Don't try to be important

Omnea-Gründer Bohg ist ein feuergetaufter Zweit-Gründer

"Wir haben die ersten Jahre unserer Gründung komplett ohne Start-up-Pressearbeit durchgezogen und uns auf Markt und Produkt fokussiert. Also: Eher dem Handwerker erzählt, warum Omnea ihm super helfen kann, und nicht der Szene im Soho-House", sagt Omnea-Mitgründer Thorsten Bohg.
Omnea-Gründer Bohg ist ein feuergetaufter Zweit-Gründer
Donnerstag, 9. April 2015VonAlexander Hüsing

Das Berliner Start-up Omnea ist eines dieser Jungunternehmen, die sich lieber verstecken, als mit Medien irgendeiner Art zu sprechen. Zumindest bisher. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Omnea-Mitgründer Thorsten Bohg (Foto: links), ehemals TopTarif, nun erstmals ausführlich über sein nicht mehr ganz so neues Start-up, das bereits 2013 gegründet wurde und schon 70 Mitarbeiter beschäftigt – siehe dazu auch “Omnea hilft Unternehmen sich online zu präsentieren“. Zudem erzählt er ausführlich über sein Leben als Zweit-Gründer und wie er seine Mitgründer Stefan Kühnemund, Philip Conrath und Irfan Cerci (siehe unten) gefunden hat.

Nach TopTarif bauen Sie nun seit einiger Zeit Omnea auf. Was verbirgt sich hinter Ihrem neuen Baby?
Omnea ist das effizienteste Tool zur Verbesserung der Online-Sichtbarkeit lokaler Unternehmens-Filialen. Auf den relevantesten Verzeichnissen und Apps, inklusive GoogleMyBusiness, Facebook, MeineStadt und 30 weiteren, werden automatisiert alle Datenfehler korrigiert, Unternehmensprofile angereichert und für optimale Konsistenz laufend synchronisiert.

Wer ist die Zielgruppe dieser Dienstleitung?
Das ist für lokale Unternehmen, wie zum Beispiel Restaurants, Handwerker, Ärzte, Makler, sonstige Dienstleister und generell Ladengeschäfte sehr interessant, denn das Budget für lokales Marketing ist oft überschaubar und es kommt auf jeden Pfennig an. Auf keinem anderen Weg kann ein lokales Gewerbe so viel für die Verbesserung seiner Online-Sichtbarkeit und seiner Rankings tun wie mit Omnea. Statistiken halten die Ausgaben für Geo-Marketing für 12 mal effektiver als andere Online-Marketing-Kanäle. Für ein Omnea-Komplett-Paket zum Beispiel zahlt ein Kunde weniger im Monat als für seine VDSL-Leitung, und bekommt dafür einen massiven Effekt. Dagegen sehen andere Maßnahmen im Online-Marketing Mix schon schnell ‘alt’ aus, wenn man sich mal anschaut, was man für Suchmaschinen-Werbung oder auch für eine saubere SEO-Optimierung seiner Seite ausgeben muss.

Wie sind Sie auf die Idee zur Gründung von Omnea gekommen?
Wir fanden es 2012 spannend, dass es allein in Deutschland einen riesigen Markt mit über drei Millionen kleinen und mittelständischen Unternehmen gibt, und außerdem noch hunderttausende Filialen von Konzernen. Die bekommen für ihren Onlinen-Auftritt oft diverse komische Produkte angeboten, und reagieren sehr positiv, wenn jemand mit einem so klaren Nutzen wie Omnea um die Ecke kommt. Normalerweise versuchen diverse Online-Agenturen halt eher, Mittelständlern etwas für mehrere Hundert Euro im Monat zu verkaufen, und das können wir dank unserer innovativen Technik halt viel günstiger anbieten. Außerdem muss man sich schon fragen, ob jede Bäckerei nun eine eigene, schöne Webseite braucht, oder ob es im ersten Schritt, und für viel weniger Geld, nicht überhaupt erstmal darum geht, gefunden zu werden. Viel wichtiger, als jede Art von Brötchen genau zu beschreiben ist doch die Visitenkarte, die überall im Internet mit den korrekten Unternehmensdaten, in allen Apps, Maps, Navis und so weiter zu finden ist!

Was kostet Omnea denn?
Omnea kostet einen typischen Mittelständler im Monat weit weniger als seine Internet-Leitung. Dafür bekommt er eine Traffic-Steigerung und Präsenzverbesserung, für die er sonst im Rahmen seiner SEO-Aktivitäten mehrere Tausend Euro hinblättern müsste. Konkret variieren die Preise je nach gewähltem Paket zwischen circa 20 und 50 Euro monatlich je Filiale. Bei Großkunden gibt es natürlich Rabatte, da wir ja unsere Technologie in der Masse auch nochmal effizienter einsetzen können, und das geben wir an unsere Kunden weiter.

Vor Omnea haben Sie bereits TopTarif gegründet. Machen Sie bei Ihrem zweiten Start-up etwas ganz anders als bei Ihrer ersten Gründung?
Ein sehr großer Unterschied ist, dass wir einen ganz anderen Gesellschafterkreis haben als damals bei Toptarif. Summa summarum ist es schon eine tolle Sache, gemeinsam mit gegenseitigem partnerschaftlichen Vertrauen an einer Unternehmung zu bauen, und da habe ich gemeinsam mit meinem Bruder damals bei Toptarif sicher einiges lernen können, und diese Learnings haben wir bei Omnea einfließen lassen.

