Storytelling für Start-ups

Gute Unternehmens-Storys: Arten und Zutaten

Mit der Kerngeschichte Ihres Unternehmens haben Sie Ihre mit Abstand wichtigste Business-Story schon gefunden. Aber natürlich brauchen Unternehmen noch weitere Geschichten. Welche Storys das sind und aus welchen Zutaten eine gute Story überhaupt besteht, erfahren Sie heute.
Gute Unternehmens-Storys: Arten und Zutaten
Mittwoch, 16. April 2014VonElke Fleing

Wichtige Unternehmens-Geschichten nach der Core-Story

Ihre Elevator Pitches: Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche. Im Groben ist der Elevator Pitch eine Super-Kurzfassung Ihrer Unternehmens-Kerngeschichte. Je nach Gesprächssituation beginnen Sie mit dem ‘Was’ oder ‘Wie’, aber lassen Sie immer der so wichtige ‘Warum’ mitklingen.

Die Storys Ihrer Kunden: Klar, ganz wichtig als vertrauensbildende Maßnahme sind die Geschichten, die Ihnen Ihre Kunden liefern. Sammeln Sie, machen Sie Umfragen, animieren Sie ihre Kunden zum Erzählen. Besser können Sie kaum dafür sorgen, dass sich Kunden mit Ihrem Unternehmen, Ihrer Marke identifizieren.

Coca Cola: Journey

cocacola-journey

Derzeitiges Paradebeispiel für von Kunden generierten Content dürfte Coca Cola bieten, das im April 2013 seine Website durch das Online-Magazin ‘Journey’ ersetzt hat, in dem ausgiebig de Fans der Marke zu Wort kommen.

Produkt-Storys: Diese Geschichten werden natürlich vor allem für Ihre Werbemaßnahmen relevant. Aber diese werden deutlich erfolgreicher werden, wenn es Ihnen gelingt, Ihre Werbung in Geschichten zu verpacken, die so gut sind, dass sie sich von allein weit verbreiten.

Mercedes Benz TV Commercial ‘Sorry’

Großartiges Storytelling von Mercedes in einem Produkt-Werbespot. Der Held befindet sich auf winterlich glatten Straßen, um das Abenteuer zu bestehen, dennoch heil zuhause anzukommen. Der Tod – sein großer Widersacher- lenkt den Helden vom konzentrierten Fahren ab. Aber dank des Helfers ‘fantastisches Bremssystem’ und natürlich dank seiner schnellen Reaktionsgabe besteht unser Held dieses Abenteuer bravourös und sein Gegner guckt in die Röhre.

Man kann die Geschichte auch so interpretieren, dass der eigentliche Held der Story das Mercedes-Bremssystem ist und der Fahrer nur sein Erfüllungsgehilfe, sein Helfer. Widersacher bleibt auf jeden Fall der Tod und die Aufgabe auch die gleiche: Der Fahrer soll heil zuhause ankommen.

Investoren-Pitch: In diesen Geschichten geht es darum, andere so sehr von Ihrem Tun davon zu überzeugen, dass sie nicht nur Ihr Produkt kaufen, sondern so sehr an dessen Erfolg glauben, dass sie Geld in Ihr Unternehmen investieren. Das dürfte die schwierigste Überzeugungsarbeit überhaupt sein. Umso wichtiger, hier Ihr ‘Warum’ ganz deutlich zu kommunizieren, damit die Investoren Ihre Geschäftsidee nicht nur nett finden, sondern zum loyalen Fan werden.

Geschichten für die Medien: Jeder Gründer, der sich schon mal in der PR versucht hat, weiß, wie schwer es ist, wohlwollendes Gehör bei den Redaktionen zu finden. Wenn es also PR-taugliche Anlässe gibt: Verpacken Sie diese in gute Geschichten, das kann Ihnen so manche Tür öffnen.

