Blog PRENEUR.DE rund um die Themen Entrepreneurship, Selbstbestimmung und Selbstoptimierung.  Dabei verfolgt er die Vision, allen unternehmerisch Interessierten dabei zu helfen, endlich ins Machen zu kommen und die eigenen Ideen in die Tat umzusetzen.

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Foto (oben): Shutterstock