André M. Bajorat im Interview

“Der Pivot war keine einsame Entscheidung”

"Der Geschäftsmodellwandel war ein Ausweg", sagt André M Bajorat von figo. "Es war nicht so, dass wir unser Geschäftsmodell ändern wollten. Viel mehr waren es vor allem äußere Umstände und Faktoren, die wir nicht beeinflussen konnten".
“Der Pivot war keine einsame Entscheidung”
Mittwoch, 7. Dezember 2016VonAlexander Hüsing

In unserem Themenschwerpunkt Pivot geht es um Start-ups, die ihren Kurs geändert haben. Grundsätzlich hat sich ein strategischer Kurswechsel bei vielen Startups bewährt. Statt ein totes Pferd zu reiten, ist ein Pivot immer die bessere Entscheidung. Im Pivot-Interview mit deutsche-startups.de spricht André M. Bajorat von der Banking-App figo über Entscheidungen, Herausforderungen und Krisenfälle.

figo startete einst als Banking-App, inzwischen ist figo eine Banken-API. Warum habt ihr Euer Geschäftsmodell geändert?
Es war nicht so, dass wir unser Geschäftsmodell ändern wollten. Viel mehr waren es vor allem äußere Umstände und Faktoren, die wir nicht beeinflussen konnten. 2012 startete figo als Banking-App, die sich an Endkunden richtete. Ziel war es, dem Nutzer ein finanzielles Zuhause zur Verfügung zu stellen und die Bank als Frontend zu ersetzen.

Was daran hat nicht funktioniert?
Insbesondere gab es dann 2013 Probleme, die figo-App über den Appstore von Apple anzubieten. Und das hatte dann beinahe das Ende unseres jungen Unternehmens zur Folge. Der Geschäftsmodellwandel war dann ein Ausweg.

Was war die größte Herausforderung, was die größte Schwierigkeit bei diesem Wandel?
figo hatte zum Zeitpunkt des Pivots bereits zwei Finanzierungsrunden hinter sich und damit war der Pivot keine einsame Entscheidung. Alle Gesellschafter und auch das operative Team mussten sich also auf einen Weg einigen. Das war in der Tat nicht einfach, da die ursprüngliche Idee natürlich mit viel Herzblut und Leidenschaft mehr als ein Jahr verfolgt wurde. Diese Idee also bewusst zur Seite zu legen und mit Leidenschaft und Überzeugung einen neuen Weg zu vertreten, war sicher die größte und kraftforderndste Herausforderung. Erschwerend kam hinzu, dass das heutige figo-Team nicht die ursprünglichen figo-Gründer sind. Kurz gesagt: Ein neues Team und ein neuer Cap Table mussten her.

Welche weiteren Veränderungen bei diesen Wandel waren in Sachen Personal nötig – ein B2B-Unternehmen braucht noch sicherlich andere Mitarbeiter als ein B2C-Start-up?
Wir haben Anfang 2014 im Grunde bei Null neu angefangen und haben heute rund 35 figos an Board, die in der Tat eher B2B denken und leben.

Und wie haben Eure Investoren auf Euren Pivot reagiert?
Sehr gut, was man auch daran sieht, dass alle weiter dabei sind und in Teilen sogar weitere Runden mit neuem Kapital begleitet haben. Gerade die Investoren der ersten Stunde, und über diese reden wir ja hier, sind in der Regel Menschen die ein hohes Verständnis für das Thema haben. Das in figo liegende B2B-Potential haben diese daher sehr schnell gesehen und uns auf dem harten Weg unterstützt.

Hat sich der Wandel denn gelohnt?
Wir sind Europas erster Banking Service-Provider, arbeiten aktiv an der Ausgestaltung der PSD2 für Deutschland mit, FinTechs, Banken und Softwarehäuser setzen auf unsere Technologie und vertrauen uns als Mittler zwischen den Welten. Also ja, es war rückblickend – zum Glück – genau die richtige Entscheidung!

Ist B2C nun gar kein Thema mehr für Euch?
Nein, wir sind ein Enabler für unsere B-Kunden.

Wie haben Eure B2C-Kunden auf den Pivot reagiert?
Zum Glück hatten wir noch nicht so viele App-Nutzer, als wir die Entscheidung trafen. Aber hier kann man nur offen und ehrlich kommunizieren, was wir auch getan haben. Das schöne ist, dass der eine oder andere unserer Urspungskunden figo weiterhin indirekt über Partnerdienste von uns nutzen.

Welchen Tipp gibst du anderen Gründern, die vor einem Pivot stehen?
Klare Regeln unter den Gesellschaftern für Krisenfälle und offene und klare Kommunikation in alle Richtungen.

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.