Lesetipp: Sehr viele praxisnahe Tipps zu den verschiedenen Geschichten Ihres Unternehmens finden Sie übrigens in dem großartigen Buch PowerStories – the 8 stories you must tell to build an epic business von Valerie Khoo.

Die Zutaten einer guten Geschichte

Es gibt nicht die eine Patentformel für eine richtig gute Story. Sie hat allerdings bestimmte Zutaten, die jedoch in ihrer jeweiligen Ausprägung variiert werden können.

Handelnde Personen/Dinge: Eine Story braucht immer eine Hauptperson, einen – und zwar genau einen – Helden. Dieser Held muss übrigens keine Person sein, sondern kann auch zum Beispiel Ihr Produkt sein. Der Held steht im Mittelpunkt des Geschehens. Er muss glaubwürdig sein und man muss ich mit ihm identifizieren können – er sollte also nicht nur ein ausgesprochenes Scheusal sein.

Der Held hat bei der Lösung seiner Aufgabe einen oder mehrere Mentoren/Helfer zur Seite. Diese begleiten und unterstützen ihn auf seinem Weg. Auch diese Figuren müssen keine Personen sein, sondern können auch hilfreiche Fügungen, Erlebnisse sein.

Auf seinem Weg hat der Held Kontrahenten, Widersacher, die ihm das Leben schwer machen und versuchen, ihn an der Lösung seiner Aufgabe zu hindern. Auch diese Kontrahenten müssen keine Personen sein, sondern können zum Beispiel auch aus extremen Herausforderungen in Ihrem Unternehmerdasein bestehen.

Dramaturgischer Spannungsbogen – die Heldenreise: Der Verlauf einer Geschichte, also der Plot, die Handlung, wird im Storytelling immer als Reise bezeichnet – genauer als Heldenreise, weil dieser ja im Mittelpunkt steht.

Manche Hardcore-Storyteller untergliedern die Reise des Helden in 12 Stationen. Hier nur so viel: Die Geschichte sollte einen schönen Spannungsbogen haben, wie man ihn auch aus der Literatur kennt:

Der Held lebt in seinem Alltag, bis ihn ein Abenteuer ruft. Ein Abenteuer, auf dem er eine wichtige und schwere Aufgabe zu lösen hat.

Auf seinem Weg, auf dem er immer mal wieder von Helfern unterstützt wird, trifft er auf mächtige Widersacher, Konflikte, Hindernisse, die versuchen, ihn an der Erreichung seines Ziels zu hindern.

Auf dem Höhepunkt der Geschichte gelingt es dem Helden trotz aller Widernisse, seine Aufgabe zu lösen.

Er hat viel gelernt auf seiner Reise und kehrt geläutert und um einiges klüger als zuvor nach zuhause zurück.

Andockstationen für Werte und Emotionen: Ideal ist, wenn die Rezipienten nicht nur an den Helden emotional andocken können, weil er die gleichen Wertvorstellungen verkörpert, die sie selbst haben und er ihnen sympathisch ist.

Wenn sie auch auf der Reise selbst emotionale Andockstationen finden, ist die Identifikations-Möglichkeit noch höher. Daher sollte man auch bei der Auswahl der Locations, der Erlebnisse des Helden immer versuchen, an den Erlebnis- und Gefühlshorizont der Zielgruppe anzuknüpfen.

Besonders eignen sich dafür natürlich spektakuläre Momente im Leben der Leser/Zuschauer, an die diese sich mit Sicherheit erinnern und mit denen starke Emotionen verbunden sind. Zum Beispiel Ersterlebnisse wie erste Liebe, erster Schultag, erstes selbst verdientes Geld. Oder herausragende Festtage wie Hochzeit, Weihnachten in der Familie. Oder bestimmte Reise-Erlebnisse, wie zum Beispiel für die ältere Zielgruppe die ersten Europareisen im eigenen Käfer.