Was davon können Sie anderen Zweit-Gründern mit auf den Weg geben?
Bei der ersten Gründung hast Du logischerweise immer weniger Erfahrung als bei späteren Gründungen, und darum vermeidest Du beim zweiten Mal natürlich auch ‘Geburtsfehler’, die Du beim ersten Mal so nicht hast kommen sehen. Dann kommt noch die typischerweise asymmetrisch verteilte Information hinzu. Du: First-time Founder, frisch von der Uni oder aus einem Angestelltenverhältnis. Dein Gegenüber: Ein Investor, VC, Angel, Partner, Konzern, was auch immer, aber auf jeden Fall meistens jemand, der es nicht zum ersten Mal macht. In Summe also ein Setting, wo für die Gründer suboptimale Rahmenbedingungen schnell in Stein gemeißelt werden können, die auch Jahre später noch dauerhaft über den Gründern und der gesamten Unternehmung hängen. Diese ‘Geburtsfehler’ wirst Du natürlich nur wieder los, wenn Du irgendwann erneut gründest, und das dann eben auf Basis der vorher gemachten Erfahrungen. Es kann also schlau sein, dieses Lehrgeld zu zahlen und dann als feuergetaufter Second-time Gründer von einer ganz anderen Ebene das nächste Ding zu starten. Damit sage ich nicht, dass man alle paar Jahre das Schiff wechseln sollte, aber tendenziell liegt man bei der ersten Gründung eben oft dauerhaft mit ein paar Wackersteinen im Bett.

Was ist einfacher, wenn man abermals ein Unternehmen gründet?
Sicher hat man aber auch ganz konkret ein ganz anderes Standing gegenüber Investoren und auch gegenüber Kooperationspartnern, wenn man Erfolge aus der Vergangenheit in seinem Rucksack hat. Ich glaube auch, dass Mitarbeiterführung etwas ist, das einfach mit Erfahrung kommt, und wenn man schon einmal viele Leute eingestellt, befördert, und auch manche entlassen hat, dann ist man da einfach souveräner, kann bessere Leute anziehen, die für einen arbeiten wollen, und hat einfach ein akkurateres Bauchgefühl, das aus der Erfahrung kommt.

Was haben Sie ganz persönlich mitgenommen?
Der Bühnendrang ist weg. Ich persönlich lebe jetzt eher nach dem Leitmotto ‘Don´t try to be important’. Klingt trivial, kann aber sehr helfen beim Fokus auf das Wesentliche und beim Weglassen vom ‘Torstraßen-Bella figura’. Vor zehn Jahren hätte ich ein Interview mit mir bestimmt super spannend gefunden, weil man dann ja auch bewiesenermaßen ein toller Typ ist. Jetzt wollen wir eher einfach nur erzählen, was wir machen, weil das Produkt jetzt so rund ist, dass es auch verdient hat, dem Markt erklärt zu werden.

Waren Sie deswegen bisher so ruhig in Sachen Pressearbeit für Omnea?
Wie Sie ja auch gemerkt hast, haben wir die ersten ein bis zwei Jahre unserer Gründung komplett ohne große Start-up-Pressearbeit durchgezogen und uns einfach auf Markt und Produkt fokussiert. Also: Eher dem Handwerker erzählt, warum Omnea ihm für kleines Geld super helfen kann, und nicht der Szene im Soho-House.

Und was ist genauso schwer wie bei der ersten Gründung?
Gute Mitarbeiter finden, Produkt bauen, Umsatz machen, Kostenstruktur flach halten!

Immer wieder fragen uns angehende Gründer, wie man Mitstreiter für sein Projekt findet. Wie sind Sie auf Ihre Mitgründer getroffen?
Buchstäblich im Fahrstuhl hat Irfan Cerci mich zu dieser Idee angesprochen. Da Irfan mit Stefan Kühnemund zu diesem Zeitpunkt gerade einen sehr erfolgreichen Testlauf mit über 1.000 deutschen Unternehmen zum Thema lokales Marketing in der Umsetzung hatte, haben wir uns einfach zusammengetan und sind das Projekt vertiefter angegangen. Irfan und ich haben uns zufällig kennengelernt, weil wir mal zu unterschiedlichen Zeitpunkten in dem gleichen Unternehmen gearbeitet hatten und dann 2012 zufällig im gleichen Haus wohnten. Philip Conrath und ich haben uns bereits 2007 kennengelernt. ‘The notorious Oli S.’ rief damals an: ‘Hey Tobo, da sind ein paar junge, aber coole Jungs in Mainz, die bauen sowas wir StudiVZ für Schüler auf. Trefft Euch mal mit denen, vielleicht können wir da schneller sein als Studi.’ Daraus ist dann nichts geworden, aber Philip und ich haben Kontakt gehalten und seit 2011, als ich bei Toptarif raus bin, über gemeinsame mögliche Ideen nachgedacht. Als ich ihm von Projekt Omnea berichtete war er schnell interessiert und wir haben ihn als Mitgründer ins Boot geholt.

Nun noch ein Blick in die Zukunft: Wo steht Omnea in einem Jahr?
Wir haben ein paar spannende Produktverbesserungen und Partnerschaften in petto. Gerade da wir ja einen starken vertrieblichen Hintergrund haben, konnten wir in neue Kundensegmente vordringen und haben unser Produkt so erweitert, dass es jetzt nicht nur für Mittelständler, sondern auch für große Konzerne interessant ist. Bereits im letzten Jahr haben wir den ersten Riesen-Kunden mit über 1.000 Filialen in Deutschland gewonnen, der die Daten seines kompletten bundesweiten Filialnetzes von uns managen lässt. In einem Jahr werden wir eine Menge sehr interessanter Kunden in Deutschland und Europa gewonnen haben.

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Passend zum Thema: “Verivox übernimmt TopTarif von Holtzbrinck und Rocket” und “Gründer-Duo Bohg steigt bei Toptarif aus – Holtzbrinck Digital investiert siebenstellige Summe in das Start-up“.

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.