Christoph Neuhaus im Interview

“Wir arbeiten sehr lange an einem Investment”

"Wir haben rund 100 internationale Transaktionen begleitet – Zukäufe, Acqui-Hires, Dependance-Eröffnungen etc", sagt Christoph Neuhaus von Endeit Capital. Im VC-Interview mit deutsche-startups.de spricht der Geldgeber ansonsten über erfolgreiche Unternehmer, Zahnarztrechnungen und Täler.
“Wir arbeiten sehr lange an einem Investment”
Dienstag, 15. November 2016VonAlexander Hüsing

Die niederländische Investmentgesellschaft Endeit Capital schaut seit einiger Zeit stärker nach Deutschland. Der 2006 gegründete Geldgeber legte kürzlich einen millionenschweren Fonds auf (125 Millionen). Rund die Hälfte der Summe ist für Investments auf dem deutschen Markt vorgesehen. Gerade erst investierte Endeit aus dem neuen Fonds in den Werkzeugshop Contorion.

Thematisch dreht sich bei Endeit, das von Joop van den Ende ins Leben gerufen wurde, alles um Themen wie Digitale Medien, Marketing, Adtech, Mobile, E-Commerce und B2B. Das Kapitalgeber aus unserem Nachbarland investiert dabei 5 Millionen und mehr pro Runde in reifere Start-ups. Um die Deals hierzulande kümmert sich unter anderem Christoph Neuhaus. Im VC-Interview mit deutsche-startups.de spricht Neuhaus über erfolgreiche Unternehmer, Zahnarztrechnungen und Täler.

Reden wir über Geld. Was genau reizt Dich daran, Geld in Unternehmen zu investieren?
Auch wenn es etwas pathetisch klingt: Die Unternehmer, denen wir Geld zur Verfügung stellen, verändern unsere Welt. Sie machen Dinge schneller, leichter, effizienter, günstiger etc. Teil dieser Weiterentwicklung bzw. teilweise sogar Revolution zu sein, ist spannend und toll. Gleichzeitig verdienen wir natürlich auch an dieser Teilnahme.

In der VC-Welt wird oftmals mit Millionenbeträgen hantiert, wird Dir da nicht manchmal mulmig zumute – bei diesen Summen?
6 Millionen Euro zu überweisen, ist nicht das Gleiche, wie die Zahnarztrechnung von letzter Woche zu begleichen, stimmt. Aber wir arbeiten sehr lange und gründlich an einem möglichen Investment, bevor es zu diesem letzten Schritt kommt. Und wenn das Geld überwiesen ist, arbeiten wir beim “Ausgeben” eng mit den Gründern zusammen.

Was sollte jeder Gründer über Euch wissen – wie etwa grenzt Ihr Euch von anderen Investoren ab?
Wir machen ein bis zwei Deals pro Partner pro Jahr. Andere VCs machen das drei bis vierfache. Wir wählen diesen Ansatz, weil wir stärker bei jedem einzelnen Portfoliounternehmen involviert sein wollen. Und unsere volle Energie mit einbringen möchten – immerhin haben alle auch einen Großteil ihres eigenen Vermögens in den Fonds investiert. Daher sind wir aber gleichzeitig auch deutlich wählerischer.

Welche Unterstützung bietet Ihr – neben Geld?
Wir haben rund 100 internationale Transaktionen begleitet – Zukäufe, Acqui-Hires, Dependance-Eröffnungen etc. Unsere Stärken liegen also in der strategischen Ausrichtung, wie auch der Internationalisierung der Portfoliounternehmen. Darüber hinaus helfen wir gerne beim Markenaufbau bzw. Branding einer Firma oder ihres Produktes.

Wie entscheidet Ihr, ob Ihr in ein Start-up investiert: Bauchgefühl, Daten, Beides oder was ganz anderes?
Gründer: Bauchgefühl. Business Plan: Daten, Daten und Daten. Darüber hinaus sind uns die anderen Shareholder – so schon welche an Board sind – sehr wichtig. Alle müssen pragmatisch an einem Strang ziehen, damit wir den Stein so richtig ins Rollen bekommen.

Wie organisiert Ihr den Austausch mit Euren Portfolio-Firmen, welche Tools nutzt Ihr?
Telefon und E-Mail. Der Austausch sollte kollegial und freundlich sein. Wir sind Sparringspartner, Gründer sollten gerne bei uns anrufen wollen.

Nicht jedes Start-up läuft rund, nicht jedes wird ein Erfolg. Was macht Ihr, wenn eine Eurer Beteiligungen in Schieflage gerät?
Helfen wo wir nur können – es gibt immer Täler, durch die man muss. Und alles dauert immer länger als man denkt. Deshalb arbeiten wir gemeinsam, diese Phasen zu meistern. Sollte jedoch im Kern etwas nicht stimmen, haben wir auch keine Angst, die schwachen Stellen neu zu besetzten und/ oder das Schiff komplett neu auszurichten. Insgesamt muss man jedoch sagen, dadurch dass wir erst in einer späteren Phase investieren, gab es bei uns kaum Write-Offs.

Und woran merkt Ihr, dass Ihr bei einem Start-up die endgültige Reißleine ziehen müsst?
Haben wir einmal gehabt: Wir waren in einem stark wachsenden Markt, in dem sich mehrere Wettbewerber befanden, investiert. Die Gründer des Unternehmens wollten so wenig wie möglich Anteile durch Finanzierungsrunden verlieren. In unseren Augen waren wir dadurch nicht mit genug Kapital ausgestattet, um in diesem Markt mitspielen zu können. Da haben wir die Anteile verkauft.

Gibst Du uns einen Einblick in Euer Anti-Portfolio – bei welchen, jetzt erfolgreichen, Firmen seid Ihr leider nicht eingestiegen?
Ein kleiner Einblick: Dreamlines – da war Holtzbrink schneller als wir. Catawiki, da war Accel aggressiver als wir. Klarna, da waren wir noch zu jung – und Sequioa geschickter als wir. Alle drei haben zwar noch keinen großen Exit gemacht, scheinen sich aber – ohne uns – sehr gut zu entwickeln.

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.