Beispiel: TV-Spot Weihnachten 2013 – OTTO

Die Story lässt emotional grandios an den eigenen kindlichen Forscherdrang und an die vorweihnachtliche Aufregung als Kind andocken. Und als kleiner Insider-Witz wird Kino-Fans noch ein kleines Filmzitat aus ‘Shining’ geboten.

Auch die ‘Moral von der Geschicht’, also die auf der Reise gelernten Lektionen bieten Raum für emotionales Andocken: Dann, wenn die Zielgruppe diese Lektionen für ihr eigenes Leben nutzen kann.

Gute Unterhaltung bieten: Die Geschichte sollte lebendig und anschaulich erzählt werden und einen Trigger enthalten: Humor, Überraschungen, Geheimnisse, außergewöhnliche Umstände. Sie sollte – bei aller einfließenden Fantasie – dennoch einen schlüssigen und logisch nachvollziehbaren Ablauf haben. Sonst verstehen wir die Geschichte nicht und sind frustriert statt begeistert.

Länge: Gute Geschichten können sehr kurz sein und nur aus 3 Wörtern oder einem Bild bestehen, sie können aber auch so lang wie ein Spielfilm mit Überlänge oder ein richtig dicker Roman sein. Vor allem für das Internet oder kurze Gesprächs-Situationen ist eine kurze Story aber ratsam. Achtung: Kurze Formate sind viel schwieriger umzusetzen als lange. Da muss dann jedes Wort/Bildteil sitzen.

So wie hier zum Beispiel. Bei wem dazu nicht sofort eine Geschichte im eigenen Kopf beginnt, der hat keinen, würde ich mal behaupten.

sixt-storys
Quelle: JvM

Tonaliät: Eine gute Geschichte ist allgemeinverständlich, mit möglichst kurzen Wörtern, Sätzen und Absätzen. Je näher ihr Duktus an der gesprochenen Sprache (Parlando) ist, desto natürlicher und authentischer wirkt sie.

Medien: Gute Storys lassen sich mitnichten nur über mündlich oder schriftlich kommunizierten Text erzählen. Sie können genauso gut aus Bildern oder Videos bestehen.

Wichtig ist nur: Das Kopfkino bei den Rezipienten wird gestartet und sie können emotional andocken.

Inzwischen gibt es sogar diverse Content Curation-Plattformen im Internet, mit denen man Themenbereiche oder Geschichten aus den Inhalten anderer Websites zusammenklicken kann. Pinterest, Scoop.it, Storify oder Keeeb dürften die meisten kennen, aber Polyvore, mit dem man ganze Locations und Themenwelten aus Online-Shops gestalten kann, kennen vielleicht noch nicht so viele. Wenn diese ‘Themenwelten’ gut gemacht sind, geht das Kopfkino ganz von allein an.

Und selbst Dinosaurier ebay bietet mit seinen neuen Kollektionen jetzt die Möglichkeit zum Social Shopping, bei dem man Produkte zu Sammlungen, eben Kollektionen zusammenstellen kann. Auch hier kann man allein durch die Art der Zusammenstellung einer Kollektion die Geschichten-Assoziationsmaschine im Kopf der Leser anwerfen.

Zum Abschluss der Serie stellen wir Ihnen im fünften Teil viele Wissensressourcen: Bücher, Präsentationen und gratis-E-Books zu den Themen Storytelling und umzu zusammen. Stay tuned…

Bild oben: montiert aus Shutterstock, Head und Shutterstock, Movie projector

Eine kürzere Fassung dieses Artikels erschien bereits in der Print-Zeitschrift Weave im Januar 2014

Elke Fleing

Elke Fleing aus Hamburg liefert Texte aller Art, redaktionellen Content und Kommunikations-Konzepte. Sie gibt Seminare, hält Vorträge und coacht Unternehmen. Bei deutsche-startups.de widmet sie sich vor allem Themen und Tools, die der Erfolgs-Maximierung von Unternehmen dienen.